Neuer US-Kanal Fox Business Grell, populistisch, schamlos wirtschaftsfreundlich

Politisches Grobhobeln, endloses Eigenlob, schrille Dekoration: In den USA ist Rupert Murdochs Wirtschaftskanal Fox Business auf Sendung gegangen. Die versprochene TV-Revolution blieb aus – stattdessen gab's Gratis-PR für die Republikaner.

New York - Die brandneue Frühstücksshow auf dem brandneuen US-Wirtschaftssender Fox Business News heißt, wie sonst, "Money for Breakfast". Slogan: "Reichtum, Erfolg, Glück… stille deinen Hunger!" Zum Auftakt stürzt sich Reporter Jeff Flock aufs Parkett der Chicagoer Warenterminbörse CME, um dort die goldenen, mit den Initialen "CME" verzierten Manschettenknöpfe eines Händlers zu bewundern: "Ein Geschenk von meiner Frau," sagt der.

Die Moderatoren im New Yorker Studio jauchzen. "Das war so cool!", ruft Alexis Glick, die, als einer der Stars des Senders, von den hiesigen Medien gerne als "toothy" (zahnreich) umschrieben wird. "Großartig!", sekundiert Kollege Peter Barnes, im festlichen Nadelstreif. Glick strahlt in die Kamera. "Schnallen Sie sich gut an", warnt sie. "Dies ist Fox Business!"

So wurde es gestern geboren, das jüngste Multimillionenbaby des Medienmoguls Rupert Murdoch. Um Punkt 5 Uhr Früh ging der neue US-Kabelkanal Fox Business News (FBN) auf Sendung - der konservative, wirtschaftsnahe Schwesterkanal des konservativen, regierungsnahen Murdoch-Networks Fox News.

Die Erwartungen (oder Befürchtungen) waren allseits hoch. FBN solle den Mann auf der Straße und den Mann an der Wall Street einander nahebringen, hatte Murdoch gelobt. FBN, orakelte "Fortune" dagegen mit einer etwas schrägen Metapher, sei "der erste Stein in Murdochs Versuch, einen globalen Wirtschaftsinformations-Goliath aufzubauen".

Signalfarbe der Republikaner

FBN-Chef Roger Ailes hatte seinem Team am Freitag eingebläut: "Ich bin an nichts weniger interessiert als einer Revolution."

Frühbilanz nach dem ersten Tag: Vorschusslorbeeren und Vorschusskritik hat sich FBN bestens verdient. Der Sender ist erwartungsgemäß konservativ, unbekümmert populistisch und schamlos wirtschaftsfreundlich. Nur die TV-Revolution - die ertrank im Mattscheibenmüll.

Es sei denn, man zählt als Revolution die grelle Studio-Dekoration und, analog dazu, die Schrillheit des Tons. Hier wird bunt geklotzt und gut gebrüllt. Während Hauptrivale CNBC, eine NBC-Tochter, eine eher gesetztere Ton- und Farbpalette bevorzugt, setzt FBN auf Primärreize - visuell und verbal. Effekt: FBN verhält sich zu CNBC wie Murdochs Boulevard-Postille "New York Post" zur "Financial Times".

Zum Frühstück rückt ein blutrotes Ledersofa in den Mittelpunkt des gigantischen, doch ansonsten beängstigend leeren Studios. Blutrot auch die vierfache Tickerleiste am Bildrand, deren Informationsfülle kein menschliches Auge erfassen kann. Die Streifen des Sternenbanners – sie sind immer irgendwo im Hintergrund präsent. Dass Rot übrigens die Signalfarbe der Republikaner ist, das ist sicher Zufall.

Hysterisches Gelächter

Kein Zufall aber sind die Seitenhiebe auf die Demokraten, flankiert von Lobhudelei für die anderen. Glick nimmt Hillary Clinton in die Zange, doch das aufgezeichnete Interview mit ihr reißt mitten im Satz ab: "Nun, Alexis, ich denke, das ist es ja, worum es bei Wahlen geht, ähm…" Nach der Werbepause erklärt die Moderatorin, das komplette Interview werde alsbald nachgesendet. Nächstes Thema bitte.

Der Republikaner Mitt Romney dagegen ("Er führt in den drei wichtigsten Staaten!") darf später am Nachmittag die anbiedernden Softball-Fragen von FBN-Chefredakteur Neil Cavuto parieren - in einer gleich auf mehrere Teile ausgewalzten Fragestunde. Cavuto - ein draller Bursche, der sich selbst mal als "nicht das hellste Licht" bezeichnet hat - gibt den Stichwortgeber, so dass Romney Sachen sagen kann wie: "Steuern darf man nicht erhöhen."

Das Steuer-Thema ist ein Leitmotiv dieses ersten Sendetags. Schließlich ist man volksnah - sprich: nah am Gebetsbuch der Republikanerbasis. Als Investment-Guru Charles Schwab vorbeischaut ("wunderschöne Bude hier"), versuchen sie auch ihm eine Breitseite gegen die Demokraten zu entlocken, "die Bushs Steuersenkungen attackiert haben".

Doch Schwab beißt nicht an: "Gewisse Steuererhöhungen sind okay." Moderatorin Jenna Lee bricht in hysterisches Gelächter aus. Schwab macht schließlich Punkte wett, indem er bekennt, er "neige" zu Rudy Giuliani.

"Wann übernehmt ihr endlich den Kongress?"

In die gleiche Kerbe haut auch Kongress-Korrespondent Adam Shapiro, dessen grün-schillernde Krawatte einen willkommenen Kontrast zum dominanten Roten bietet. "Die Demokraten reden offen davon, die Steuern zu erhöhen", erläutert er all jenen Zuschauern, die es immer noch nicht kapiert haben. "Sie haben's auf Hedgefonds-Manager abgesehen."

Ähnlich platt werden Al Gore und die Klimakrise abgehandelt: Erst lassen sie einen greisen Ex-Funktionär der Regierungsbehörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) unwidersprochen behaupten, dass "aktuelle Daten keine menschliche Ursache" für die Erderwärmung zeigten. Später dann darf zwar pro forma schnell der Chef von Greenpeace USA protestieren. Doch der Moderator fällt ihm eiskalt ins Wort: Der Mensch als Klimakiller? "Wir haben Statistiken, die das widerlegen."

So geht das den ganzen Tag. Das Weltbild von FBN: Die Demokraten planen "socialized medicine" (das rechte Angstwort für die Gesundheitsreform), Kandidat Barack Obama "ist gegen die Wall Street", der schwarze Bürgerrechtler Al Sharpton ist "ein Erpresser". Mensch, fragt ein Moderator den republikanischen Senator Charles Grassley zwinkernd: "Wann übernehmt ihr Kerle endlich wieder den Kongress?"

Überraschen dürfte das niemanden. Murdochs Medien konnten ihre Tendenz immer schon schlecht verbergen. Allen voran Fox News, das mit seinem Patriotenanstrich CNN auf die Plätze verwiesen hat. Ähnlich möchte Murdoch nun auch CNBC killen, weshalb er über die nächsten drei Jahre 300 Millionen Dollar in FBN investiert. Hinzukommen sollen die Ressourcen des "Wall Street Journals", das Murdoch sich unter anderem auch deshalb geschnappt hat. Leider steht das "WSJ" bis 2012 unter einem exklusiven Kooperationsvertrag - mit CNBC.

Werbung für sich und ihre Produkte

Roger Ailes hat den Angriff auf CNBC mit der D-Day-Invasion gegen die Wehrmacht verglichen. Doch noch ist dies nicht mal ein Kadettenmanöver. Abgesehen vom parteilichen Grobhobeln präsentiert sich FBN als Kuddelmuddel aus abseitigen Lifestyle-Storys (die International Cocktail Competition in Neuseeland), endlosem Eigenlob ("Sarah, du siehst umwerfend aus!"), Kniefällen ("Powermann Nummer 1: Rupert Murdoch"), einer peinlichen Kneipen-Show nach Börsenschluss ("Happy Hour", Prost) und Uralt-Themen (die Hollywood Stock Exchange).

Das Abendprogramm ist ein völliger Flop, bestehend aus einer einschläfernden Finanzberatungsshow und Wiederholungen des Nachmittags, gefolgt von Werbesendungen für Pickelcreme und Schnellkocher. "Der Fox-Business-Express rast über die Gleise", verkündet Alexis Glick unbeirrt. "Dies ist die Show, nach der Sie sich gesehnt haben."

Zumindest die obligatorischen VIP-Gäste haben sich danach gesehnt. Denn sie dürfen hier gratis für sich und ihre Produkte trommeln: Börsenchef John Thain, Hobby-Juwelierin Ivanka Trump, Virgin-Boss Richard Branson, Ground-Zero-Bauherr Larry Silverstein.

"Ich gucke CNBC"

Eine Sternstunde gibt's - ein in all seiner obskuren Schrägheit faszinierendes Interview mit Ex-Notenbankchef Alan Greenspan. Der sinniert eine Viertelstunde lang über Dinge wie den Zusammenhang zwischen der US-Kreditkrise und dem Kollaps der Sowjetunion oder die Hinfälligkeit des Notenbank-Chefamtes.

Das Schönste sind allerdings die Werbespots. Die meisten stammen nämlich von der Konkurrenz, die fröhlich auf ihr eigenes (besseres) Programm hinweist. In einem Spot tritt Wall-Street-Ikone Jack Welch auf, der frühere CEO des CNBC-Mutterkonzerns General Electric. "Ich liebe die amerikanische Wirtschaft", sagt er. "Ich gucke CNBC."

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