Schuldenbremse Aufstand gegen die schwarze Null

In der SPD-Fraktion rebellieren Abgeordnete gegen den Kurs von Finanzminister Scholz. Nach SPIEGEL-Informationen wollen sie die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse reformieren, damit der Bund mehr investieren kann.
Finanzminister Olaf Scholz hat die Schuldenbremse fast vollständig ausgereizt

Finanzminister Olaf Scholz hat die Schuldenbremse fast vollständig ausgereizt

Foto: Wu Hong/AP

In der SPD-Bundestagsfraktion wächst die Kritik an Schuldenbremse und schwarzer Null. "In den vergangenen Jahren haben der Bund und auch die Länder nicht genügend investiert, und das lag nicht zuletzt an den Beschränkungen des Grundgesetzes", sagte Cansel Kiziltepe, Mitglied im Finanzausschuss des Bundestags, dem SPIEGEL. Sie fordert, dass die Schuldenbremse künftig flexibler gehandhabt werden müsse, besonders, wenn die Konjunktur tatsächlich einbreche. "Da müssen wir gegenhalten können", sagt Kiziltepe. "Die schwarze Null ist kein Selbstzweck."

Wiebke Esdar, ebenfalls für die SPD Mitglied im Finanzausschuss, plädiert dafür, "die Schuldenbremse abzuschaffen oder zumindest durch eine Investitionsverpflichtung des Bundes zu ergänzen, die ebenfalls Verfassungsrang besitzt". Die Schuldenbremse tue so, "als ob wir späteren Generationen nur einen Kontostand hinterlassen", sagt sie. "Dabei haben die Menschen von morgen auch etwas davon, wenn wir heute in funktionierende Infrastruktur investieren." (Lesen Sie hier die ganze Geschichte bei SPIEGEL+. )

Ihr Genosse und Ausschusskollege Michael Schrodi kritisiert die Vorgabe des Grundgesetzes ebenfalls. "Sie beschneidet den Entscheidungsspielraum des Parlaments, den Wünschen und Bedürfnissen der Bürger nachzukommen", sagt er. "Wenn selbst konservative Ökonomen die Konsequenzen der Vorschrift beklagen, dann zeigt sich, wie kontraproduktiv sie wirkt und wie groß der Problemdruck jetzt ist." Und weiter: "Wir müssen die falsche Erzählung der schwäbischen Hausfrau endlich durchbrechen."

"Nur noch 1,2 Milliarden Euro Sicherheitsabstand"

Mit seinem Eckwerten für den Bundeshaushalt 2020 reizt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Defizitobergrenze der Schuldenbremse nach SPIEGEL-Informationen nahezu vollständig aus. Kommendes Jahr betrage "der Sicherheitsabstand zur Obergrenze bei einem strukturellen Defizit von 10,6 Milliarden Euro nur noch 1,2 Milliarden Euro", heißt es in einem internen Vermerk des BMF. "Maßgeblich hierfür sind vor allem die hohen Finanzierungsdefizite der nach der Schuldenregel zu berücksichtigenden Sondervermögen sowie die hohe negative Konjunkturkomponente."

Die Schuldenbremse erlaubt dem Bund ein strukturelles, also von Konjunktureinflüssen bereinigtes, Defizit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in absoluten Zahlen sind das derzeit knapp 12 Milliarden Euro. Nach den Berechnungen der BMF-Beamten soll sich das Strukturdefizit bis 2023 jedes Jahr ungefähr halbieren.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten