Zypern Zwangsabgabe nützt Putins Anti-Schwarzgeld-Kampagne
Europas Rettungsplan für Zypern kostet russische Bürger bis zu vier Milliarden Dollar. Moskaus Medien reagieren hysterisch, Oligarchen und Finanzhaie hingegen entspannt. Dem Kreml spielt die Krise sogar in die Karten: Sie hilft Putin, Russlands Schwarzgeld unter Kontrolle zu bekommen.
Das umstrittene Zypern-Paket:
- Die Euro-Staaten haben ein zehn Milliarden Euro schweres Hilfspaket für Zypern beschlossen.
- Der Inselstaat war wegen seiner engen wirtschaftlichen Verflechtung mit Griechenland in Probleme geraten.
- Umstritten an dem Hilfspaket ist die von den Euro-Staaten geforderte Beteiligung der Bankkunden auf Zypern.
- Diese Teilenteignung hat das zyprische Parlament abgelehnt. Nun droht dem Land der Staatsbankrott.
Den dramatischsten Ton aber trifft ausgerechnet die Kreml-nahe "Iswestija". Bis 1991 war die Tageszeitung Sprachrohr des Obersten Sowjets, nun warnt sie vor der vermeintlich "sowjetischen Barbarei" der Europäer, weil die Euro-Zone damit Sparer enteigne wie einst Russlands kommunistische Herrscher.
In Wahrheit könnte Russland mit dem Rettungspaket gut leben
"Die Europäische Union hat die Büchse der Pandora geöffnet", warnt der Oligarch Michail Prochorow in der Wirtschaftszeitung "Kommersant". Brüssel lege die Axt an "das Fundament der westlichen Zivilisation: die Unantastbarkeit des Privateigentums".
Auch Präsident Wladimir Putin ließ verlauten, er halte die Entscheidung der Europäer für "ungerecht, unprofessionell und gefährlich", wie sein Sprecher Dmitrij Peskow sagte.
Doch trotz der zum Teil hysterischen Rhetorik: In Wahrheit könnte Moskau mit dem Rettungsplan für Zypern gut leben, trotz der geplanten Beteiligung von zyprischen Bankkunden (6,75 Prozent von Einlagen bis 100.000 Euro, 9,9 Prozent bei Einlagen darüber).
Das war einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen um eine Zypern-Rettung. Der Bundesnachrichtendienst BND warnte sogar vor Finanzhilfen,von denen indirekt Inhaber russischer Schwarzgeldkonten auf der Mittelmeerinsel profitieren würden. Wie viel Geld russische Anleger insgesamt auf Zypern deponiert haben, ist unklar. Der BND geht von 26 Milliarden Dollar aus, die Rating-Agentur Moody's schätzte die Höhe russischer Einlagen auf 12 Milliarden Dollar. Hinzu kommen 30 bis 40 Milliarden Dollar, die russische Banken an Zyperns Geldhäuser verliehen haben. Russlands voraussichtliche Verluste im Falle einer Staatspleite bezifferte Moody's auf 19 Milliarden Dollar.
"Zwei oder drei Milliarden können wir verkraften"
Der Beitrag russischer Anleger zur geplanten Zypernrettung fällt verglichen damit überschaubar aus. Die russische Forbes-Ausgabe schätzt ihn auf 3,5 Milliarden Dollar. Panik unter Oligarchen und Finanzhaien hat die Nachricht aber nicht ausgelöst. Im Gegenteil, den Verlust von "zwei oder drei Milliarden Dollar" könne Russlands Geschäftswelt leicht verkraften, so Magnat Prochorow.
Dem Kreml spielt die Zypern-Krise ohnehin in die Karten. Krise und Zwangsabgaben erschüttern die Reputation der Insel als sicherer Hafen für Russlands Reiche, und das kommt Moskau gelegen. Wladimir Putin hat ausländischen Steuerparadiesen den Kampf angesagt. "Ent-Offshorisierung" hat er die Kampagne genannt. Putin will russisches Geld aus dem Ausland zurück in die Heimat holen und den Finanzplatz Moskau aufwerten.
Zudem dienen Offshore-Zonen russischen Geschäftsleuten nicht nur als Mittel, um Steuern zu sparen. Sie nutzen sie, um im großen Stil Eigentumsverhältnisse zu verschleiern. So ist bis heute nicht klar, wer den Moskauer Großflughafen Domodedowo tatsächlich kontrolliert. Mehr als 22 Millionen Passagiere werden dort pro Jahr abgefertigt, als Eigentümer aber firmiert eine Briefkastenfirma auf der Isle of Man in der irischen See.
Zyperns Finanzminister Michael Sarris sollte eigentlich am Montag nach Moskau fliegen. Aufgrund des andauernden Tauziehens um das Rettungspaket wurde seine Reise jedoch verschoben. Sarris will in Russland die Konditionen für direkte Hilfen der russischen Regierung aushandeln. Der Kreml hatte Zypern 2012 bereits ein Darlehen von 2,5 Milliarden Euro gewährt. Sarris will eine Laufzeit-Verlängerung erreichen und hofft auf einen weiteren 2,5-Milliarden-Euro-Kredit.
Russlands Finanzminister Anton Siluanow hat Gesprächsbereitschaft signalisiert, fordert aber eine Gegenleistung. Zypern müsse "Maßnahmen ergreifen, um Informationen über die Arbeit unserer Firmen offenzulegen" - und die Namen der Geschäftsleute, die dahinter stehen.