Bericht des »Kommersant« Großteil der Mitarbeiter bei russischen Fluggesellschaften könnte eingezogen werden

Bei russischen Airlines arbeiten viele Ex-Offiziere – denen könnte nun die Einberufung bevorstehen, heißt es in einer russischen Zeitung. Demnach werden »schwerwiegende Unstimmigkeiten« in den Rekrutierungsbüros vermutet.
Flugzeug von Aeroflot in Moskau: Die meisten Piloten russischer Fluggesellschaften haben ihre Ausbildung in der militärischen Abteilung einer Flugschule absolviert (Bild von 2020)

Flugzeug von Aeroflot in Moskau: Die meisten Piloten russischer Fluggesellschaften haben ihre Ausbildung in der militärischen Abteilung einer Flugschule absolviert (Bild von 2020)

Foto: MAXIM SHEMETOV / REUTERS

Durch die Teilmobilmachung trifft der russische Angriffskrieg nun große Teile der Bevölkerung – und einem Zeitungsbericht zufolge auch Fluggesellschaften. Brancheninsider bei mehreren Airlines gehen davon aus, dass zwischen 50 und 80 Prozent der Mitarbeiter zum Kriegsdienst eingezogen werden, schrieb die Zeitung »Kommersant«. Die meisten Piloten russischer Fluggesellschaften haben ihre Ausbildung in der militärischen Abteilung einer Flugschule absolviert und sind Offiziere der Reserve. Andere erhalten ihren Einberufungsbefehl, weil die Zeit ihres regulären Wehrdienstes noch nicht lange zurückliegt.

Am Mittwoch hatte Russland Präsident Wladimir Putin eine Teilmobilmachung angeordnet. Daraufhin hätten innerhalb eines Tages die Mitarbeiter von fünf Fluggesellschaften und zehn Flughäfen Einberufsbescheide erhalten, heißt es in dem Bericht. Die größte Fluglinie Aeroflot erwarte demnach, dass mehr als die Hälfte ihres Personals »potenziell« von der Einberufung betroffen sein könnte. Das Unternehmen selbst wollte sich offiziell dazu nicht äußern, auch von anderen Airlines gab es keine Stellungnahme, so der »Kommersant«.

Auch IT-Spezialisten und Techniker könnten eingezogen werden

Die größte Sorge ist die mögliche Mobilisierung nicht nur von Besatzungen, sondern auch von Technikern, IT-Spezialisten und kaufmännischem Personal, sagten Manager der Zeitung, heißt es in dem Bericht. Mehrere Fluggesellschaften würden demnach Anträge auf Befreiung für das Personal formulieren. Diese Listen müssten von der Rekrutierungsstelle in der jeweiligen Region genehmigt werden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf eine Quelle. Ob die entsprechenden Listen an das Verkehrsministerium, das Verteidigungsministerium oder die regionalen Behörden übermittelt werden müssten, könnten die Anwälte der Unternehmen derzeit noch nicht sagen, heißt es weiter.

Trotzdem hätten zwei Fluggesellschaften bereits solche Listen zusammengestellt und an die lokale Verwaltung bzw. an das regionale Verkehrsministerium übermittelt, schreibt der »Kommersant«: Bei der ersten Fluggesellschaft seien Piloten und Ingenieure in die Liste aufgenommen, bei der zweiten auch IT-Spezialisten. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Auf den russischen Flughäfen gibt es bereits Listen von Mitarbeitern, die vom Wehrdienst befreit sind, da es sich um kontinuierlich arbeitende Unternehmen handelt, schreibt der »Kommersant« unter Berufung auf die Quelle. Die Arbeiten zur Erweiterung der »quantitativen und offiziellen Zusammensetzung« der Listen hätte lange vor der »Sonderaktion«, wie der Angriffskrieg in Russland offiziell genannt werden soll, begonnen, heißt es in dem Bericht, sie seien jedoch nicht abgeschlossen worden. Infolgedessen würden Flughafenmitarbeiter im ganzen Land Vorladungen erhalten, heißt es von der Quelle im »Kommersant«, auch von der Einberufung befreite Personen. Für die Quelle deutet das auf »schwerwiegende Unstimmigkeiten in der Arbeit der militärischen Melde- und Rekrutierungsbüros« hin, die dazu führen würde, dass einige Personen befürchten würden, eine Vorladung zu erhalten, »die nicht den üblichen Verfahren entspricht«.

Die Teilmobilmachung wird als Ausdruck des Drucks gesehen, unter dem der Kremlchef gerade steht. Jetzt kommt der Krieg wohl endgültig in der russischen Gesellschaft an – mit großen Risiken für Putin. Lesen Sie hier  mehr dazu.

ani/dpa
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