Parteichef am Pranger BayernLB-Krise erschüttert CSU - Huber in Not

Es ist ernst, es geht um die Zukunft der CSU: Der Parteichef und bayerische Finanzminister Erwin Huber steht wegen der Milliardenlöcher bei der BayernLB als schlechter Krisenmanager da. Wilde Putschgerüchte beschädigen ihn - er ringt um die Kontrolle.

München - Es sind zwei Männer, die an diesem Tag des Milliarden-Desasters der bayerischen Landesbank im Rampenlicht stehen. Der eine verkündet am Morgen die schlechten Zahlen und macht trotzdem in Optimismus. Der andere bekommt am Nachmittag die Rücktrittsforderungen serviert.

Der eine - das ist Michael Kemmer, der neue Chef der BayernLB. Auf 4,3 Milliarden Euro muss er die Belastungen seiner Bank aus der Kreditkrise beziffern. 2,3 Milliarden von 2007 und schon satte zwei Milliarden im laufenden Jahr. Das kritische Portfolio umfasse "ein Volumen von 24 Milliarden Euro", sagt er. Man müsse unterscheiden zwischen "Marktwertminderungen" und "Zahlungsausfällen" (das Wort "Verlust" vermeidet er geschickt). Bis heute gebe es 100 Millionen Euro Zahlungsausfälle. Von Zockerei könne keine Rede sein, die Bank habe sich beim Handel mit den sogenannten Subprimes, den Hypothekenkrediten, mitnichten "auf ein Feld begeben, auf dem sie eigentlich nichts verloren hat. Viele Banken haben solche Investments getätigt".

Dann: Die "große und starke" BayernLB bestehe nicht nur aus Subprime und Problemen, "sondern auch aus soliden Ergebnisbeiträgen". An die Journalisten: "Versuchen Sie zu differenzieren, es ist ein schwieriges Thema."

Äußerst schwierig. Und das macht das Thema zu einer Belastung - vor allem für jenen anderen Mann, um den es an diesem Tag geht: Erwin Huber, bayerischer Finanzminister, Aufseher der BayernLB und Chef der einst so stolzen CSU, die gerade in eine Krise rutscht.

"Du trittst mal bei Uri Geller auf!"

Huber hält an diesem Mittwoch eine eilig angekündigte Regierungserklärung, und er hat es viel schwerer als der Banker. Denn er muss als stellvertretender Aufsichtsratschef der Bank politisch für Kemmers Zahlen geradestehen - was er nicht will. Huber weist die Schuldvorwürfe seiner Kritiker zurück. Weder Wirtschaftsprüfer noch Rating-Agenturen hätten die Krise in der Vergangenheit vorhergesehen: "Keiner hat gewarnt. Diese Papiere waren banküblich." Huber spricht sich wie zuvor Kemmer für eine "Abschirmung" der Kreditrisiken aus.

Heißt: Die BayernLB verschiebt ihre riskanten 24-Milliarden-Euro-Papiere in eine externe Zweckgesellschaft, für die Bürgen über insgesamt sechs Milliarden Euro gesucht werden. Die BayernLB will 1,2 Milliarden Euro davon übernehmen, die restlichen 4,8 Milliarden Euro der Freistaat.

Als Huber, ebenfalls wie Kemmer, den Unterschied zwischen Belastungen und Verlusten betont, lästert die Opposition. "Verluste entstehen beim Verkauf, aber nicht beim Halten", sagt Huber. Die Abgeordneten von SPD und Grünen johlen. Einer ruft in Richtung Huber: "Du trittst mal bei Uri Geller auf!"

Es folgt die mittlerweile obligatorische Rücktrittsforderung: "Treten Sie endlich zurück", sagt Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr. Die Zahlen der BayernLB seien "katastrophal, schlimmer als unsere schlimmsten Befürchtungen". Deshalb werde es auch für die CSU zu "erheblichen Ausfällen" kommen - bei der Landtagswahl im Herbst.

Das Dreifach-S und die angeblichen Putsch-Pläne

Erwin Huber kann nur noch den Kopf schütteln. Auf der Regierungsbank werden längst keine Witze über die Forderungen der Oppositionen mehr gerissen. Die Lage ist zu ernst. Das ganze Krisenmanagement läuft unrund, was spätestens in der vergangenen Woche offensichtlich wurde, als Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) in einer Lokalzeitung das Vier-Milliarden-Euro-Problem der BayernLB schon vorab ausplauderte. BayernLB-Chef Kemmer kommentierte das heute so: "Ich hab mir gedacht, eigentlich wollten wir die Bank über Zahlen der Bank reden lassen." Aber, bitte, "verstehen Sie das nicht als Kritik am Ministerpräsidenten".

Zu allem Ärger kursieren an diesem Mittwoch auch noch Putschgerüchte, verbreitet per "Bild"-Zeitung. Demnach soll ein "Verschwörungstrio" aus CSU-Vizechef Horst Seehofer, Bayerns Europaminister Markus Söder und Ex-Regierungs- und Parteichef Edmund Stoiber am Sturz Hubers arbeiten. "Interner Codename: 'Dreifach-S'".

Alle drei S-Träger haben mittlerweile dementiert: Seehofer, der als Nachfolger gehandelt wird, spricht von "bösartigem Schmarrn", Söder ärgert sich über "Heckenschützen", und ein Stoiber-Sprecher kommentiert hintersinnig: "Sie werden doch nicht glauben, dass ausgerechnet Edmund Stoiber ein Putschist ist." Huber selbst sagt: Es gebe von Seehofer-Söder-Stoiber Dementis, an die er "zu 100 Prozent" glaube. Mit Stoiber stehe er außerdem "in engem, gutem Kontakt" und begrüße es sehr, "wie konstruktiv Stoiber innerhalb der CSU mitarbeitet".

Die Opposition hofft auf einen Wahlkampfschlager

Das Schlimmste für die Partei an solchen Spekulationen: Die Partei kommt nicht zur Ruhe. Der Mythos CSU leidet. Erst am Mittwoch hatten Beckstein und Huber die Landtagsfraktion in einer mehr als fünfstündigen Sitzung auf "Geschlossenheit" eingeschworen. Man habe die Weichen "auf Zukunft" gestellt, versicherte Huber noch am Abend. Doch keine 24 Stunden später ist der Parteichef schon wieder ganz auf Defensive eingestellt.

Nachdem er im Landtag seine Rolle im Fall Landesbank verteidigt hat, wird noch ein Untersuchungsausschuss zum Thema eingesetzt. Die Opposition will sich die Chance auf diesen potentiellen Wahlkampfschlager nicht entgehen lassen.

Huber steht vor schweren Prüfungen. Am Freitag und Samstag versammelt sich der gesamte CSU-Vorstand inklusive dem Ehrenvorsitzenden Stoiber hoch oben über dem Tegernsee in Wildbad Kreuth. Es soll um Arbeitsmarktpolitik gehen, um den Gesundheitsfonds auch und natürlich die bayerische Politik. Aber es wird vor allem um die Performance der CSU gehen.

Das dreifache S wird sich dort also sicher zu Wort melden.

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