Reaktorbauer Siemens will aus Atomkraft-Unternehmen aussteigen
München/Paris - Siemens will keine Atomkraftwerke mehr mit dem französischen Areva-Konzern bauen: Das Münchner Unternehmen werde seinen Anteil von 34 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen Areva NP an das französische Staatsunternehmen verkaufen, berichtete die Wirtschaftszeitung "Les Echos" am Freitag. Entsprechende Gespräche wurden in Branchenkreisen bestätigt. Ein Siemens-Sprecher sagte, der Aufsichtsrat werde am Montag über die Areva-Beteiligung beraten.

Areva-Atomkraftwerk: Weltweit führender Hersteller
Foto: APDas deutsch-französische Gemeinschaftsunternehmen wurde 2001 gegründet und gehört mit 17.300 Mitarbeitern zu den weltweit führenden Herstellern von Atomkraftwerken. Im finnischen Olkiluoto baut Areva NP derzeit einen Druckwasserreaktor des neuen Typs EPR. Der Wert der Siemens-Beteiligung soll 2,1 Milliarden Euro betragen. In Erlangen, Offenbach und Karlstein am Main beschäftigt Areva NP rund 4.200 Mitarbeiter.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sollen "Les Echos" zufolge bereits am Dienstag telefonisch über den Ausstieg von Siemens gesprochen haben.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte in Berlin: "Der Sachverhalt betrifft ja unternehmerische Entscheidungen und Fragen und kann von mir nicht kommentiert werden." Siemens und der Areva-Vorgänger Framatome räumten sich bei der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eine gegenseitige Ausstiegsoption ab Januar 2009 ein. Als Minderheitseigentümer hat Siemens keine unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten bei Areva NP. In Frankreich wird über die Schaffung eines nationalen Energiechampions unter Einschluss von Areva diskutiert.
Aus der Kernenergie will sich Siemens offenbar nicht vollständig zurückziehen: Wie das "Handelsblatt" aus Kreisen erfahren hat, wird der Konzern weiter in der Sparte engagiert bleiben Siemens wird sicher nicht aus dem Markt aussteigen", sagte ein Insider. Der Konzern sehe sich nach dem Bruch nach neuen Partnerschaften um. Auch Übernahmen seien nicht ausgeschlossen, hieß es. Ein Siemens-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.
Siemens erwägt Kurzarbeit
Unterdessen macht die Wirtschaftsflaute auch Siemens zu schaffen: Das Unternehmen erwägt an drei seiner mehr als 100 Standorte in Deutschland die Einführung von Kurzarbeit. Dort sei man in ersten Gesprächen mit den Betriebsräten, sagte Personalvorstand Siegfried Russwurm dem "Münchner Merkur". Zunächst setze man aber auf Maßnahmen, bei denen die Mitarbeiter keine finanziellen Nachteile hätten, etwa den Abbau von Überstunden. "Erst wenn dies nicht mehr ausreichen sollte, werden wir andere Maßnahmen wie eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung oder Kurzarbeit einsetzen", wird Russwurm zitiert.