Neues Insolvenzrecht Regierung eilt Firmen zu Hilfe

Das Bundeskabinett hilft auch den Firmen jenseits des Finanzmarkts: Künftig müssen Unternehmen trotz finanzieller Schwierigkeiten nicht Insolvenz anmelden, wenn sie "voraussichtlich mittelfristig" wieder zahlungsfähig sind. Auf diese Weise will die Regierung eine Pleitewelle verhindern.

Berlin - Das Bundeskabinett hat eine Änderung des Insolvenzrechts beschlossen, um in den Sog der Finanzmarktkrise geratenen sanierungsfähigen Unternehmen den Gang zum Insolvenzrichter zu ersparen. Dazu soll der insolvenzrechtliche Begriff der Überschuldung angepasst werden, wie das Bundesjustizministerium am Montag in Berlin mitteilte.

Demnach müssen Unternehmen trotz einer vorübergehenden bilanziellen Unterdeckung keinen Insolvenzantrag stellen, wenn sie voraussichtlich mittelfristig ihre Zahlungen leisten können. Nach derzeitigem Recht sind Geschäftsführer solcher Unternehmen verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der rechnerischen Überschuldung Insolvenz zu beantragen.

Zur Begründung verwies Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) darauf, dass die aktuelle Finanzkrise zu erheblichen Wertverlusten insbesondere bei Aktien und Immobilien geführt habe. "Dies kann bei Unternehmen, die von diesen Verlusten besonders massiv betroffen sind, zu einer bilanziellen Überschuldung führen."

Die Drei-Wochen-Frist für die Beantragung der Insolvenz gelte "selbst dann, wenn für das Unternehmen an sich eine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann und der Turnaround sich bereits in wenigen Monaten abzeichnet". Solche Unternehmen sollten künftig nicht mehr verpflichtet sein, sofort einen Insolvenzantrag zu stellen.

Von der Neuregelung profitierten nicht nur Finanzmarktunternehmen, sondern auch alle übrigen Unternehmen, erklärte Zypries. Sie komme also auch insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen aus anderen Branchen zugute. "Damit helfen wir auch einem mittelständischen Handwerksbetrieb in der Rechtsform einer GmbH, der vielleicht im Moment formal überschuldet ist, aber den Zuschlag für einen Großauftrag bekommen hat."

Die geplante Änderung nützt den Angaben zufolge etwa auch einem Unternehmen, das ein neues Produkt zur Marktreife entwickelt hat, und bei dem sich schon bei der ersten Präsentation eine lebhafte Nachfrage abzeichnet. Profitieren könne auch ein Exporteur, der bei der Erschließung eines völlig neuen Marktes erfolgreich gewesen ist.

kaz/AFP

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