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Konzerne Nur mit Garantien

Die Fusion Volvo-Renault droht zu scheitern, die Schweden wollen nachbessern.
aus DER SPIEGEL 46/1993

Auf höchster Ebene war die Fusion der schwedischen Autofirma Volvo mit dem französischen Staatskonzern Renault beschlossen worden. Aber es half nichts: »Wie das Abkommen derzeit aussieht«, sagt Volvo-Chef Sören Gyll, »ist es schwerlich durchzubringen.«

Gyll verschob die Volvo-Aktionärsversammlung, auf der die Fusion perfekt gemacht werden sollte, vom 9. November auf den 7. Dezember. Die Schweden befürchten, daß unter der Regie der Franzosen von Volvo nicht mehr viel bleibt.

Tatsache ist: Über viele Verschachtelungen wollten sich die Franzosen eine 65-Prozent-Mehrheit am künftigen Gemeinschaftsunternehmen sichern, während der Volvo-Konzern nur zu 35 Prozent beteiligt ist. Unternehmenschef sollte Renault-Präsident Louis Schweitzer werden, während Volvo-Oberaufseher Per Gyllenhammar nur dem nach deutschem Muster gestalteten Aufsichtsrat vorstehen würde.

Zudem sollte die Republik Frankreich eine sogenannte Goldene Aktie erhalten, mit der sie auf unbegrenzte Zeit in viele Geschäfte hineinregieren könnte - selbst nach der versprochenen Privatisierung von Renault. Das Datum der Privatisierung hingegen blieb offen.

Goldene Aktie und mangelnde Garantien zur Privatisierung würden die schwedische Firma in ein französisches Staatsunternehmen verwandeln, erkannten vor allem die Stockholmer Finanzmanager. Beide Punkte müßten folglich nachverhandelt werden.

Björn Wolrath, Chef des schwedischen Versicherungskonzerns Skandia, bei dem 3,6 Prozent der stimmberechtigten Volvo-Aktien liegen, fordert denn auch schriftliche Zusagen über den Zeitpunkt der Renault-Privatisierung. Außerdem sollte Paris schriftlich garantieren, daß die Goldene Aktie von der Republik Frankreich nicht gegen die Interessen der Volvo-Aktionäre eingesetzt würde.

Außer Skandia legten sich auch die Versicherungsgesellschaften SPP, Trygg-Hansa und Wasa quer. Anfang November war die Front der Fusionsgegner im Finanzgewerbe auf 40 Prozent der Eigner von Volvo-Aktien gestiegen.

Scheitert der Versuch, das Fusionsabkommen nachzubessern, will Gyll für den angeschlagenen Volvo-Konzern einen Kapitalnachschub von rund einer Milliarde Mark organisieren. Allein wird das Unternehmen aber auch dann nicht überleben können.

Frankreichs Industrieminister Gerard Longuet ist mit seinem gewinnstarken Renault-Konzern in einer besseren Lage als Volvo und deshalb nur begrenzt verhandlungsbereit. Über ein festes Datum für die von der Regierung ohnehin beschlossene Renault-Privatisierung läßt er mit sich reden, über die Goldene Aktie hingegen kaum.

Mit dieser Aktie nämlich kann der französische Staat nicht nur in die Konzerngeschäfte hineinreden, sondern nach der Renault-Privatisierung auch jeden Aktionär blockieren, der sich mehr als 20 Prozent der Stimmrechte am künftigen Renault-Volvo-Konzern besorgt.

Dieses sei, versicherte der Franzose treuherzig, als Schutz gegen Aufkäufer von außen gedacht. Zu solchen Aufkäufern, fürchten die Franzosen insgeheim, könnte eines Tages auch die AB Volvo gehören, der gegenwärtige Minderheitsaktionär. Y

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