Rekordstrafe Chinesisches Gericht verurteilt Schneider-Konzern wegen Patentverletzung
London Im dem Fall, über den die "Financial Times" (FT) berichtet, ging es um einen kleinen elektronischen Baustein, eine Art Miniatur-Sicherung, die der in Wenzhou ansässige Elektronik-Hersteller Chint 1999 patentrechtlich hatte schützen lassen. Der Rechtsvertreter von Schneider argumentierte dagegen, dass die Franzosen die Technologie bereits seit den frühen neunziger Jahren nutzen, als von dem Patent Chints noch keine Rede war.
Die Richter ließen sich von der Argumentation jedoch nicht überzeugen. Sie legten bei der Bemessung des Schadensersatzes den Gewinn zu Grunde, den Schneider zwischen 2004 und 2006 mit dem Verkauf der Sicherungen erzielt hatte und kamen danach auf umgerechnet 44,6 Millionen Dollar.
Die Summe stellt einen neuen Rekord dar. Denn noch nie zuvor hat ein chinesisches Gericht eine derart hohe Strafe wegen einer Patentrechtsverletzung verhängt. "Dieser Fall könnte darauf hinweisen, dass sich die Rechtsprechung in China allmählich ändert", analysiert Larry Sussman, Partner der Pekinger Kanzlei O'Melveny & Mayers, in der "FT" das Urteil.
Bemerkenswert ist allerdings, dass das Gericht die Rekordsumme ausgerechnet in einem der wenigen Fälle verhängt hat, in dem ein ausländisches Unternehmen auf der Anklagebank saß. Noch richtet sich nämlich die überwiegende Mehrzahl der Klagen wegen Diebstahls von geistigem Eigentum gegen chinesische Firmen. Und in aller Regel hat das verhängte Strafmaß eher symbolischen Umfang. Die umgerechnet 1,1 Millionen Dollar, die der chinesische Motorradhersteller Zhejang Huatian im vergangenen Monat an den japanischen Konkurrenten Yamaha bezahlen musste, weil er dessen Markenrechte verletzt hatte, stellen bislang die schärfste Verurteilung dar.
Auch in anderer Hinsicht hegen Juristen den Verdacht, dass das Gericht im Fall Schneider zweierlei Maß angelegt hat. Denn der Einwand der Schneider-Anwälte, die Technologie bereits lange vor der Patentanmeldung genutzt zu haben, fand keinerlei Beachtung. "Die Tatsache, dass das Gericht in der Heimatstadt des klagenden Chint-Konzerns beheimatet ist, könnte durchaus Einfluss auf das Urteil gehabt haben", zitiert die "FT" einen Anwalt.
Denkbar ist aber auch, dass das Urteil formalrechtlich sogar in Ordnung geht. Denn europäische und amerikanische Unternehmen verheddern sich durchaus nicht selten in den Fallstricken des chinesischen Patentrechts. Wer seine Erfindungen nach chinesischen Maßstäben nicht ordnungsgemäß anmeldet, erhält in China in der Folge auch keinen Rechtsschutz. Das geht sogar so weit, dass der eigene Markenname von dem Schutz nicht erfasst ist, wenn nicht auch die chinesischen Schriftzeichen eingetragen sind.
Umgekehrt durchforsten die chinesischen Konkurrenten sehr akribisch die Patentlisten und lassen alles schützen, was frei zugänglich ist, egal ob es aus der eigenen Entwicklungsabteilung stammt oder nicht und gehen dann aggressiv gegen die ursprünglichen Erfinder vor.
mik