ProSiebenSat1-Übernahme KEK stoppt Springers TV-Pläne
Potsdam - "Die starke Position der ProSiebenSat.1-Gruppe im bundesweiten privaten Fernsehen führt vor allem in Kombination mit der überragenden Stellung der Axel Springer AG im Bereich der Tagespresse zu vorherrschender Meinungsmacht", heißt es in der Mitteilung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Deshalb sei der Zusammenschluss "nicht genehmigungsfähig", erklärte die Medienaufsicht. Springer würde durch eine Fusion einen Meinungseinfluss erhalten, der einem Zuschaueranteil von über 42 Prozent im bundesweiten Fernsehen entspräche.
Springer-Sprecherin Edda Fels zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass der Zusammenschluss noch genehmigt werden könnte und deutete weitere Zugeständnisse des Verlags an. Zwar liege die Entscheidungsbegründung der Kommission noch nicht im Detail vor, erklärte Fels. Das Unternehmen gehe aber weiter davon aus, dass für die KEK eine Freigabe der Übernahme in Betracht käme, wenn entweder ein reichweitenstarker Sender der TV-Kette binnenplural organisiert werde oder ein Sender an einen Dritten verkauft werde.
Genaueres wollte die Springer-Sprecherin nicht sagen. Medienberichten zufolge erwägt der Verlag aber tatsächlich den Verkauf von ProSieben oder Sat.1, der auch vom Bundeskartellamt gefordert wird. Laut "Süddeutscher Zeitung" gab es bereits Gespräche zwischen Springer und der niederländischen SBS Broadcasting. Das Unternehmen betreibt in Europa 16 Free-TV-Sender und über 20 Abo-Sender und erreicht dem Bericht zufolge 100 Millionen Zuschauer. Auch der US-Konzern NBC Universal käme in Frage. NBC betreibt in Deutschland den Spielfilm-Sender Das Vierte.
Alternativ zum Verkauf eines Senders hatte die KEK die Einrichtung eines TV-Beirats für ProSieben oder Sat.1 gefordert. Dieser sollte weit reichende programmliche und wirtschaftliche Befugnisse erhalten. Springer-Chef Mathias Döpfner wollte bisher jedoch lediglich ein Gremium mit Veto- und Kontrollrechten akzeptieren, lehnte aber die Kontrolle von Personal-, Inhalts- und Budgetfragen strikt ab.
KEK-Votum muss nicht letztes Wort sein
Die Zustimmung der KEK ist notwendig für den geplanten Kauf. Das Nein der KEK kann aber von der Direktorenkonferenz aller 15 Landesmedienanstalten mit Drei-Viertel-Mehrheit aufgehoben werden. Am kommenden Freitag will die Konferenz zunächst über den Fall beraten. Springer kann auch gerichtlich gegen das KEK-Votum vorgehen - was die Entscheidung allerdings für Jahre verzögern könnte.
Die heutige Entscheidung der KEK war von Beobachtern erwartet worden. Auch die ebenfalls notwendige Zustimmung das Bundeskartellamt, das nächste Woche entscheidet, gilt unter den bisherigen Bedingungen als ausgeschlossen. Die Behörde hat bereits, die Kompromiss-Vorschläge des Verlags seien nicht geeignet, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen.
Springer hatte sich zuvor bereit erklärt, zahlreiche Zeitschriften zu verkaufen, darunter sämtliche Fernseh- und Familienmagazine. Außerdem hatte Springer lizenzrechtliche Auflagen für die Fernsehsender sowie einen Verkauf der gemeinsam mit Bertelsmann gehaltenen Beteiligungen angeboten.
Sollte der Verlag jetzt allerdings tatsächlich nachgeben und sich von ProSieben oder Sat.1 trennen, könnte das die Ausgangssituation auch für die Entscheidung der Wettbewerbsrechtler nochmal entscheidend verändern. Denn auch die Kartellbehörde hatte erklärt, der Fusion möglicherweise zuzustimmen, sollte der Verlag einen der Sender abgeben.
Döpfner poltert heftig gegen KEK
Auf dem Neujahrsempfang des Verlags zeigte sich Springer-Chef Döpfner allerdings heute allerdings alles andere als versöhnlich. Stattdessen übte er harsche Kritik am Vorgehen der Medienaufsicht und der Wettbewerbsbehörde. Plötzlich seien "auf höchst kreative Weise" Zeitungswerbemärkte neu definiert und "selbst weitestgehende Verkaufsvorschläge von uns" nur wenigen Stunden nach Einreichung abgelehnt worden, schimpfte der Springer-Chef.
"Übersehen werden dabei die globalen Verschiebungen des Medienwettbewerbs in die digitalen Vertriebsmärkte - so als sei das eine Art Fieberwahn wildgewordener New-Economy-Yuppies." Die KEK habe ein Kontrollgremium vorgeschlagen, gegen das "die DDR wie ein liberales Wirtschaftsparadies" wirke.
Axel Springer habe seit den 60er Jahren versucht, sich im TV-Geschäft zu engagieren, weil er die Verbindung von Print und elektronischen Medien als zukunftsweisend angesehen habe, erklärte der Vorstandschef weiter. Banken und Aktionäre von ProSiebenSat.1 sowie der Axel Springer AG seien von dem Deal "begeistert" gewesen, die Gewinne beider Unternehmen seien schon 2005 deutlich höher ausgefallen als erwartet. "Alles in allem also ein runder Deal", betonte er.
Sollte Springer die Fernsehkette nun tatsächlich nicht kaufen dürfen, "dann werden wir auch das sportlich nehmen", erklärte Döpfner schließlich. Springer werde dann sein Glück in digitalen Märkten und im Ausland suchen.