Öffentlich-rechtlicher Rundfunk MDR soll sich mit Investmentfonds verzockt haben

Die Finanzkrise trifft auch den Mitteldeutschen Rundfunk. Presseberichten zufolge hat der öffentlich-rechtliche Sender Rücklagen in riskante Wertpapiere investiert. Wegen der Banken- und Börsenturbulenzen drohen nun Verluste.

Berlin - Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) steht offenbar vor einem Finanzdesaster: Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hat der Sender Rücklagen in Wertpapiere investiert - und damit Verluste gemacht.

Das berichtete das Blatt am Donnerstag unter Berufung auf einen Bericht des Landesrechnungshofs Sachsen für den Sächsischen Landtag. Demnach soll die Sendeanstalt zwischen 1994 und 1999 insgesamt sieben Spezialfonds aufgelegt haben, deren Wert damals knapp 625 Millionen Euro betrug.

Durch Kursverluste reduzierte sich der Wert der Fonds Ende 2002 allerdings auf knapp 465 Millionen Euro, erholte sich dann jedoch wieder. Bis 2005 stiegen die Papiere auf knapp 537 Millionen Euro. Im Zuge der sich seit Mitte 2008 verschärfenden Finanzkrise sei ihr Wert dann aber "deutlich zurückgegangen", heißt es im Bericht der Rechnungsprüfer.

Die Nachrichtenagentur AP zitiert weiter aus dem Bericht: "Aufgrund der sich seit Mitte 2008 verschärfenden Finanzkrise verzeichnete allerdings auch der MDR erhebliche Bewertungsabschläge auf die in den Fonds gehaltenen Aktienbestände und damit einen deutlichen Rückgang stiller Reserven."

Vom Mitteldeutschen Rundfunk war auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE zunächst kein Kommentar zu erhalten. Pressesprecher Stefan Mugrauer kündigte eine Stellungnahme im weiteren Tagesverlauf an.

Die "Bild"-Zeitung zitiert Mugrauer mit den Worten: "Gelder werden angelegt, weil sie zur Bedienung zukünftiger Verpflichtungen wie Leasingraten, Betriebsrenten sowie anderer Verbindlichkeiten benötigt werden." Dies sei bei den Landesrundfunkanstalten "gängige Praxis", hieß es weiter.

Der Rechnungshof hat den MDR laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" bereits im August 2008 aufgefordert, die stillen Reserven aufzulösen und "zur Erfüllung des Rundfunkauftrags einzusetzen".

Gerügt wird zudem, dass MDR-Fonds Währungsspekulationen betrieben und dabei Verluste machten. Außerdem habe ein Fonds bis zu 49,82 Prozent seiner Rücklagen in "risikobehaftete Geldanlagen" investiert, obwohl nur 35 Prozent erlaubt seien.

Der Fraktionschef der Linkspartei im sächsischen Landtag, André Hahn, fordert nun Aufklärung und personelle Konsequenzen. "Die Gelder entstammen nicht der Privatschatulle des MDR, sondern den Gebühren der Bürger", sagte Hahn SPIEGEL ONLINE. Es sei ein Skandal, dass der Sender "nicht einmal dem Rechnungshof" mitteile, wie hoch die Verluste tatsächlich seien. Der Fraktionschef wundert sich, warum die Prüfbehörde dem MDR ein solches Verhalten "durchgehen lässt".

Der Sender bringe mit seinem Verhalten "den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit solch windigen Geschäften in Misskredit", warnte Hahn. "Wer auch immer beim MDR diese riskanten Geschäfte genehmigt hat, muss schleunigst seinen Hut nehmen."

suc/cte/AP/ddp

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