Online-Jobbörse Staatsanwälte ermitteln, Bundestag fragt nach

Einen Monat erst ist Florian Gerster fort und schon hat die Bundesagentur für Arbeit mit einer neuen Affäre zu kämpfen. Nachdem Korruptions- und Untreuevorwürfe wegen der Kosten des "Virtuellen Arbeitsmarkts" laut geworden sind, hat sich die Justiz eingeschaltet. Der neue BA-Chef Weise bestreitet jede Mitverantwortung.

Nürnberg - Die Nürnberger Staatsanwaltschaft bestätigte am Freitag, sie habe Ermittlungen aufgenommen. Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg sagte, derzeit lägen aber keinerlei Hinweise auf Korruption vor. Die Ermittlungen bezögen sich auf den Verdacht der Untreue. Es handle sich um ein übliches Vorermittlungsverfahren. Die BA habe am Montag selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es gebe derzeit keine konkreten Beschuldigten oder Verdächtigen.

Die BA hatte am Mittwoch überraschend den Ausbau ihrer Online-Jobbörse "Virtueller Arbeitsmarkt" gestoppt und den Projektleiter Jürgen Koch seiner Aufgabe entbunden. BA-Chef Jürgen Weise warf Koch vor, das Ausmaß der Kosten zu gering angegeben zu haben.

100 Millionen Euro über Plan?

"Ich muss jetzt feststellen, dass die Informationen, die wir als Vorstand bekommen haben, nicht stimmen", sagte Weise im WDR. Die Bundesregierung versprach schonungslose Aufklärung und stärkte Weise den Rücken. Der Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit lud den BA-Vorstand zur nächsten Sitzung vor.

Weise, bestreitet jede Mitverantwortung. Der Essener "Neuen Ruhr/Neue Rhein-Zeitung" sagte er: "Ich war zu keiner Zeit im Zeitraum 2000 bis 2003 technisch wie fachlich an der Planung und Projektsteuerung beteiligt. Ich trage keine persönliche Verantwortung. Im Gegenteil, ich habe das Risiko früh gesehen." Weise nimmt zudem für sich in Anspruch, schon im vergangenen Jahr in seiner damaligen Funktion als Finanzvorstand "kritische Fragen" zum Kostenrahmen für das Online-Portal gestellt zu haben.

Für den Aufbau des Online-Portals sollen laut Weise Aufträge in einem Volumen von 15 Millionen Euro ohne Genehmigung vergeben worden sein. Eine Risikoanalyse habe zudem ergeben, dass bis 2008 Kosten von 165 Millionen Euro drohten. Ursprünglich waren 65 Millionen Euro geplant. Weise sagte in Zeitungsinterviews, es bestehe Verdacht auf Korruption.

Accenture: Werden Vorwürfe entkräften

Ein Sprecher der BA erklärte, der Vorwurf der Vertragsvergabe am Vorstand vorbei sei derzeit lediglich ein Verdacht, er werde noch geprüft. Die Innenrevision werde in rund zwei Monaten ihren Bericht vorlegen. "Es besteht auf keine bestimmte Person bezogen ein Verdacht auf individuelles Fehlverhalten, auch nicht gegen Herrn Koch."

Das Bundeswirtschaftsministerium hat nach Angaben einer Sprecherin von den Vorgängen am vergangenen Wochenende erstmals erfahren. Auch Minister Wolfgang Clement werde dem Wirtschaftsausschuss Rede und Antwort stehen, hieß es.

Unterdessen wies die mit der Job-Börse beauftragte Beratungsfirma Accenture den Verdacht der Korruption zurück. Sie erklärte, sie wolle alles tun, um die Vorwürfe zu entkräften.

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