Ökotechnik gegen Flaute EU will Autobauer mit zwei Milliarden Euro stützen

Produktionsstopp, Arbeitsplatzabbau, Standortverlegung - eine dramatische Absatzkrise beutelt Europas Autokonzerne. Jetzt will ihnen die EU wieder auf die Räder helfen: Die Entwicklung von Umwelttechnologien soll mit Milliarden gefördert werden.

Berlin/Nürtingen/Paris - Europas Autobauer haben nicht rechtzeitig in zukunftsweisende Technologien investiert - die EU will deshalb nachhelfen. In einem internen Papier der Bundesregierung, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ist von Investitionsförderungen zugunsten grüner Technologien in der Autobranche die Rede, die die Europäische Investitionsbank (EIB) mit rund zwei Milliarden Euro fördern soll (Überblick der EU-Vorschläge siehe Info-Box unten).

Daimler-Produktion: "Branche steht am Scheideweg"

Daimler-Produktion: "Branche steht am Scheideweg"

Foto: DDP

Das könnte bitter nötig sein. Daimler  -Chef Dieter Zetsche geht davon aus, dass die Talfahrt der Autobauer sich weiter fortsetzen wird: "Eine rasche Trendwende auf den Automobilmärkten ist nicht in Sicht. Aller Voraussicht nach dürfte es sogar erst noch einmal schlechter werden, bevor es dann sicher besser werden wird", sagte er am Donnerstag in Nürtingen bei Stuttgart. "Unsere Branche steht am Scheideweg."

Zetsche hofft jedoch, dass sich Aussagen von Experten nicht bewahrheiten, wonach 100.000 der 760.000 Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie wegfallen könnten. Wie die einzelnen Hersteller aus der Krise hervorgehen werden, hänge auch davon ab, wie gut sie bei der Entwicklung umweltfreundlicher Technologien aufgestellt seien. Vor allem neue Antriebstechniken seien gefragt. "Für die Zukunft nimmt ein Trend immer deutlicher Form an: Die vollständige Elektrifizierung des Antriebs" ,sagte Zetsche.

Bereits jetzt ist der Stellenabbau in der europäischen Autobranche in vollem Gange: Das französische Unternehmen Peugeot-Citroën streicht wegen der Absatzkrise 5.500 Stellen. "Wenn wir nichts tun, wäre auf lange Sicht das Überleben des Konzerns mit seinen 200.000 Mitarbeiten bedroht", teilte Peugeot-Citroën   mit. Der Jobabbau soll weitgehend ohne betriebsbedingte Kündigungen vorgenommen werden. Neben den Stellenstreichungen will der Konzern 900 Mitarbeiter von der Fabrik in Rennes an andere Produktionsstandorte verlegen, weil sich die dort hergestellten Sedans nicht wie geplant verkaufen würden.

Seit Juli brechen die Verkaufszahlen der europäischen Autobauer ein. Bei Peugeot-Citroën werde der Absatz im vierten Quartal um 17 Prozent sinken, hieß es in der Erklärung. "Diese Rezession wird 2009 anhalten und zu einem weiteren Verkaufsrückgang von zehn Prozent für den europäischen Markt führen." Die Unternehmensaktie rauschte nach Bekanntgabe der Sparpläne um mehr als vier Prozent in den Keller.

Für die ums Überleben kämpfende US-Autoindustrie ist keine schnelle Staatshilfe in Sicht. Die geplante Finanzspritze in Milliardenhöhe droht an politischen Streitigkeiten in Washington zu scheitern. Wie US-Medien am Donnerstag berichteten, gehen die Demokraten im Senat davon aus, dass es angesichts des Widerstands der Republikaner keine Mehrheit für ein Hilfspaket in Höhe von 25 Milliarden Dollar gibt. Die Demokraten sagten daher eine erste geplante Probeabstimmung ab. Von den jetzt in Frage gestellten Hilfen wollte auch der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) profitieren.

Falls die Staatshilfen genehmigt werden, will US-Autobauer Chrysler einem Zeitungsbericht zufolge die Fusionsgespräche mit dem Konkurrenten General Motors wiederbeleben. Die Gespräche liefen derzeit "auf sehr kleiner Flamme" weiter und würden nach einer für die Autokonzerne positiven Entscheidung sofort wieder aufgenommen, schreibt die "Financial Times" unter Berufung auf eine informierte Person.

GM hatte die Gespräche über eine Partnerschaft mit Chrysler im Oktober unterbrochen. Presseberichten zufolge benötigen GM und Chrysler zur Finanzierung eines Zusammenschlusses mindestens zehn Milliarden Dollar. Bei einer Fusion entstünde der nach Absatz weltgrößte Automobilhersteller. Allerdings dürften Experten zufolge damit auch bis zu 40.000 Stellen wegfallen.

cvk/dpa/AFP/Reuters

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