Verkehrsministerium Verschleppte Pkw-Maut beschert Beratern millionenschwere Aufträge

Der Start der PKW-Maut verzögert sich seit Jahren - und die Beraterbranche frohlockt: Nach SPIEGEL-Informationen darf sie sich über Aufträge im Wert von 47 Millionen Euro freuen.
Maut-Verkehrsschild

Maut-Verkehrsschild

Foto: Jens Büttner/ dpa

Es ist schon fast in Vergessenheit geraten, aber im Bundestagwahlkampf 2013 forderte die CSU lautstark eine Maut für ausländische Straßenbenutzer. Immer wieder betonte Parteichef Horst Seehofer, die Vignette für Autofahrer "wird kommen". Heute, mehr als fünf Jahre später, hat der Bund noch immer keine PKW-Maut eingeführt.

Dafür wird das Prestigeprojekt der CSU zum einträglichen Geschäft für die Beraterbranche. Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) rechnet zwischen 2017 und 2019 mit Honoraren für Kanzleien, Wirtschaftsprüfer und Sachverständige in Höhe von etwa 47 Millionen Euro.

Das zeigen Dokumente für den Haushaltsausschuss im Bundestag, die dem SPIEGEL vorliegen. An erster Stelle steht die Anwaltskanzlei Greenberg Traurig, die 14,5 Millionen Euro kassieren soll, dicht gefolgt von PricewaterhouseCoopers (PWC), für deren Wirtschaftsprüfer etwa 14,1 Millionen Euro eingeplant sind.

Trotz der umfangreichen Beratung gibt es noch keinen Starttermin für die geplante elektronische Vignette. Zuerst sollte sie 2016 kommen, zuletzt war von 2020 die Rede. Zumindest hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein Unternehmen gefunden, das die Maut kontrollieren soll: Berichten zufolge setzt sein Ministerium auf den österreichischen Anbieter Kapsch.

"Die Maut füllt die Auftragsbücher der Berater"

Die sogenannte Infrastrukturabgabe soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Inländische Autofahrer sollen durch eine geringere Kfz-Steuer für Mautzahlungen komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen.

Nach Abzug der Kosten soll die PKW-Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Investitionen einbringen. Bevor es so weit ist, kann erst einmal die Beraterbranche frohlocken.

Kritik kommt von den Grünen. "Die Pkw-Maut der CSU füllt in erster Linie die Auftragsbücher der Berater, nicht aber das Steuersäckel für Verkehrsinvestitionen", schreiben die Grünen-Abgeordneten Stephan Kühn und Sven-Christian Kindler in einem gemeinsamen Statement. Sie fordern, das "europarechtswidrige Projekt" zu stoppen.

Auch bei der Lkw-Maut fallen hohe Beratungskosten an; bis 2019 will das BMVI insgesamt 35,5 Millionen Euro dafür ausgeben.

Bei der LKW-Maut gibt es ebenfalls Probleme. Als der Vertrag mit Toll Collect am 31. August auslief, musste die Bundesregierung die Betreiberfirma notgedrungen verstaatlichen . Das Verkehrsministerium hatte es versäumt, den Vergabeprozess rechtzeitig einzuleiten.

Nun soll Toll Collect voraussichtlich im kommenden Jahr wieder privatisiert werden, auch bei diesem Prozess setzt das Verkehrsministerium auf die Hilfe von Consulting-Firmen. Die Maut werde zum "Goldesel für Berater", so die Grünen.

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