Optimistisches Frühjahrsgutachten Institute fordern Senkung der Einkommensteuer

Die Wirtschaft brummt, die Bürger stöhnen unter Steuern und Abgaben. Jetzt fordern die führenden Wirtschafts-Institute in ihrem Frühjahrsgutachten, die Einkommensteuer zu senken. Ähnlichen Forderungen von Wirtschaftsminister Glos hatte Merkel kürzlich ein Absage erteilt.

Hamburg - Durch ein Absenken der Einkommensteuer könnten Wachstum und Beschäftigung gefördert werden, heißt es der "Financial Times Deutschland" zufolge in dem Frühjahrsgutachten der führenden Wirtschaftsinstitute, das heute Mittag vorgestellt wird. Die Forscher begründen ihre Forderung mit der sogenannten kalten Progression: Weil die Einkommen in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs normalerweise schneller wachsen, greife auch die Steuerprogression stärker - das heißt unterm Strich werde die Steuerlast für die Bürger größer.

Vor einigen Wochen hatte bereits Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuern gefordert und damit eine hitzige Debatte ausgelöst.

Vor allem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück dürfte über die nun auch von den führenden Ökonomen des Landes vorgetragenen Forderungen entsetzt sein. Er hat gerade ohnehin mit immer neuen Begehrlichkeiten seiner Ministerkollegen zu kämpfen, die angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen neue Ausgaben-Wunschlisten aufstellen.

Auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfte wenig begeistert sein über die neuen Vorschläge der Wirtschaftsforscher. Sie hatte erst kürzlich über Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklären lassen, dass die schwarz-rote Bundesregierung vor der nächsten Bundestagswahl keine weiteren Steuern senken werde.

Die Wirtschaftsinstitute erklären in ihrem Gutachten allerdings, dass sinkende Steuern allein durch weitere Sparmaßnahmen finanziert werden könnten. Die gute Konjunktur sorge außerdem für eine unerwartet gute Haushaltslage. Dass der Aufschwung ungebremst weiter gehe, davon sind die Forscher überzeugt. "Die Wirtschaft ist in einem gefestigten Aufschwung", heißt es in dem Gutachten. Nachdem sie in ihrem Herbstgutachten noch mit einem mageren Wachstum von 1,4 Prozent für dieses Jahr rechneten, gehen sie jetzt von 2,4 Prozent aus. Außerdem werde Deutschland schon im nächsten Jahr ohne neue Schulden auskommen, dieses Jahr werde das Defizit bereits auf 0,6 Prozent des BIPs sinken.

Rürup: Politik hat Aufschwung nicht ausgelöst

Der Vorsitzende der Fünf Wirtschaftsweisen, Bert Rürup warnte trotzdem vor voreiligen Steuerentlastungen für die Bürger. "Der Staat sollte nicht mehr Geld ausgeben, wir sollten auf jeden Fall konsolidieren. Man kann über Steuersenkungen reden, aber bitte nicht terminiert zum Wahljahr. Das heißt, das Konsolidierungsziel ist noch nicht erfüllt", betonte er im ARD Morgenmagazin. Rürups Kollege, der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard, zeigte sich im Deutschlandfunk aufgeschlossener: "Offensichtlich besteht auf Grund der guten Wachstumsaussichten in Deutschland die Möglichkeit für Steuersenkungen. Darauf haben wir jahrelang gewartet. Warum machen wir davon jetzt nicht Gebrauch!", sagte er.

Auch die beiden Wirtschaftsweisen zeigten sich überzeugt, dass der Wirtschaftsboom weitergeht. Dieser sei "breit abgestützt", sagte Rürup. Verantwortlich sei allerdings nicht die Politik. "Die Eltern dieses Aufschwungs sind die Unternehmen und die Tarifparteien", so Rürup. "Die Politik hat den Aufschwung gestützt, nicht ausgelöst", fügte er hinzu. Wiegard machte in erster Linie das "Übergreifen der guten Weltkonjunktur auf Deutschland" für die guten Zeiten verantwortlich.

ase/ddp

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