Polit-Marketing Westerwelle wirbt für DKV
Hamburg - Einmal im Jahr wendet sich der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle im so genannten Dreikönigsbrief an die gesamte Partei, um ihr die Leitlinien seiner Politik darzulegen. Ganz billig ist diese Aussendung bei derzeit etwa 62.000 Mitgliedern nicht. Und die Kasse ist leer: Die Partei der Besserverdienenden hat bei einem Gesamtetat von zwölf Millionen Euro einen Schuldenberg von 13 Millionen Euro angehäuft.
Um wieder zu Geld zu kommen, hat Westerwelle nun die Marke FDP als Träger für Werbebotschaften der Privatwirtschaft entdeckt. Seinem Schreiben hat der Chefliberale einen Blau-Gelb gestylten Prospekt mit dem Titel "Gestalten Sie jetzt Ihre eigene Gesundheitsreform" beigelegt. Die Werbebroschüre ist gleich an zwei Stellen mit dem Parteilogo sowie dem Signet der DKV versehen. Zwei Fotos zeigen liberale Spitzenpolitiker im Bundestag, darunter Rainer Brüderle, Günter Rexrodt und Wolfgang Gerhardt.
Synthese aus Marketing und Politik
Im Broschürentext wird erläutert, warum der Kauf von Produkten der DKV gewissermaßen eine logische Fortführung liberaler Politik ist: "Jeder muss eine Krankenversicherung haben, aber er soll selbst wählen dürfen. Darin sehen wir von der FDP den Schlüssel zu einem bezahlbaren Gesundheitssystem."
Weiter heißt es: "Die FDP versteht den Wunsch vieler Menschen, auch in puncto Krankenversicherung ihre Belange eigenverantwortlich zu regeln." Da trifft es sich, dass es die DKV gibt, die "Nr. 1 unter den Privaten in Europa". Deren "Tarif EKV stellt hier eine gesunde Lösung dar", jubelt das FDP-DKV-Faltblatt.
Wie es im Postskriptum von Westerwelles Dreikönigsbrief heißt, entstünden dank des Prospekts "der FDP übrigens für diesen Brief keine Kosten". Vollends neu ist diese Art von Sponsoring nicht: Bereits vor einigen Jahren verschickten etwa nordrhein-westfälische Liberale mit der Parteikorrespondenz regelmäßig Imagebroschüren des Siemens-Konzerns. Neu ist allerdings, dass die Freidemokraten auf jedwede Trennung zwischen Partei- und Sponsorenbotschaft verzichten.
FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz hält den Flyer für gänzlich unproblematisch. In einer Zeit, wo die FDP auf jeden Cent achten müsse, sei diese Art von Sponsoring eine gute Möglichkeit, Kosten zu sparen. Dass die FDP in dem Prospekt jegliche Distanz zur Werbebotschaft des Sponsors vermissen lässt, findet Beerfeltz nur logisch, denn "die sind uns ja auch sehr nahe". Gesundheitspolitisch gingen die Positionen von DKV und FDP "nahtlos ineinander über".
Westerwelles Einkaufschip?
Negatives über private Krankenversicherungen findet sich in dem liberalen Werbeflyer erwartungsgemäß nicht. Vor allem Parteifreunden, die sich um steigende Beitragssätze sorgten, sei ein Wechsel zur DKV zu empfehlen: "Private Krankenversicherungen zeigen schon lange, dass eine anspruchsvolle medizinische Versorgung und langfristig bezahlbare Beiträge miteinander vereinbar sind." Dass es im vergangenen Jahr vor allem die privaten Krankenversicherer waren, die ihre Beiträge teils drastisch erhöhten, verschweigt die FDP ihren Mitgliedern.
Das letzte Mal, als sich ein FDP-Politiker so offensiv für ein Produkt einsetzte, kostete ihn das sein Amt. Der verstorbene Jürgen Möllemann machte 1993 als Bundeswirtschaftsminister Werbung für einen Einkaufschip, den sein Schwager vertrieb - auf amtlichem Briefpapier.
DKV-Sprecher Joachim Ochs sagte auf Anfrage, das Flugblatt sei Teil einer größeren Marketingaktion im Rahmen eines bereits seit Jahren bestehenden Gruppenvertrags mit der FDP. Auf dem diesjährigen Dreikönigstreffen habe es einen Stand der Versicherung gegeben, weitere Aktionen seien in Planung. Dass die FDP inzwischen selbst als Werbeträger für die DKV auftritt, erklärt Ochs so: "Die müssen wirklich sehr zufrieden mit uns sein."