FLUGLINIEN Netter lächeln
Colin Marshall, Generaldirektor der Fluggesellschaft British Airways, überwindet bisweilen seine britische Neigung zur kühlen Untertreibung. »Wir werden«, so sagt er, »nicht nur die beliebteste, sondern auch die beste Fluggesellschaft der Welt sein.«
Marshall weiß, daß es ein weiter Weg ist - wenn das Ziel überhaupt realistisch scheint. Bislang fiel British Airways vor allem dadurch auf, daß sie mit veralteten Flugzeugen und kargem Service bemerkenswerte Verluste einflog. In einer Leserumfrage, die das britische Fachmagazin »Business Traveller« 1981 durchführte, wurde British Airways zur »schlechtesten Fluggesellschaft der Welt« gekürt.
Aber der neue Start ist geglückt, seit kurzem geht es wieder aufwärts. Nach einem Riesenverlust von fast 550 Millionen Pfund im Geschäftsjahr 1981/82 machte British Airways nun einen Gewinn von 77 Millionen Pfund - rund siebenmal soviel wie die Deutsche Lufthansa.
Das Erfolgsrezept war, wie stets in solchen Fällen, grob, aber wirksam - harte Rationalisierung. Mit dem Verkauf teurer Immobilien und überzähligen Fluggeräts wurde zusätzlich das Ergebnis aufgebessert.
Die Wende von der Pleitegesellschaft zu einem profitablen Unternehmen begann mit einer Personalentscheidung Margaret Thatchers. Zum Februar 1981 ernannte die Premierministerin den Chef des Maschinenbau-Unternehmens Babcock, John King, zum neuen Aufseher der Fluggesellschaft.
King, der trotz der neuen Aufgabe seinen Job bei Babcock behielt, erkannte schnell, warum die Staatsgesellschaft am Boden lag. Das Unternehmen sei geführt worden, »als ob das Geld auf Bäumen wüchse«.
Für die Folgen dieses Mißverständnisses mußten auch hier zunächst die Mitarbeiter geradestehen. Gleich nach seinem Amtsantritt ließ King verkünden, von den 52 000 Beschäftigten sollten fast 16 000 entlassen werden.
British Airways bot Ausscheidenden großzügige Abfindungsprämien an. Angestellte, die freiwillig gingen, erhielten je nach Betriebszugehörigkeit bis zu 1,5 Jahresgehälter.
Das Angebot zog. Bis zum Juli dieses Jahres war die Belegschaft auf 37 500 Mann geschrumpft. Da die Gesellschaft gleichzeitig Überstunden und Gehaltszulagen abbaute, verringerten sich die Lohnkosten 1982 um etwa 40 Millionen Pfund pro Jahr.
Überdies kappten die Manager das Streckennetz. Allein in England wurden 25 Verbindungen eingestellt. Weltweit kamen weitere 37 Routen hinzu. Einstige British-Airways-Ziele in Übersee, etwa New Orleans, Edmonton, Panama oder Calgary, werden nicht mehr angeflogen.
Auf dem geschrumpften Streckennetz kommen die Briten mit weniger Flugzeugen aus. Das Unternehmen verkaufte mehr als ein Dutzend seiner Passagier-Maschinen sowie die gesamte Frachtflotte einschließlich eines gerade erst in Dienst gestellten nagelneuen Boeing-Jumbos.
Die sechs unwirtschaftlichen Überschall-Jets vom Typ Concorde behielten die Briten allerdings. Da die Regierung die Kapitalkosten für die teuren Prestige-Maschinen übernahm, verdient British Airways mit den Concorde-Flügen nach New York und Washington inzwischen sogar Geld.
Durch die Rationalisierungen stieg die Produktivität steil an. Jeder Beschäftigte bringt inzwischen 15 Prozent mehr Leistung als vorher. Damit steht British Airways heute fast genausogut da wie die führenden Gesellschaften in den Vereinigten Staaten.
Überdies versuchten es die Briten mit einer neuen Verkaufsstrategie. Früher bemühte sich British Airways, mit Billigtarifen so viele Passagiere wie möglich in ihre Flugzeuge zu locken. Die Maschinen waren gut besetzt, aber sie flogen wenig Geld ein.
Heute dagegen wirbt die Gesellschaft vor allem um voll zahlende Geschäftsleute. Nur noch die hinteren Sitzreihen
werden für Reisende mit Billigtickets reserviert.
Die Passagiere sollen wieder verwöhnt werden. Die Flug-Sessel sind komfortabler, und die Stewardessen sollen netter lächeln. Auf Langstreckenflügen serviert British Airways in der ersten Klasse Menüs, die nach den Rezepten weltberühmter Küchenchefs zubereitet werden.
Die Rechnung ist offensichtlich aufgegangen. Obwohl British Airways 1982 vier Prozent weniger Passagiere als 1981 beförderte, stieg der Umsatz um sieben Prozent pro Fluggast.
Damit auch jeder erfährt, wie schön es sich mit den Briten fliegt, startete die Gesellschaft im April dieses Jahres eine weltweite Werbekampagne. Die kostet rund 100 Millionen Mark und soll die Botschaft vermitteln: »British Airways - die beliebteste Airline der Welt«.
Bei den Deutschen müssen sie da etwas vorsichtiger sein - das Wettbewerbsrecht hierzulande läßt solche Vergleiche nicht zu. So wirbt British Airways in der Bundesrepublik verkürzt, aber kaum weniger prahlerisch als »Die Airline«.
Colin Marshall hat inzwischen seine Airline auch neu organisiert. Er teilte die Gesellschaft in elf selbständig operierende Marktzentren auf, acht für verschiedene Flugrouten, drei für die Bereiche Charter, Fracht- und Ferienreisen. Jede Einheit soll einen eigenen Teil zum Gewinn des Unternehmens beitragen.
Die neue Organisationsstruktur, glaubt Marshall, ermögliche der Gesellschaft, »überall in der Welt blitzschnell auf Kundenwünsche zu reagieren«.
Auch unter seinen Führungskräften sorgte Marshall für mehr Beweglichkeit. Gut 50 altgediente Manager wurden in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. In Zukunft sollen nicht einmal 100 Mann, die meisten jünger als 40, die Geschicke der Gesellschaft lenken.
Von dem Ziel Margaret Thatchers, British Airways in Privateigentum zu überführen, ist das Staatsunternehmen trotz der jüngsten Erfolge jedoch noch weit entfernt. Verwaltungsratschef King glaubt, daß der Flugbetrieb mindestens zwei Jahre lang einen Bruttogewinn von 250 Millionen Pfund einfliegen muß, ehe er für private Anleger attraktiv wird.
Und selbst dann bleibt immer noch ein schwieriges Problem: Das Staatsunternehmen schiebt eine Milliarde Pfund Schulden vor sich her. _(Vor einer »Concorde«. )
Vor einer »Concorde«.