Pläne der Italiener Neuer Fiat/Opel-Konzern soll Volkswagen überholen

80 Milliarden Euro Umsatz und bis zu sieben Millionen Autos jährlich - wenn es nach Sergio Marchionne ginge, würde aus Fiat, Opel und Chrysler ein neuer Superkonzern entstehen. "Eine Hochzeit im Himmel" erträumt sich der Turiner Chef. Die Fusion würde aber auch Tausende Arbeitsplätze kosten.

London - Mit Kleinklein will sich Sergio Marchionne nicht zufriedengeben. Unmittelbar vor einem Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat der Fiat-Chef Einzelheiten seiner Übernahmepläne für den deutschen Autobauer Opel genannt. Aus dem italienischen Fiat-Konzern, dem US-Autobauer Chrysler und Opel solle eine neue Aktiengesellschaft hervorgehen, sagte er der britischen Zeitung "Financial Times". Diese solle Einnahmen von rund 80 Milliarden Euro pro Jahr einfahren und jährlich bis zu sieben Millionen Autos verkaufen.

Nach einem Treffen des Verwaltungsrats am Sonntagabend hieß es in einer Erklärung, Fiat Group Automobiles könnte ausgegliedert und mit GM Europe und den Chrysler-Anteilen verschmolzen werden. Anschließend wäre auch ein Börsengang des neuen Auto-Unternehmens denkbar. "Aus technischer und industrieller Sicht ist das eine im Himmel geschlossene Hochzeit", sagte Marchionne. Um trotz hoher Entwicklungskosten profitabel arbeiten zu können, müssten Marchionne zufolge auf jeder Plattform mindestens eine Million Autos pro Jahr gebaut werden. Opel, Vauxhall und Saab nutzen bereits gemeinsame Komponenten. Durch einen Austausch mit Fiat und Chrysler würde der Vorteil vergrößert. Jährlich könnten sich auf diese Weise Einsparungen von rund einer Milliarde Euro ergeben.

Absehbar ist aber auch, dass viele Mitarbeiter von dem Zusammenschluss betroffen sein werden. Nach Berechnungen der "Financial Times" anhand von ähnlichen Fusionen in der Vergangenheit könnten bis zu 9000 Arbeitsplätze verlorengehen.

Bis Ende Mai, so der Plan Marchionnes, soll die Fusion beschlossen werden. Der bisherige Opel-Mutterkonzern GM würde Minderheitseigner des neuen Unternehmens. Der 30-Prozent-Anteil der Fiat-Gründerfamilie Agnelli würde verwässert. Am Montag trifft sich Marchionne mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Guttenberg, um über Opel zu sprechen.

Guttenberg hat vor dem Treffen allerdings Bedingungen gestellt und ein belastbares Konzept eingefordert, das eine langfristige Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze verspricht.

Fiat hält Opel nach dem Einstieg der Italiener beim insolventen US-Auto Chrysler für einen idealen Partner, um eine neue große Autogruppe zu bilden. Medienberichten zufolge wollen die Italiener den Erhalt aller deutschen Werke zusichern, allerdings nicht in der bisherigen Größe. Opel-Betriebsrat und IG Metall sind seit längerem gegen den Einstieg von Fiat und halten ein Zusammengehen mit dem Autozulieferer Magna für sinnvoller.

Nach SPIEGEL-Informationen hat Steinmeier einen 14-Punkte-Katalog mit Kriterien für einen Investor bei Opel aufgestellt. Außer dem Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze gehe es da auch um die Sicherheit möglicher Staatsbürgschaften, mögliche Synergien und die Vermittelbarkeit der Lösung bei der Belegschaft und den Händlern.

Gewerkschafter und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild sieht einen wachsenden Zeitdruck für eine Opel-Lösung. Er geht davon aus, dass die Opel-Mutter General Motors (GM) bis Mitte Mai Insolvenz anmelden wird. Spätestens dann müssten Verträge zwischen GM und Opel vorliegen, die den Zugriff auf Technologien sowie die künftigen gemeinsamen Aktivitäten von GM und Opel regelten, sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter dem Berliner "Tagesspiegel".

Am Donnerstag waren die Grundlagen für einen Neustart von Chrysler gelegt worden. Die Gewerkschaft UAW soll wie angekündigt die Mehrheit an dem neuen Unternehmen bekommen. Ihr Gesundheitsfonds Veba soll nach Abschluss des Insolvenzverfahrens 55 Prozent halten. Die US-Regierung werde acht Prozent der Anteile halten, Kanada für weitere Milliardenspritzen zwei Prozent. Fiat dürfte erst eine Mehrheit an Chrysler übernehmen, wenn alle staatlichen Kredite zurückgezahlt sind.

Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht gute Chancen, dass der Sanierungsplan gelingt. Er rechne damit, dass Chrysler das Insolvenzverfahren tatsächlich schnell verlassen kann, sagte Dudenhöffer. Chrysler und Fiat passten gut zueinander: "In den USA können die Kapazitäten in der Produktion und bei Händlern mit Modellen von Fiat und Alfa Romeo ausgelastet werden. In Europa kann Fiat mehr Fahrzeuge bauen, weil sie im US-Markt angeboten werden können."

mik/dpa-AFX/AFP/Reuters

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren