Fluglinien Oldenburger Dickschädel
Anfangs ging es recht gediegen zu in der »Hanseatic Class« der Fluglinie Hamburg Airlines. Auf den innerdeutschen Strecken wurde jahrelang ein ordentliches Menü serviert, dann gab es nur noch frische Brötchen.
Im Sommer vergangenen Jahres schließlich reduzierte die Hamburg Airlines die Verpflegungskosten um fünf Mark pro Passagier. Seitdem erhalten die Gäste nur noch ein eingeschweißtes pappiges Brötchen, auf der Strecke Hamburg-Berlin wurde selbst dies gestrichen.
Geholfen haben die Sparmaßnahmen nicht. Vergangene Woche meldete Hamburg Airlines Vergleich an. Die Pleite des Reiseveranstalters MP Travel habe die Fluggesellschaft in das Desaster gestürzt, verkündet Hamburg Airlines.
Der MP-Konkurs war freilich nur der Auslöser. Tatsächlich hat die Gesellschaft seit der Gründung im April 1988 nur Verluste eingeflogen. Im vergangenen Jahr war der Gründer und Inhaber der Fluglinie, Eugen Block, 52, so klamm, daß er sich nach einem kapitalkräftigen Partner umsah.
Daß die Firma ins Schleudern geriet, ist in erster Linie auf die Arbeit Blocks zurückzuführen. Der Mittelständler ist kein Freund sanfter Umgangsformen und kein Anhänger der Teamarbeit. Mit seinem barschen »Wir machen es so, wie ich das will«, pflegte er Einwände abzubürsten. Block versteht mehr von der Gastronomie als vom Fluggeschäft.
Der erfolgreiche Unternehmer war mit einer Kette von Steakhäusern und dem Hamburger Luxushotel Elysee reich geworden, als er vor gut fünf Jahren die abgewirtschaftete Fluggesellschaft Holiday Express erwarb. Unter dem neuen Namen Hamburg Airlines und mit neuen Maschinen steuerte er bald einen strammen Expansionskurs. Einer wie Block duldet keinen Widerspruch, und so wechselte ständig das Personal.
Der erste Geschäftsführer flog nach neun Monaten raus, der zweite nach sechs. Nummer drei hielt sich elf Monate, da fand Block nicht so schnell Ersatz. In seiner Not machte er den Finanzchef seiner Restaurantkette Block-House zum Leiter der Fluggesellschaft. In fünf Jahren sind bei Hamburg Airlines sechs Geschäftsführer ausgeschieden.
Auch unterhalb der Chefetage wurden munter Angestellte gefeuert, viele gingen freiwillig. »Block«, so eine ehemalige Führungskraft, »hat nie begriffen, daß er mit einem Flugzeugtechniker nicht so umspringen kann wie mit einer seiner Aushilfskellnerinnen.«
Auf Gehaltsforderungen etwa reagierte der autoritäre Firmenpatriarch oft unwirsch. »Bei guten Leuten«, so einer seiner Sprüche, »braucht man nicht über Geld zu reden, die sind an der Arbeit interessiert. Die schlechten, die verlangen dauernd Geld.«
Von Anfang an glaubte der rastlose Dynamiker, nach eigener Aussage ein »Oldenburger Dickschädel«, alles besser zu machen. Zu schnell eröffnete Block zu viele Strecken: Mit fünf eigenen und zwei geleasten Maschinen vom Typ Dash 8 flog er mal nach Rotterdam, mal nach Minsk.
Auch bei potentiell gewinnbringenden Verbindungen, so ein Insider, habe Block nicht die Geduld aufgebracht, den Flugplan so lange zu halten, bis er von den Geschäftsreisenden akzeptiert werde. Block krempelte jede Saison den Flugplan um, strich Flüge, machte neue Strecken auf.
Der Mann, der sich nichts sagen läßt, beging eine Reihe von Fehlern. Sein Einstieg ins Chartergeschäft - er wollte »Mallorca zum Vorort von Hamburg« machen - wurde ein teurer Flop; viel zu spät führte er ein Rabattsystem ein.
Der ewigen Verluste überdrüssig, fand Block schließlich einen Partner, die Saarland Airlines. Anfang dieses Jahres ging die Hamburger Liniengesellschaft an die Saarbrücker Chartergesellschaft; im Gegenzug erhielt Block 20 Prozent an der Saarland Airlines.
Als dann MP Travel den Saarländern fünf Millionen Mark für gecharterte Maschinen schuldig blieb, mußte auch die Hamburger Tochter mithaften. Bislang zeigten weder die Lufthansa noch andere Gesellschaften Interesse an der kleinen Hamburger Linie.
Ein Bankrott der Hamburg Airlines, so vermutet ein Block-Kenner, würde den Firmengründer hart treffen: »So etwas nagt schwer an seinem Ego.« Y