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Nachrufe Hilmar Kopper, 86

aus DER SPIEGEL 47/2021
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United Archives / ddp

Eine solche Karriere wäre im heutigen, von Beratern und PR-Strategen glattgebügelten Bankgeschäft nicht mehr möglich. Dem 1935 im polnischen Oslanin geborenen Sohn eines Bauern war ziemlich gleich­gültig, wie er auf andere wirkte. Pathos war ihm wesensfremd, Angepasstheit auch. »Ich glaube nicht, dass die Liebe die Welt bewegt, sondern eher das Geld«, sagte Kopper einst, lange nach seiner Karriere als Vorstandssprecher und Aufsichtsratschef der Deutschen Bank. Die harten Jahre im Krieg und danach die Flucht gen Westen prägten den jungen Pommern, der eigentlich Bauer werden wollte. Als »begnadeter Schwarzhändler« und »exzellenter Kartoffelklauer«, so seine Selbsteinschätzung, schlug er sich durch, ehe er eine Lehre bei einem Vorläuferinstitut der Deutschen Bank begann. Sein Aufstieg dort war rasant, führte ihn ins Ausland und 1977 in den Vorstand, wo er den Einstieg ins Investmentbanking vorantrieb. Nach der Ermordung von Alfred Herrhausen, den er für einen guten Redner, aber einen eher mittelmäßigen Banker hielt, wurde Kopper Vorstandssprecher. Dass er die 50 Millionen Mark Schaden, die den von Immobilienpleitier Jürgen Schneider beauftragten Handwerkern entstanden waren, als »Peanuts« bezeichnete, schrieb sich ins kollektive Gedächtnis ein; darüber vergessen wurde, dass die Deutsche Bank die Summe aus eigener Tasche zurückzahlte. Im Jahr 2003 hei­ratete er Willy Brandts Witwe Brigitte Seebacher. Nach seinem Ausscheiden bei der Deutschen Bank verdingte Kopper sich glücklos als Aufsichtsratschef der maladen HSH Nordbank, gelegentlich zeigte er sich in der von der Deutschen Bank für Altvorstände ange­mieteten Bürogemeinschaft im Schatten der Frankfurter Doppeltürme. Dass Kopper die Räume als »Arlington« bezeichnete, nach dem Ehrenfriedhof der US-Armee bei Washington, war typisch für seine schnoddrige Attitüde. Hilmar Kopper verstarb am 11. November in Rothenbach/Westerwald.

baz
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