Schlechtes Marktumfeld Steinbrück stoppt Bahn-Börsengang wegen Finanzkrise
Berlin - Spekuliert worden war schon länger, jetzt ist es entschieden: Die Deutsche Bahn wird nicht am 27. Oktober an die Börse gehen. Das Bundesfinanzministerium und die Bahn bestätigten am Donnerstag entsprechende Informationen aus Kreisen im Umfeld des Unternehmens. "Wir werden das Vermögen des Bundes nicht zur Unzeit an den Kapitalmarkt bringen", erklärten Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Bahn-Chef Hartmut Mehdorn in einer Pressemitteilung.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück: "Fairen Preis wahren"
Foto: DPAAngesichts "der extremen Unsicherheiten an den Finanzmärkten und zur Wahrung eines fairen Preises" sei entschieden worden, den Börsengang der Bahntochter DB Mobility Logistics AG "bei einem besserem Marktumfeld vorzunehmen". Sobald das Marktumfeld einen erfolgreichen Börsengang möglich mache, "sind wir startklar. Die Weichen sind gestellt".
In Berlin hatte sich am Donnerstag der Lenkungsausschuss mit Vertretern von Banken, Bahn und Bund getroffen, um über die Teilprivatisierung zu beraten. Das Treffen war bereits lange geplant, denn dort sollte das Gremium ursprünglich über die Preisspanne entscheiden, mit der ab kommenden Montag die Zeichnungsfrist für Privatanleger beginnen sollte.
Der Börsengang an sich stehe aber nicht in Frage, erklärte Steinbrück - allerdings ohne einen neuen Termin zu nennen. Bahnchef Hartmut Mehdorn sprach trotz des schwierigen Marktumfelds von einer positiven Reaktion der Investoren auf das Vorhaben. Man werde aber angesichts der Verunsicherung an den Kapitalmärkten den Zeitplan anpassen.
Der Bund wollte Ende Oktober 24,9 Prozent der Bahn-Transport- und Dienstleistungstöchter verkaufen und damit die Privatisierung des letzten großen deutschen Staatskonzerns umsetzen.
"Bundesregierung hat Notbremsung eingeleitet"
Steinbrück hatte bereits Anfang dieser Woche Zweifel am bisherigen Zeitplan geäußert und einen Plan B in Betracht gezogen. In den vergangenen Tagen waren die Rufe aus der Politik nach einer Verschiebung des Börsengangs lauter geworden. Es hatte sich die Sorge breit gemacht, der Börsengang könnte nicht den erhofften Milliardenerlös einbringen. In Presseberichten hieß es zuletzt, in der Koalition gebe es Überlegungen, zunächst einen kleineren Anteil als bisher geplant an die Börse zu bringen.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte sich einst einen Emissionserlös von bis zu acht Milliarden Euro vorgestellt. Ein Anteil von 24,9 Prozent an der Logistik- und Transporttochter "DB Mobility Logistics" soll verkauft werden. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hatte an dem Zeitplan bislang unbeirrt festgehalten.
Von den Oppositionsparteien wurde die Entscheidung grundsätzlich begrüßt: "Die Bundesregierung hat das rote Signal der Finanzmärkte für einen Bahn-Börsengang im letzten Moment noch gesehen und eine Notbremsung eingeleitet. Das ist gut so", sagte Winfried Hermann, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. "Eine Verschiebung bis November wird nicht reichen. Wir brauchen jetzt einen Neuanfang in der Bahnpolitik mit neuen Ideen und neuen Leuten." Es sei klar, dass es zu einer eigentumsrechtlichen Trennung von Netz und Transport kommen müsse, damit für die Zukunft jeder auch nur mittelbare Einfluss privater Investoren auf die Infrastruktur ausgeschlossen werden könne.
"Regierung und Opposition sind sich in einem Punkt einig: Es muss bei den Verkaufserlösen von fünf bis acht Milliarden Euro bleiben, die der politischen Entscheidung zugrunde gelegt wurden", sagte auch Horst Friedrich, Verkehrsexperte der FDP-Bundestagsfraktion. Man wolle am Ziel der Bahnprivatisierung festhalten. "Aber um die gewünschten Erlöse zu erreichen, muss das Privatisierungsmodell verbessert werden, und es braucht ein besseres Marktumfeld. Für eine Privatisierung ohne Netz wird sich immer eine Mehrheit im Bundestag finden."
sam/Reuters/AP