Mögliche Übernahme CDU jubelt über Fiats Interesse an Opel
Hamburg - Der mögliche Einstieg von Fiat bei Opel stößt in Deutschland auf ein geteiltes Echo. Betriebsrat und Gewerkschaft sträuben sich massiv, auch von der SPD-Regierung in Rheinland-Pfalz kommt Widerspruch. In der CDU überwiegen dagegen die Befürworter: Eine Opel-Übernahme durch die Italiener sehen viele Konservative lieber als einen möglichen Einstieg des Staates.

Fiat 500 (links), Opel Insignia: "Es gibt interessante private Investoren"
Foto: APLaut Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) ist zwar noch keine Vorentscheidung gefallen. Er begrüße jedoch das Interesse von Fiat - ebenso wie das des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna. "Magna und Fiat reihen sich ein in die Reihe möglicher Partner", sagte Koch am Donnerstag in Wiesbaden. Er sei froh über das Interesse der Investoren an Opel. "Es zeigt sich jeden Tag stärker, dass es entgegen früheren Behauptungen interessante private Investoren gibt." Es sei auch gut, dass es dabei Wettbewerb gebe.
Noch deutlicher wurde der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs in der "Financial Times Deutschland". Er attackierte die Gewerkschaft IG Metall und den Opel-Betriebsratschef Klaus Franz, die sich kritisch zu einem möglichen Fiat-Einstieg geäußert hatten. "Wenn sich tatsächlich ein industrieller Investor für Opel findet, kann die IG Metall nur heilfroh sein", sagte Fuchs, der auch Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion ist. "Herr Franz sollte dankbar sein und auf Knien über die Alpen rutschen."
Der Wirtschaftsflügel der Union würde einen Einstieg von Fiat bei Opel begrüßen, erklärte Fuchs. "Fiat wird zwar sicher versuchen, vom deutschen Staat Bürgschaften für die Investitionen zu bekommen. Aber immerhin wäre eine Staatsbeteiligung bei Opel endgültig vom Tisch."
SPD-Minister will "nicht jeden Investor um jeden Preis"
Nach SPIEGEL-Informationen will Fiat in der kommenden Woche eine Absichtserklärung für eine Opel-Übernahme unterzeichnen. Danach will der italienische Autobauer die Mehrheit an dem deutschen Unternehmen übernehmen.
Allerdings formiert sich dagegen Widerstand. So sieht der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) einen möglichen Einstieg von Fiat bei Opel kritisch. "Wir wollen nicht jeden Investor um jeden Preis", sagte er am Donnerstag. Die beiden Autobauer hätten eine sehr ähnliche Produktpalette, daher gebe es die Gefahr, dass bei einer Fusion Arbeitsplätze verlorengingen. Insbesondere für das rheinland-pfälzische Motorenwerk des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) in Kaiserslautern könne dies negative Konsequenzen haben, da Fiat selbst Motoren fertige.
Zudem sehe er die Gefahr, dass der italienische Autobauer über einen Einstieg bei Opel versuche, an deutsches Staatsgeld zu kommen, sagte Hering. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte etwaigen Investoren eine Bürgschaft in Aussicht gestellt. Bei dem Autozulieferer Magna, der ebenfalls an Opel interessiert ist, sei das anders. "Magna ist potenter, und ein strategisches Interesse ist eher erkennbar", sagte er.
Finanzinvestoren wiederum sieht Hering eher nicht als künftige Partner für Opel. Diese hätten in der Regel kein strategisches Interesse und wenig Branchen-Know-how. Nach seiner Einschätzung muss ein Investor für Opel in den kommenden Monaten gefunden werden. "Noch vor der Sommerpause muss das erledigt sein", sagte der Minister.
Die Gewerkschaft will sich sperren
Auch Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften laufen Sturm gegen einen möglichen Opel-Einstieg von Fiat. Nach Betriebsratschef Franz sprach sich auch die IG Metall gegen einen Verkauf des Rüsselsheimer Autobauers an die Italiener aus. "Die IG Metall befürchtet Arbeitsplatzabbau und Werksschließung bei einem möglichen Einstieg des Fiat-Konzerns bei Opel", hieß es in einer Mitteilung vom Donnerstag.
Die von Fiat in Aussicht gestellten Investitionen seien geringer als jene Beiträge, die Arbeitnehmer und Händler in den Autobauer einbringen wollen. Die Händler wollen 400 bis 500 Millionen Euro in Opel pumpen, die Arbeitnehmer könnten ebenso einen dreistelligen Millionenbetrag beisteuern.
Die Gewerkschaft will sich bei einem Einstieg von Fiat gegen die geplanten Einsparungen bei der Belegschaft sperren. "Einen Investor, der nicht auf Zukunft, sondern auf Kahlschlag bei Opel baut, würden die Opel-Beschäftigten nicht akzeptieren", hieß es. Es sei mit Protesten der Belegschaften zu rechnen.
Sollte es zu einem Einstieg von Fiat kommen, werde binnen Jahresfrist über die Schließung der Opel-Werke in Bochum und Eisenach verhandelt, fürchtet der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild. Fiat sei in Europa der Autohersteller mit den größten Überkapazitäten. Er verfolge die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge. Beide Hersteller hätten eine gemeinsame Geschichte, die denkbar schlecht verlaufen sei. Es habe in der Zeit der Kooperation zwischen 2000 und 2005 einen erheblichen Technologietransfer zugunsten von Fiat gegeben. Opel habe in dieser Partnerschaft drastisch verloren.
Doppelrolle von Roland Berger?
Der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter griff auch die Bundesregierung massiv an. Diese habe Opel mit Roland Berger einen Unternehmensberater verordnet, der selbst eine wichtige Funktion bei Fiat habe. Wenige Wochen später komme nun ein "ungeheuerliches Ergebnis ans Tageslicht". Berger sitzt im Verwaltungsrat von Fiat.
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stellte am Donnerstag klar, dass es noch keine Vorentscheidung zugunsten von Fiat gebe. "Die Bundesregierung führt Gespräche mit verschiedenen Interessenten ohne jede Vorfestlegung. Dabei geht es vor allem um eine gesunde Perspektive für die Arbeitnehmer und das Unternehmen", sagte Guttenberg in Berlin.
Das "Wall Street Journal" berichtet, Fiat-Chef Sergio Marchionne habe vergangene Woche in Berlin Gespräche mit Guttenberg geführt. Ein Opel-Sprecher bestätigte lediglich Gespräche mit mehreren Investoren, nannte aber keine Namen.
Fiat selbst hält sich bedeckt. Nach Angaben von Konzernchef Sergio Marchionne hat das Unternehmen bislang keine direkten Verhandlungen mit Opel geführt. Er habe keine Bekanntmachungen zu Opel zu machen und bislang sei nichts festgelegt, erklärte Marchionne am Donnerstag. Sein Konzern sei jedoch offen für Dialoge mit einer ganzen Reihe von Automobilfirmen weltweit und habe auch bereits einige Gespräche geführt. Eine Allianz mit dem US-Hersteller Chrysler sei derzeit jedoch das erste und vorrangige Ziel von Fiat, sagte Marchionne.
Spekulation über weltweiten Autogiganten
Im Gegensatz zur deutschen IG Metall sehen Gewerkschafter auf europäischer Ebene durchaus Vorteile in einem möglichen Zusammenschluss von Fiat und Opel. Der Generalsekretär des Europäischen Metallgewerkschaftsbundes, Peter Scherrer, sagte der "NRZ", langfristig sei die Zukunft von Opel "mit einem industriellen Partner wie Fiat eher gesichert als mit einem reinen Finanzinvestor".
Auch der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft, Willi Diez, betonte die Chancen eines Zusammengehens. Der "Bild"-Zeitung sagte er, die Allianz sei für Opel möglicherweise der Weg zur Rettung. Andere Experten äußerten sich dagegen skeptisch. Der Leiter des CAR-Instituts, Ferdinand Dudenhöffer, sagte: "Opel und Fiat passen zusammen wie Feuer und Wasser." Beide Unternehmen bauten die gleichen Fahrzeuge für die gleichen Märkte. Stefan Bratzel vom Center of Automotive in Bergisch-Gladbach sagte, im Falle eines Zusammengehens "heißt das, dass in erheblichem Umfang Kapazitäten abgebaut werden müssten".
Der Betriebsratschef von Opel in Eisenach, Harald Lieske, begrüßte zwar das Interesse Fiats, machte aber zugleich Bedenken deutlich. Kurzfristig würde das keine Auswirkungen auf das Thüringer Werk haben. Der Einstieg eines anderen Autobauers als Investor berge aber die Gefahr, dass es zu einer Marktbereinigung komme. "Das kann ein Problem werden, zumal es Überschneidungen in der Modellpalette von Opel und Fiat gibt."
Gesamtbetriebsratschef Franz fürchtet, dass Fiat spätestens nach der Bundestagswahl in Deutschland massiv Stellen abbauen werde. Opel und Fiat machten sich in allen Segmenten "brutale Konkurrenz". "Für so ein durchsichtiges Konzept können die Regierungen keine Bürgschaften geben", forderte Franz, der auch stellvertretender Opel-Aufsichtsratsvorsitzender ist. Franz verwies auch auf schlechte Erfahrungen mit Fiat: "Wir kennen die Braut." Mit Fiat kooperierten die Rüsselsheimer bereits fünf Jahre lang und gingen 2005 im Streit auseinander. General Motors musste den Italienern sogar noch 1,5 Milliarden Dollar zahlen.
Das Magazin "Automotive News" hatte jüngst auch über ein großes Bündnis aus Fiat, den GM-Geschäften in Europa und Lateinamerika sowie mit Chrysler spekuliert. Auch Franz hält einen derartigen Pakt für denkbar. Dieses Unternehmen würde beim Autoabsatz weltweit auf Platz zwei kommen. Im vergangenen Jahr haben die Hersteller zusammen 7,05 Millionen Autos verkauft - nur Branchenprimus Toyota setzte noch mehr ab.