
Mehr Rentner in der Schuldenfalle So kommen Sie im Alter besser mit Ihrem Geld aus

Rentner in Köln
Foto: imago images / Future ImageDie Zahl klingt schockierend: Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der überschuldeten Rentner ab 70 Jahre um 45 Prozent zu. Das hat Creditreform für seinen Schuldneratlas 2019 ermittelt. Auch bei den 60- bis 69-Jährigen ist die Zahl der Haushalte mit finanziellen Problemen um mehr als 15 Prozent gestiegen. Zusammen sind es inzwischen gut eine Million Menschen über 60 Jahre, die in Schulden versinken.
Zwar sei der Anteil überschuldeter Personen unter Rentnern immer noch niedriger als unter jungen Leuten, heißt es in der Creditreform-Studie. Aber der Trend ist bei Senioren viel schlechter: In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der überschuldeten Rentner verdreifacht. Bei jüngeren Leuten ging die Zahl der überschuldeten Haushalte dagegen deutlich zurück.
Was die Schuldenforscher in der Studie besonders beschäftigt: Die Ausweglosigkeit überschuldeter Rentnerinnen und Renter. Sie können Ihr Einkommen nicht mehr wesentlich verbessern. Deshalb sei es für sie auch doppelt so schwer aus der Schuldenfalle herauszukommen wie bei jungen Leuten. "Mit dem Eintritt in den Ruhestand sinken die Chancen älterer Menschen drastisch, ihre ökonomische Situation zu verbessern", heißt es in der Studie.
Viele Rentner nehmen ihre Ansprüche nicht wahr
Zur Sorge der Armutsforscher passt, dass auch der Teil der Haushalte, bei dem schlicht zu wenig Geld ("Einkommensarmut") Auslöser der Überschuldung ist, in den vergangenen vier Jahren um das Zweieinhalbfache gestiegen ist - auf knapp 9 Prozent der überschuldeten Haushalte. "Ein stabiler Doppeltrend zu Altersarmut und Altersüberschuldung", so schreiben die Experten.
Andere Gründe überwiegen nach wie vor, doch der Klassiker Arbeitslosigkeit ist stark zurückgegangen, auch die Trennung ist nicht mehr ganz so häufig ausschlaggebend. Zugenommen hat Verschuldung wegen gesundheitlicher Probleme, die die Ausübung des Berufs behindern oder unmöglich machten.
Letzter Punkt in der erschreckenden Statistik: Die Forscher sind sich sicher, dass gerade überschuldete Rentnerinnen und Rentner die bestehenden Hilfsangebote nur unzureichend wahrnehmen. Sie schämten sich oft oder beherrschten den Umgang mit den öffentlichen Fleischtöpfen nicht. Das gelte sowohl für die angebotenen Hilfen zum Lebensunterhalt (Grundsicherung ) als auch zum Beispiel für das Wohngeld.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat kürzlich ausgerechnet, . Beim Wohngeld sagen selbst Experten, dass bis zu zwei Drittel der Berechtigten das Geld vom Amt nicht abholen.
Die prekäre Situation ist Anlass genug, auf einige einfache Schritte zu verweisen, die zumindest ein wenig Entlastung für Seniorenhaushalte versprechen:
- Stromanbieterwechsel: Jeder dritte Haushalte hat noch nie den Anbieter gewechselt und bezieht seinen Strom im Basistarif der Grundversorgung, darunter besonders viele Rentnerhaushalte. Neue Tarife bei günstigen Anbietern würden eine Menge Geld sparen. Für einen Rentnerhaushalt mit 1500 Kilowattstunden Stromverbrauch lassen sich auch ohne Bonusjagd 80 bis 100 Euro im Jahr herausholen .
- Gasanbieterwechsel: Wer seine Heizung selbst betreibt, egal ob Gas oder Öl, sollte den Umgang mit Vergleichsportalen lernen. Beim Gasanbieter lassen sich selbst als Single für die Etagenwohnung schnell 100 Euro im Jahr sparen . 2000 Liter im Heizöltank kosten beim preiswertesten Händler der Region womöglich 160 Euro weniger als beim teuersten.
- Handytarife: Ältere Menschen sind oft treue Kunden. Gerade bei den Handytarifen bezahlen Sie das teuer. Verträge, die vor mehr als zwei Jahren abgeschlossen worden sind, kosten für die gleiche Leistung deutlich mehr . Dasselbe gilt für Festnetz, Internet und Fernsehen. Von der unsäglichen Praxis mancher Anbieter, gerade älteren Leute teure, überflüssige Verträge aufzuschwätzen, mal ganz abgesehen .
- Miete: Ältere Menschen wohnen oft nicht teuer - auch wenn sie keine Immobilienbesitzer sind. Sie haben in der Regel einen langfristigen Mietvertrag, die Kosten der Miete sind oftmals durch Mietspiegel einigermaßen sinnvoll begrenzt. Und doch gibt es Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften, die nicht legale Erhöhungen versuchen. Hinzu kommt, dass ältere Leute oft angebotene Hilfen nicht abrufen. Bei der Grundsicherung, weil sie befürchten vom Amt in eine kleinere (und oft trotzdem nicht preiswertere) Wohnung gedrängt zu werden. Hier gibt es tatsächlich Obergrenzen für Wohnungsgrößen. Beim Wohngeld, weil sie sich durch den Formularwust überfordert fühlen und außerdem oft nicht wissen, dass es für das Wohngeld eine solche Flächenbegrenzung gar nicht gibt. Niemand muss wegen des Wohngelds in eine kleinere Wohnung ziehen. Wohngeld gibt es als Lastenzuschuss sogar für Menschen, die im eigenen Haus leben . An den Formularen aber scheitern selbst anerkannte Experten. Doch Caritas, Diakonie oder Arbeiterwohlfahrt helfen beim Ausfüllen. Eigentlich auch die Bürgerämter.
- Krankenkasse: Ältere Menschen sind oft mehr noch als Jüngere auf eine gut funktionierende Krankenkasse angewiesen. Aber nicht jeder war im Erwerbsleben lange genug in der gesetzlichen Krankenkasse, um pflichtversichert im Alter besonders wenig Beiträge zu zahlen. Und mancher, der in der Krankenversicherung der Rentner eine Menge Beiträge sparen könnte, nimmt diese Möglichkeit aktuell nicht wahr. Eigene und adoptierte Kinder verhelfen auch Rentnern nachträglich zu genug Beitragsjahren - und damit zur Pflichtversicherung .
- KFZ-Versicherung: Wer als Rentner ein eigenes Auto fährt, zahlt auch bei der Versicherung drauf. 75-Jährige, die genauso lang unfallfrei sind wie 55-Jährige und denselben Wagentyp in derselben Stadt ähnlich oft benutzen, zahlen im Schnitt 50 Prozent mehr für die Autoversicherung. Vergleichen auf Kfz-Portalen hilft. Manchmal ist es sinnvoller, wenn die eigenen Kinder Halter und Versicherer des Fahrzeugs werden und der Senior künftig als Zweitfahrer vom günstigeren Tarif profitiert .
- Girokonto: Viele Banken haben leider gerade die Senioren als jene Kunden entdeckt, bei denen sie einfach Gebühren erhöhen können. Ältere Leute wehren sich oft nicht, und Onlinebanking scheuen sie häufig auch. Das teuerste Servicekonto für mehr als 10 Euro im Monat für nicht online-affine Kunden kommt den Banken gerade recht .