EU-Fluggastrechteverordnung
Ryanair muss Entschädigungen auch bei Streik zahlen
Das Landgericht Frankfurt hält Flugausfälle in Folge eines Arbeitskampfes nicht automatisch für einen außergewöhnlichen Umstand. Hat die Fluglinie nicht alles versucht, den Flug doch stattfinden zu lassen, muss sie Zahlungen leisten.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat geurteilt, dass Passagieren bei einem Flugausfall aufgrund eines Pilotenstreiks eine Entschädigung nach EU-Fluggastrechteverordnung zusteht. Voraussetzung dafür sei, dass die Fluggesellschaft nachweisbar nicht alles Zumutbare unternommen hat, um die Streichung des Fluges zu verhindern. Hintergrund des Urteils (Aktenzeichen 2-24 O 117/18) ist die Klage eines Flugastrechteportals gegen die irische Billiglinie Ryanair aus dem Jahr 2018.
In jenem Sommer eskalierte ein Streit zwischen Piloten und deren Arbeitgeber Ryanair – ein Streik war die Folge. Tausende Passagiere strandeten. Zwar zahlte die Airline Passagieren Geld zurück oder buchte sie um. Doch die Billigfluglinie wollte keine Entschädigung bezahlen, die nach EU-Fluggastrechteverordnung gestrandete Fluggäste einfordern können. Die Begründung von Ryanair: Dieser Streik sei ein außergewöhnlicher Umstand und falle somit nicht unter die EU-Regeln. Das Fluggastrechteportal Flightright klagte für nach eigenen Angaben einige hundert betroffene Ryanair-Passagiere vor mehreren Gerichten, darunter in Frankfurt am Main.
Die Frankfurter Richter kamen nun laut Flightright zu dem Schluss, dass Ryanair im vorliegenden Fall nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um Flugausfälle zu verhindern. So habe Ryanair etwa nicht versucht, Flugzeuge anderer Anbieter inklusive Crew zu chartern, um den ursprünglichen Flugplan einzuhalten. Vor diesem Hintergrund urteilte das Gericht, dass der Pilotenstreik nicht als außergewöhnlicher Umstand zu werten sei. Die Airline müsse daher Entschädigungen zahlen.
"Konsequenzen, wenn Airlines die Kunden im Regen stehen lassen"
Ryanair teilt auf SPIEGEL-Anfrage mit: "Wir kommentieren keine laufenden rechtlichen Angelegenheiten.“ Man werde die schriftliche Entscheidung des Gerichts überprüfen. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig, es kann Berufung dagegen eingelegt werden. Bereits vor dem Amtsgericht Hamburg hatte Ryanair Ansprüche aus Streik-Fällen im Mai 2019 anerkannt, so Flightright.
Oskar de Felice, Rechtsexperte bei dem Fluggastrechteportal kommentiert die Entscheidung so: “Mit dem Urteil zeigen die Richter deutlich, dass es Konsequenzen gibt, wenn Airlines die eigenen Kunden im Regen stehen lassen - auch wenn ein Streik als Entschuldigung herhalten soll.” 2018 warf de Felice dem Unternehmen vor, Ryanair habe durch "jahrelanges Lohndumping und Salamitaktik bei Gesprächen mit den Gewerkschaften einen solchen Streik heraufbeschworen”.