Rekordkurs Devisenhändler erwarten weiteren Euro-Anstieg
Frankfurt am Main - Der Euro kletterte trotz der besser als erwartet ausgefallenen US-Außenhandelsbilanz bis auf 1,3005 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit seiner Einführung am 1. Januar 1999. Damit wurde die erst am Montag erreichte Rekordmarke von 1,2986 Dollar übertroffen. Anschließend gab der Kurs wieder nach und kostete am Nachmittag 1,2912 Dollar. Der Dollar kostete damit 0,7706 Euro.
"Die Zahlen zur US-Handelsbilanz haben eigentlich gegen einen Euro-Anstieg gesprochen", sagte Volkswirt Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank . "Der Markt wollte die 1,30-Dollar-Marke aber fallen sehen." Bereits am Morgen sei der Euro stark nachgefragt worden, sagte der Leiter des Helaba-Devisenhandels, Michael Burckhart. "Wir waren schon so knapp an den 1,30 Dollar dran, dass der Markt diese Marke nun auch knacken wollte." Ähnlich äußerte sich Devisenexperte Armin Mekelburg von der HypoVereinsbank : "Der Handel wollte die 1,30 Dollar sehen." Die Daten rechtfertigten aber ein dauerhaftes Überschreiten der 1,30-Dollar-Schwelle nicht.
Das Defizit in der US-Handelsbilanz fiel im September mit 51,6 Milliarden Dollar geringer als erwartet aus. Volkswirte hatten mit 53,8 Milliarden Dollar gerechnet. Gleichzeitig wurde der August-Wert von 54 auf 53,5 Milliarden Dollar nach unten revidiert. Da die USA mehr konsumieren, als sie produzieren, muss diese Lücke mit fremden Geld geschlossen werde. Nachdem die ausländischen Kapitalzuflüsse zuletzt auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2003 fielen und das Außenhandelsdefizit seit Monaten nahe seines Rekordhochs von 55 Milliarden Dollar verharrt, stieg der Euro in den vergangenen Wochen kontinuierlich.
Experten erwarten eine weitere Euro-Aufwertung. "Wenn die USA ihre Defizite nicht angehen, wird der Euro weiter klettern", sagte Burckhart, der in den kommenden Monaten ein Niveau von 1,33 bis 1,35 Dollar für möglich hält. Bielmeier rechnet in den kommenden sechs Monaten mit 1,32 Dollar.
Weder die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA noch die verbalen Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) haben den Euro-Kursanstieg bislang verhindern können. Die US-Notenbank wird am Abend (20.15 Uhr) ihren Leitzins voraussichtlich auf zwei Prozent und damit exakt auf das EZB-Niveau anheben. Die Mehrheit der Volkswirte geht davon aus, dass das Zinsniveau in den USA spätestens Anfang 2005 über das EZB-Niveau steigen wird. Höhere Zinsen machen Dollar-Anlagen attraktiver und stützen damit den Greenback. Wegen der schwachen Konjunktur dürfte die EZB ihren Leitzins in den ersten Monaten 2005 stabil halten.
Die teure Gemeinschaftswährung ist Gift für die Konjunktur in den Euroländern, da sie die Exporte in den Dollarraum verteuert und die Nachfrage dämpft. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte deshalb am Montag vor den Risiken eines starken Euro gewarnt und die jüngsten Wechselkursbewegungen als "brutal" bezeichnet, den Höhenflug der Währung damit aber nur vorübergehend gebremst.