Zur Ausgabe
Artikel 44 / 90

Computer Schnelles Baby

Während die Computerbranche stagniert, hat ein junges US-Unternehmen mit Massenspeichern für tragbare PCs beispiellosen Erfolg.
aus DER SPIEGEL 34/1990

Finis Conner, 48, ist immer auf dem Sprung. Mobilität läßt sich der flotte Unternehmer etwas kosten. Morgens fliegt er zur Arbeit. Mit dem Privatflugzeug pendelt er zwischen seinem kalifornischen Wohnort Monterey und dem rund 100 Kilometer entfernten San Jose.

Dort, am Rande des Silicon Valley, liegt das futuristische Hauptquartier seiner Firma Conner Peripherals, die Massenspeicher für tragbare Computer herstellt. 1986 gegründet, gilt sie als »heißester Tip unter den Newcomern« (so das US-Wirtschaftsmagazin Fortune): Conner Peripherals ist das derzeit am schnellsten wachsende Unternehmen der US-Wirtschaft.

Die Firma produziert sogenannte Festplatten ("hard disks"); solche Magnetspeicher, die weit größere Datenmengen aufnehmen können als herausnehmbare Disketten, sind mittlerweile in die meisten Personalcomputer eingebaut. Firmenchef Conner (Aktienvermögen: 56 Millionen Dollar) gilt als einer der Väter der Festplatte. Er hat 1978 den derzeitigen Weltmarktführer Seagate Technology mitgegründet. »Wenn einer das Geschäft kennt«, meint James Porter, Präsident der Marktforschungsfirma Disk/Trend im kalifornischen Mountain View, »dann ist das Conner.«

Wegen Reibereien mit seinen Partnern hatte der eigenwillige Unternehmer (Selbstcharakterisierung: »Rumpelstilzchen") 1984 Seagate wieder verlassen. Nach zweijähriger Besinnungspause war er dann wieder da, mit neuer Firma und altem Elan: »Wir wollen ein Unternehmen aufbauen«, so die Conner-Werbung, »das vor der Zeit bestehen kann.«

Festplatten hatten damals das Format von Zigarrenkisten, Conner setzte auf Miniaturisierung. Seine Firma stellte eine Version vor, die nicht größer war als eine Zigarettenschachtel und dabei eine Datenmenge von 20 Megabyte (das entspricht etwa 1500 Schreibmaschinenseiten) fassen konnte. Dieser Massenspeicher war genau das, was dem sogenannten Laptop ("Schoßcomputer") noch zum ernstzunehmenden PC fehlte.

Nur vier Jahre danach beherrscht der US-Hersteller den rapide wachsenden Weltmarkt für Mini-Festplatten, wie sie in tragbaren Klein- und Kleinstcomputern verwendet werden. Firmenchef Conner schmückt das Titelblatt der letzten Ausgabe von Fortune, das dem flinken Finis und seinem »Milliarden-Dollar-Baby« eine große Story widmete.

Das ungewöhnliche Erfolgsrezept von Conner Peripherals: Während die Konkurrenz in der Reihenfolge »Entwickeln - Produzieren - Verkaufen« den Markt bedient, verfahren die Kalifornier umgekehrt. »Wir verkaufen erst und entwickeln und produzieren dann«, erklärt Marketing-Chef Scott Holt, »das hat uns viel Ärger erspart": Schon lange bevor Conners Festplatten, entworfen genau nach den Vorstellungen der jeweiligen Computerhersteller, in Serie gehen, sind Preise, Abnahmemenge und Liefertermine mit den Kunden festgelegt.

Auf diese Weise vermeidet die Firma viele Entwicklungsrisiken und bleibt obendrein in enger Tuchfühlung mit den Planungsstäben der Besteller. »Während die Konkurrenz noch überlegt, wo's langgeht«, rühmt sich Conner, »bin ich schon auf und davon.«

Seine Strategie hat sich schnell bezahlt gemacht, zumal ein Großer der Branche sie von Anfang an gestützt hat. Der texanische PC-Hersteller Compaq gab Starthilfe, er beteiligte sich mit 49 Prozent und kaufte im ersten Jahr fast die gesamte Produktion auf.

Das Conner-Spitzenprodukt »Kato«, ein Festplattenlaufwerk der neuesten Generation, ist kaum größer als eine Musikcassette. In diesem Jahr wird die Compaq-Connection nur noch ein Viertel des Geschäfts ausmachen, dafür liest sich die Kundenliste mittlerweile wie ein Who's who der Computerbranche: Von Acer über Olivetti und Siemens bis Toshiba und Zenith, kein namhafter Hersteller kommt noch an den Kaliforniern vorbei.

Conners »neuer Weg des Wachstums« (Fortune) hat das Unternehmen vom Start weg an die Weltspitze geführt, über 85 Prozent aller »Laptops« sind heute mit Conner-Laufwerken ausgestattet. Im vierten Produktionsjahr hat das Unternehmen bereits weltweit über 6000 Beschäftigte. In Longmont (US-Staat Colorado) entstand ein eigenes Entwicklungszentrum, produziert wird außer in San Jose in Singapur, im italienischen Ivrea und in Irvine, Schottland.

Während andere Hardware-Hersteller in den USA schwer zu kämpfen haben, um sich gegen die übermächtige Konkurrenz aus Fernost zu behaupten, schreibt Conner Peripherals blendende Bilanzen. Hatten die Kalifornier 1987 noch 113 Millionen Dollar umgesetzt, so kamen sie 1989 bereits auf rund 705 Millionen Dollar. In diesem Jahr will Finis Conner die Umsatzmarke von einer Milliarde Dollar schaffen.

Viele Marktforscher teilen seinen Optimismus. Selbst fernöstliche PC-Hersteller wie Sony oder NEC, die über eigene Festplattenproduktion verfügen, ordern mittlerweile Laufwerke des US-Unternehmens.

Das Durchsetzungsvermögen des Firmenchefs charakterisieren Branchenbeobachter wie Doug van Dorsten von der US-Investmentbank Shearson Lehman Hutton mit beinahe schon verklärtem Blick. Finis Connor, erklärte van Dorsten, »gleicht dem sprichwörtlichen Verkaufsgenie, das ebenso gut auch Eiswürfel an Eskimos losschlagen könnte«. o

Zur Ausgabe
Artikel 44 / 90
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren