Habeck verteidigt LNG-Terminal »Not abzuwehren hat absolute politische Priorität«

Klimaminister Habeck sieht keine Alternative zu Flüssiggasterminals. Sie seien notwendig, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Warum die Energiepreise auf hohem Niveau verharren.
Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck

Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck

Foto: Lisi Niesner / REUTERS

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht die Eröffnung des ersten deutschen Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven als Meilenstein zur Überwindung der Energiekrise. »Dass das neue Importterminal in Wilhelmshaven startet, ist ein ganz entscheidender Schritt für die Versorgungssicherheit in Deutschland«, sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Jetzt folgen schon rasch weitere Terminals in Brunsbüttel und Lubmin, ebenfalls noch für diesen Winter.«

Auch in den ARD-»Tagesthemen«  hatte Habeck am Freitagabend das Projekt gegen Bedenken von Umweltschützern verteidigt. Das Terminal sei ein Puzzlestück, aber ein wichtiges und ein Anfang, sagte er. Alles werde so gebaut, dass die Klimaziele erreicht würden, und der Gasverbrauch werde perspektivisch auch reduziert.

Ohne diese Terminals hätte Deutschland in eine Gasmangellage hineinrutschen können. »Wir agieren hier unter höchstem Druck, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten«, sagte Habeck.

Das LNG-Terminal wird am Samstagvormittag im Beisein von Habeck, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) eröffnet. Über das Terminal sollen jährlich rund sechs Prozent des deutschen Gasbedarfs ins Netz eingespeist werden.

Die Alternative, so Habeck, wäre eine Gasmangellage gewesen mit der Folge, dass die deutsche Wirtschaft und die Unterstützung der Gesellschaft für die Ukraine zusammenbrechen würden. Diese Not abzuwehren habe absolute politische Priorität.

DER SPIEGEL

Habeck rief weiter zu Sparsamkeit beim Gasverbrauch auf. Deutschland sei »insgesamt gut vorangekommen. Aber natürlich sind wir noch nicht durch«, sagte er. »Es bleibt wichtig, sorgsam mit dem knappen Gut Gas umzugehen, auch wenn es kalt ist.«

Umwelthilfe will rechtlich gegen Terminal vorgehen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat unterdessen rechtliche Schritte gegen das LNG-Terminal in Wilhelmshaven angekündigt. Für die »schnelle und medienwirksame Eröffnung des ersten deutschen LNG-Terminals« sei eine bisher »einzigartige Einschränkung von Beteiligungs- und Umweltrechten in Kauf genommen« worden, hieß es von den Umweltschützern.

Die DUH stört sich unter anderem an der unbefristeten Betriebsgenehmigung des Terminals durch die niedersächsischen Behörden, obwohl zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits der deutsche Ausstieg aus Erdgas bereits geplant werden müsse. Außerdem drohten »massive Überkapazitäten« und damit ein Überschreiten der zulässigen CO₂-Emissionen des Energiesektors. Nicht zuletzt sei die Einleitung großer Mengen Biozid erlaubt worden, das gehöre aber verboten.

All das werde die DUH »notfalls auch mit rechtlichen Mitteln durchsetzen«, hieß es. Für alle weiteren Projekte sei zudem eine Denkpause nötig, forderten die Umweltschützer. »Bevor weitergebaut wird, müssen alle Projekte auf ihre Klimafolgen überprüft und ein Gesamtkonzept von der Bundesregierung vorgelegt werden, bei dem die Einhaltung der Klimaziele sichergestellt ist.«

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Habeck wies die Vorwürfe entschieden zurück. »Mit den jetzt fest eingeplanten schwimmenden Terminals nähern wir uns im nächsten Winter 23/24 den bisherigen russischen Gasmengen an, erreichen diese aber noch nicht«, sagte er. »Das ist keine Überkapazität, sondern nötig, erst recht wenn man unsere europäischen Nachbarn mitdenkt. Und das müssen wir.«

Außerdem werde bei der Leitungsinfrastruktur der Umstieg auf Wasserstoff mitgeplant, betonte Habeck. Insofern sei der Vorwurf »falsch«.

Der Minister verteidigte auch die Kostensteigerungen bei den Flüssiggasterminals. »Wir bauen mit den LNG-Terminals eine komplett neue Infrastruktur in Deutschland auf. Diese Terminals sind nicht nur für Deutschland wichtig, sondern auch für die Versorgungssicherheit in Europa«, sagte er.

»Und wir verbessern die Leitungsinfrastruktur«, fügte der Grünenpolitiker hinzu. »Das ist gut investiertes Geld, denn durch diese neuen oder verstärkten Leitungen können später auch Wasserstoffderivate und Wasserstoff transportiert werden. Und den Kosten werden mit der Inbetriebnahme Schritt für Schritt auch Einnahmen gegenüberstehen.«

»Wird noch dauern, bis Energiepreise sinken«

Habeck dämpfte dennoch Hoffnungen auf rasch sinkende Energiepreise. Mitten in der Krise Ersatz am Weltmarkt zu beschaffen, sei teuer. Und es werde auch noch eine Weile dauern, bis die Preise wieder sänken, wenn auch nicht auf das Niveau wie 2021, sagte er.

»Aber erstens dämpfen wir die extremen Preisanstiege für Bürgerinnen und Bürger mit den Preisbremsen und weiteren Hilfen wie Heizkostenzuschüssen und Wohngeld«, betonte der Wirtschaftsminister. »Zweitens arbeiten wir uns aus der Krise heraus und lösen die Probleme hinter den hohen Preisen Schritt für Schritt.«

kry/AFP
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