PR-Affäre Gersters verständnisvolles Umfeld

In der Affäre um das von Arbeitsamt-Chef Gerster engagierte PR-Unternehmen WMP geraten jetzt auch Abgeordnete des Bundestages in die Schusslinie. Rainer Wend, der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, sah sich gezwungen, sein Aufsichtsrat-Mandat bei der Lobbyfirma niederzulegen.

Hamburg - Wend (SPD) werde die Leitung der Sitzung, bei der sich Gerster am Freitag rechtfertigen soll, an den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Max Straubinger (CSU) delegieren, bestätigte das Sekretariat des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit gegenüber SPIEGEL ONLINE. Ein Sprecher sagte, dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, mit der Wend "jeglichen Verdacht der Befangenheit" ausräumen wolle.

Wends Versuch, sich durch punktuelle Zurückhaltung aus der Affäre zu ziehen, war nicht von Erfolg gekrönt. Aufgrund des zunehmenden öffentlichen Drucks musste der SPD-Mann am Dienstagnachmittag sein Mandat bei WMP niederlegen.

Dass ausgerechnet Wend sich von einer Lobbyistengruppe aushalten ließ, ruft in Berlin Kopfschütteln hervor. Der Rechtsanwalt aus Bielefeld war Mitglied des Parteispenden-Untersuchungsausschusses, der wegen schwarzer Kassen unter anderem gegen den ehemaligen CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl ermittelte. SPD-Mann Wend fiel im Ausschuss seinerzeit dadurch auf, dass er Kohl wegen mutmaßlich erkaufter politischer Entscheidungen besonders hart anging. Wend war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Willkommen in der Filz-Republik

Gleich mehrere Parlamentarier lassen sich ihre Kontakte von WMP vergolden. Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Peter Danckert (SPD), ist wie Wend Mitglied des WMP-Aufsichtsrats. Wesentlicher aktiver als die beiden SPD-Leute ist Günter Rexrodt (FDP). Der Bundestagsabgeordnete ist im Nebenjob Geschäftsführer bei dem PR-Unternehmen, das es sich zum Ziel gesetzt hat "ein informiertes und verständnisvolles Umfeld (zu) schaffen für die Anliegen der Politik, von Verbänden und Unternehmen" (Eigenwerbung). Der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) führt den Aufsichtsratsvorsitz.

Schlagzeilen satt

Für den in Bedrängnis geratenen Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster, hat WMP in den vergangenen Tagen reichlich Öffentlichkeit hergestellt - wenn auch vielleicht nicht so, wie Gerster sich das vorgestellt hatte. Dem BA-Boss wird vorgeworfen, einen recht üppigen Beratungsvertrag an WMP vergeben zu haben. Für 1,32 Millionen Euro sollen WMPs PR-Spezialisten das miese Image der BA aufbessern und eine neue Kommunikationsstrategie für die Mega-Behörde erarbeiten.

Für den größeren Skandal halten es Gersters Kritiker, dass der BA-Chef bei dem WMP-Deal das EU-Kartellvergaberecht ignoriert hat. Dienstleistungsverträge mit einem Volumen von mehr als 200.000 Euro müssen öffentlich ausgeschrieben werden. Nach Darstellung der BA konnte wegen gebotener Eile und einer besonderen Eignung WMPs auf das normale Verfahren verzichtet werden. Juristen bezweifeln, dass dies rechtmäßig war.

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