Schmiergeldaffäre Ehemaliger Siemens-Direktor zu Bewährungsstrafe verurteilt

Das Urteil in der Siemens-Schmiergeldaffäre ist gefällt: Das Landgericht München hat den ehemaligen Direktor Reinhard Siekaczek wegen Untreue zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. Er war einer der zentralen Zeugen für die Aufklärung des Skandals.

München - In der Siemens-Schmiergeldaffäre gibt es eine erste Entscheidung: Das Landgericht München hat den ehemaligen Konzernmanager Reinhard Siekaczek zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 108.000 Euro verurteilt. Da beide Parteien auf Rechtsmittel verzichteten, ist das Urteil rechtskräftig.

Ex-Siemens-Manager Siekaczek (r.) und sein Verteidiger Wolfgang Kreuzer: Wichtigster Zeuge im Siemens-Skandal

Ex-Siemens-Manager Siekaczek (r.) und sein Verteidiger Wolfgang Kreuzer: Wichtigster Zeuge im Siemens-Skandal

Foto: REUTERS

Die Richter folgten mit dem Strafmaß der Staatsanwaltschaft, die mit 180.000 Euro aber eine höhere Geldstrafe gefordert hatte. Siekaczeks Verteidiger hatte ein mildes Urteil gefordert, ohne sich auf ein Strafmaß festzulegen.

Die Anklage "hat sich voll umfänglich bestätigt", sagte der Vorsitzende Richter Peter Noll in der Urteilsbegründung. Die fünfte Strafkammer sah es als erwiesen an, dass Siekaczek in 49 Fällen rund 50 Millionen Euro an Konzerngeldern veruntreut und in schwarze Kassen geleitet hat. Der 57-Jährige, der früher für die Telekommunikationssparte von Siemens tätig war, hatte bereits zu Prozessbeginn ein umfangreiches Geständnis abgelegt.

"Das Geld ist weg"

Siekaczek gilt bei der Aufklärung des Skandals um insgesamt 1,3 Milliarden Euro an Schmiergeldern als Schlüsselfigur. Nach seiner Festnahme Ende 2006 hatte er der Staatsanwaltschaft das System der schwarzen Kassen bei Siemens umfassend erklärt. Auch wegen seiner Mitarbeit fiel die Strafe niedriger aus als möglich.

Siekaczek hatte eingeräumt, schwarze Kassen aufgebaut und Zahlungen über Tarnfirmen und fingierte Beraterverträge veranlasst zu haben. Dabei seien die Summen in einem "undurchdringlichen Firmengeflecht" verschwunden und "dem Zugriff vollständig entzogen" worden, sagt Noll. "Das Geld ist weg", betonte der Richter und verglich das System der schwarzen Kassen und Schmiergeld-Machenschaften mit einem Schwamm.

Zugleich kritisierte Noll, dass mehrere als Zeugen geladene ehemalige Top-Manager die Aussage verweigert hatten. Er hätte es "gut gefunden, wenn die Verantwortlichen auch Verantwortung gezeigt" und ausgesagt hätten. Durch die Aussage des Angeklagten, aber auch durch die Zeugenaussage eines Wirtschaftsprüfers "drängt sich der Verdacht auf", dass der Zentralvorstand gewusst habe, was Siekaczek tat.

Mögliche Anklage gegen Ex-Vorstände

Am Dienstag entscheidet der Siemens-Aufsichtsrat, ob das Unternehmen Schadensersatzklagen gegen ehemalige Zentralvorstände erhebt. Wie der SPIEGEL bereits berichtete, sollen mehrere ehemalige Top-Manager der Jahre 2003 bis 2006 auf Schadensersatz verklagt werden - darunter der einstige Konzernchef Heinrich von Pierer.

Den Ex-Top-Managern werden erhebliche Versäumnisse in der Amtszeit angelastet, die einen der größten Korruptionsfälle in der deutschen Wirtschaft erst möglich gemacht haben sollen. Sie müssen mit Entschädigungsforderungen in Höhe von jeweils mehreren Millionen Euro rechnen.

Die Anwälte der Betroffenen haben jetzt angekündigt, die Klagen nicht widerstandslos hinnehmen zu wollen. Nach SPIEGEL-Informationen sagte der Rechtsbeistand eines betroffenen Ex-Vorstandes: "Wenn die in den Krieg ziehen wollen, dann können sie ihn haben."

suc/Reuters/AFP/ddp

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