S.P.O.N. - Die Spur des Geldes Jetzt hilft nur der Staatsbankrott

Das Parlament in Nikosia hat mit seinem Nein zur Enteignung von Bankkunden das Schlimmste verhindert. Der miese Trick der EU-Partner ist zunächst gescheitert. Warum die Staatspleite jetzt nicht das Schlimmste wäre.
Proteste vor dem zyprischen Parlament: Eine Insel vor der Pleite

Proteste vor dem zyprischen Parlament: Eine Insel vor der Pleite

Foto: Petros Giannakouris/ AP/dpa

Angela Merkel und Wolfgang Schäuble waren die Drahtzieher eines finanzpolitischen Attentats auf die zyprischen Sparkonten. Ich finde es erstaunlich, wie brav die deutschen Oppositionsparteien diesen von der Bundesregierung initiierten Beinahe-Super-GAU kommentieren. Erst als das Haus brannte, meldeten sie sich höflichst zu Wort. So konnte Wolfgang Schäuble völlig ungestört in den deutschen Medien die Ausrede wiederholen, das sei alles die Schuld des zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades. Die Zyprer hätten schließlich die Heranziehung der Vermögen der Kleinsparer befürwortet. Doch es war Schäubles Ministerium, das die Vermögensabgabe überhaupt ins Spiel brachte.

Die Beteiligung der Kleinsparer ergab sich dann als Konsequenz des deutschen Vorschlags gepaart mit den Zwängen zyprischer Innenpolitik. Der spanische Ökonom José Carlos Diaz kommentierte das mit dem Satz, in Europa gebe es kein Zeichen intelligenten Lebens.

Zypern steuert jetzt auf einen Staatsbankrott zu - es sei denn, irgendeiner der Beteiligten gibt nach. Ein Bankrott mit Euro-Austritt ist keineswegs das schlimmste Szenario. Das schlimmste ist, wenn man Deutschland und Zypern in einer Währungsunion zusammenleben lässt, die beide Länder nicht wirklich mittragen.

Zypern verbittet sich eine Einmischung in interne Angelegenheiten

Die Zypern-Krise ist das klassische Beispiel, warum eine Währungsunion eine zentrale Bankenunion zwingend erfordert. Damit meine ich nicht die Bankenaufsicht, die man jetzt in Frankfurt zentralisiert, sondern eine zentrale Bankenabwicklung und Einlagensicherung. In einer echten Währungsunion käme nicht Wladimir Putin zu Hilfe, wenn er denn überhaupt kommt, sondern die Damen und Herren von der Bankenaufsicht.

Sie würden bei Nacht und Nebel einmarschieren, ausgestattet mit voller exekutiver Gewalt. Sie würden die Banken übernehmen, den Kuckuck auf die Tür kleben und die Kleinsparer bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungsobergrenze auszahlen. Alles andere, was an Vermögen noch da ist, würden sie kassieren - erst die Aktien, dann die nachrangigen festverzinslichten Wertpapiere, dann die vorrangigen und schließlich die Sparkonten oberhalb der Einlagensicherungsgrenze.

Die beträgt in Zypern 100.000 Euro. Ich finde, man sollte diese Grenze auf 50.000 Euro reduzieren, aber das geht natürlich nicht nachträglich. Damit wären die meisten Probleme gelöst.

Das Problem in Europa ist, dass Deutschland nicht hinter der Bankenunion steht und Zypern sich eine Einmischung in interne Angelegenheiten verbittet. Damit ist für mich das Problem jetzt nicht mehr lösbar, zumindest nicht innerhalb einer Währungsunion.

Die zyprischen Banken brauchen Kapital, keinen Kredit

Selbst ein weiterer Kredit von Russland würde nicht helfen, da Zypern unter der Gesamtschuldenlast erdrückt würde. Die zyprischen Banken brauchen Kapital, keinen Kredit. Wenn man die Abgabe für höhere Sparguthaben ablehnt, dann sehe ich nicht, wo das Geld herkommen sollte. Es sei denn, die Russen betrachten einen Zypern-Zuschuss als eine strategisch-militärische Investition, die ihr erlaubt, mitten im Euro-Raum eine Militärbasis zu unterhalten. Denjenigen, die das als Lösung ins Auge fassen, wünsche ich viel Spaß.

Realistischer wäre es dann doch, sich langsam mit der Idee eines Staatsbankrotts anzufreunden. Ohne eine gemeinsame Einlagensicherung und eine gemeinsame Bankenabwicklung kann der Euro langfristig nicht zusammengehalten werden. Aus der desolaten Lage in Zypern, Griechenland, Spanien und Portugal gibt es kein Entrinnen. Diese Länder sind alle zu schwach, um ihren Bankensektor zu sanieren. Die europäischen Rettungsschirme helfen ihnen nicht. Die dafür vorgesehenen Budgets sind zu klein.

In Deutschland ist die Zypern-Krise der ideale Nährboden für die neue Anti-Euro-Partei "Alternative für Deutschland". Ich teile deren Positionen nicht - im Gegenteil. Aber die Positionen sind zumindest in sich konsistent. Der von der Partei anvisierte Austritt ist eine konsequente Folge der von Angela Merkel aufgezeichneten Grenzen der Solidarität. Was nicht in sich konsistent ist, ist die Kombination von Merkels Euro-Politik und dem Versprechen, den Euro um jeden Preis zu erhalten.

An Zypern wird der Euro-Raum nicht zerbrechen. Dazu ist Zypern zu klein. Aber Zypern zeigt uns, wie er zerbrechen wird.

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