Moralpredigt Bertelsmann-Patriarch kanzelt Politiker ab
Gütersloh - Der Senior-Bertelsmann fordert in einem Kommentar in der "Financial Times Deutschland", den Leistungswettbewerb in Politik und Verwaltung zu verstärken. Beide Bereiche seien "handlungsunfähig geworden", weil sie sich übernommen hätten. Die staatliche Administration, so Mohn, sei zu einem "anonymen Zwangsmechanismus" degeneriert, für den Effizienz kaum noch eine Rolle spiele.
Mohn spricht sich für eine gezieltere Auswahl des politischen Führungspersonals aus. Mit der derzeitigen Parteien-Elite in Deutschland geht er hart ins Gericht. "Sie denken nur in Legislaturperioden und sind letztlich einzig daran interessiert, ihre Macht zu erhalten", schreibt er.
"Nicht mehr Schritt halten"
Damit Politiker ihre Führungsaufgaben wahrnehmen können, müssten sie leistungsorientiert ausgesucht sowie ge- und befördert werden. "Ihre Wählbarkeit muss davon abhängig gemacht werden, inwieweit sie die erforderliche Führungseignung haben", fordert er.
Mohns Folgerung: Deutschland sei für die Globalisierung schlecht gerüstet. Die Schuld dafür liege bei der Politik. "Das Versagen des Staates hat dazu geführt, dass unsere Wirtschaft mit Leistungen des Auslands nicht mehr Schritt halten kann."
Der Patriarch ordnet sein Erbe
Mohn hatte im Juli den Rückzug aus allen seinen Ämtern bei Bertelsmann bekannt gegeben. Er war bis dahin sowohl Mitglied im Präsidium als auch im Kuratorium der Bertelsmann-Stiftung, die den Konzern als Mehrheitseignerin kontrolliert.
Zugleich wurde eine Reorganisation der Stiftung bekannt gegeben, die Mohn selbst 1977 gegründet hatte. Sie soll ab 2005 in ihrer Struktur dem Vorbild einer Aktiengesellschaft mit strikt getrenntem Aufsichtsrat und Vorstand angeglichen werden.
Eine Sonderstellung behält Mohns Ehefrau Liz: Sie wird als einzige Person auch künftig beiden Gremien angehören, während es ansonsten keine weiteren personellen Überschneidungen geben soll.