Mit seinem Urteil im Musterprozess um die Praxisgebühr hat das Sozialgericht Düsseldorf die versammelte Ärzteschaft gegen sich aufgebracht. Die Praxisgebühr sei zulässig und dürfe von den Ärzten eingetrieben werden, sagten die Richter. Sie stellten aber gleichzeitig die Verweigerer von Mahn-, Porto- oder Gerichtskosten frei.
Düsseldorf - "Das ist noch schlimmer als wir befürchtet hatten", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Klaus Enderer. "Die Ärzte werden nun vermutlich noch mehr Schwierigkeiten haben, die zehn Euro einzuziehen. Das Urteil liefert geradezu die Einladung, die Gebühr nicht zu bezahlen." Die Ärztevereinigung hatte vergeblich gehofft, den Musterprozess zu verlieren und die Zuständigkeit für das Einzugsverfahren abgesprochen zu bekommen.
Die Hoffung erfüllte sich jedoch nicht. In seinem Urteil empfahl das Gericht Ärzten und Krankenkassen zwar, das Verfahren zum Eintreiben der Gebühren neu zu regeln, denn die bisherige Praxis sei "absurd". Rechtlich sei die Zuständigkeit der Ärzte aber nicht zu beanstanden, befanden die Richter und verurteilten im konkreten Fall einen 48-Jährigen zur Zahlung der zehn Euro. Dieser hatte vergeblich argumentiert, die Gebühr angesichts eines Nettoeinkommens von 1000 Euro nicht aufbringen zu können. Die insgesamt vielfach höheren Mahn- und Gerichtskosten könnten dem Mann aber nicht aufgebürdet werden, befand die 34. Kammer.
Die Ärzteschaft will nun alle Hebel nutzen, um Inkassopflicht auf andere Weise loszuwerden.
Der Bundesmantelvertrag zwischen Ärzten und Krankenkassen sei bereits gekündigt. Wie bei den Zahnärzten sollten die Krankenkassen künftig die ihnen zufließenden Gebühren selbst einziehen. Schon in den Arztpraxen falle Verwaltungsaufwand in Millionenhöhe an, der den Ärzten nicht erstattet werde.
Rund 350.000 Patienten verweigern in Deutschland die Zahlung der zehn Euro. Nach Angaben der KV Nordrhein stehen allein im Rheinland inzwischen 235.000 Euro Praxisgebühren aus. Das Eintreiben dieser Summe koste die KV insgesamt vier Millionen Euro. "Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben", sagte Enderer. Ein Krankenkassen-Vertreter
räumte ein, dass einem recht geringen Betrag ein Mordsaufwand entgegen stehe. Der Zahlungsweg sei aber einwandfrei geregelt.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.