Änderungen im neuen Jahr 2011 bringt Kostenplus für Mehrheit der Bürger

Die meisten Menschen in Deutschland bekommen im neuen Jahr das Sparpaket der Regierung zu spüren: Zum Jahreswechsel steigen die Kranken- und Arbeitslosenbeiträge, Strom und Flugreisen werden teurer. Doch manches ändert sich 2011 auch zum Besseren. Alle Neuerungen - der Überblick.
Besucher im Einkaufszentrum "MyZeil" in Frankfurt am Main (Archivbild): Mehr Ausgaben für Gesundheit und Soziales

Besucher im Einkaufszentrum "MyZeil" in Frankfurt am Main (Archivbild): Mehr Ausgaben für Gesundheit und Soziales

Foto: DDP

steuerliche Neuregelung

Hamburg - Silvester ist immer ein guter Grund zum Feiern, doch für Lehrer zum Beispiel gilt das in diesem Jahr besonders. Denn Deutschlands Arbeitnehmer können sich auf eine freuen - und die Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer wieder geltend machen. Bis zu 1250 Euro nachgewiesene Kosten im Jahr kann jeder in seiner Steuererklärung abrechnen, sofern er tatsächlich zu Hause arbeiten muss und dafür keinen anderen Arbeitsplatz hat. Das dürfte vor allem Lehrer und Teilselbstständige betreffen.

Zu verdanken haben das die Steuerzahler einem Hauptschullehrer aus Westfalen. Er hat gegen seinen Steuerbescheid beim Finanzgericht Münster geklagt, weil das Finanzamt in seiner Steuererklärung knapp 900 Euro für sein Arbeitszimmer nicht berücksichtigt hatte. Der Englisch-, Mathe- und Techniklehrer braucht das Arbeitszimmer, um täglich seinen Unterricht vorzubereiten und Experimente auszuprobieren. Außerdem stehen dort seine rund 120 Fachbücher.

Dass der Mann auf den Ausgaben allein sitzenbleiben soll, obwohl er für seine Unterrichtsvorbereitung keinen anderen Arbeitsplatz hat, leuchtete den Finanzrichtern nicht ein. Sie legten den Fall den Verfassungsrichtern vor - und diese verlangten eine Neuregelung, die zum Januar 2011 tatsächlich in Kraft tritt.

Das ist nicht die einzige Veränderung zum Jahreswechsel. Die Lohnsteuerkarte aus Papier ist passé, Hauskäufer müssen in einigen Bundesländern eine höhere Grunderwerbsteuer zahlen - und die gesetzliche Krankenversicherung wird teurer.

Sehen Sie in der Übersicht, auf was Sie sich im neuen Jahr einstellen müssen:

Steuern

Die farbige Lohnsteuerkarte aus Papier hat ausgedient: Die entsprechenden Daten werden künftig elektronisch verwaltet. Allerdings gibt es 2011 noch eine Übergangsfrist. Das heißt: Die Lohnsteuerkarte aus Papier für 2010 gilt auch im neuen Jahr. Sämtliche darin enthaltenen Angaben müssen vom Arbeitgeber berücksichtigt werden. Erst von 2012 an übernimmt der Computer die Datenverwaltung vollständig. Wer 2011 erstmals eine steuerpflichtige Beschäftigung aufnimmt, muss ein Ersatzpapier beantragen.

Außerdem ändert sich die Zuständigkeit für die Lohnsteuer. Wer seine Steuerklasse wechseln will, muss sich vom 1. Januar an das Finanzamt wenden, erklärt der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine. Bisher waren dafür meist die Einwohnermeldeämter zuständig.

Arbeitszimmer können in bestimmten Fällen wieder steuerlich geltend gemacht werden. Maximal 1250 Euro dürfen abgezogen werden, wenn "für die betriebliche und berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht". Die Regelung gelte rückwirkend zum 1. Januar 2007, erklärt der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine in Berlin. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass das seit 2007 geltende Verbot der steuerlichen Absetzbarkeit von Arbeitszimmern nichtig ist.

Für den Kauf einer Eigentumswohnung oder eines eigenen Hauses müssen Käufer in einigen Bundesländern mehr Steuern zahlen. Am 1. Januar heben vier Länder ihre Sätze für die Grunderwerbsteuer an: Im Saarland steigt die Steuer auf vier Prozent, in Niedersachsen und Bremen auf 4,5 Prozent und in Brandenburg auf fünf Prozent. In den übrigen Bundesländern bleibt der Satz für die Grunderwerbsteuer bei 3,5 Prozent des Kaufpreises.

Verluste aus dem Verkauf von privaten Gegenständen sind künftig nicht mehr steuerlich absetzbar. Bisher konnten Bürger, die sich etwa verbilligt einen Jahreswagen kauften und diesen innerhalb eines Jahres wieder mit Verlust verkauften, den Verlust mit späteren Spekulationsgewinnen verrechnen. Das wurde jetzt geändert.

Für ehrenamtliche Vormünder, rechtliche Betreuer und Pfleger gibt es ab 2011 eine spezielle Steuerbefreiungsvorschrift. Die Aufwandsentschädigung dieser Personen bleibt bis zu einem Betrag von 2100 Euro im Jahr steuerfrei - wie etwa die Einnahmen von Übungsleitern.

Der steuerlich absetzbare Anteil der Beiträge zur gesetzlichen Altersvorsorge und den sogenannten Rürup-Renten steigt weiter: Maximal 14.400 Euro bei Singles und 28.800 bei Ehepaaren können abgesetzt werden.

Die schwarz-gelbe Koalition hat Anfang Dezember eine Reihe von Steuervereinfachungen beschlossen, die spätestens ab 2012 gelten sollen. Dazu solle ein Gesetz rasch in den Bundestag eingebracht und verabschiedet werden, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Zudem werde geprüft, welche Maßnahmen rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft treten könnten, sagte Schäuble. Unter anderem soll die Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer von 920 Euro auf 1000 Euro steigen.

Krankenversicherung

Der Beitragssatz steigt für die 50 Millionen Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 14,9 auf 15,5 Prozent. Dieser Wert galt schon vor der Wirtschaftskrise. Der Anstieg belastet Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit jeweils 0,3 Prozentpunkten zusätzlich. Die gesamte Beitragslast ist aber nach wie vor ungleich verteilt: 8,2 Prozent vom Bruttoeinkommen entfallen auf die Arbeitnehmer; für die Arbeitgeber sind es 7,3 Prozent. Zudem wird der Satz für sie bei diesem Stand eingefroren. Für einen Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von 2500 Euro brutto verteuert sich die GKV mit der Erhöhung um 7,50 Euro monatlich.

Der Wechsel aus der GKV in eine Privatkasse wird für Besserverdiener leichter. Wer brutto über der Versicherungspflichtgrenze von 4125 Euro monatlich verdient, kann bereits nach einem Jahr von der Gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln. Bisher musste man drei Jahre warten.

Die Privatkassen profitieren 2011 zwar von Rabattverhandlungen der Gesetzlichen Kassen mit Arzneiherstellern. Unabhängig davon haben sie den knapp neun Millionen Versicherten jedoch teilweise happige Beitragserhöhungen angekündigt. Zum Teil fallen Mehrkosten von bis zu sieben Prozent an.

In der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sinkt die bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze von 3750 Euro auf 3712,50 Euro Monatseinkommen. Wer mehr verdient, zahlt für das Einkommen über 3712,50 Euro keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Durch die Absenkung werden Einkommen ab 3712,50 Euro geringfügig entlastet.

Soziales, Arbeit, Hartz IV

Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung steigt von 2,8 auf 3,0 Prozent. Er wird je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Bei 2500 Euro Monatseinkommen muss der Beschäftigte 2,50 Euro mehr bezahlen, seine Firma ebenfalls.

Der Regelsatz im Arbeitslosengeld II soll von 359 auf 364 Euro steigen - also monatlich um fünf Euro. Außerdem sollen die mehr als 1,7 Millionen Kinder von Hartz-IV-Empfängern besser schulisch und musisch gefördert werden, damit sie nach der Schule bessere Berufschancen haben. Zum sogenannten Bildungspaket gehören Schulessen, Angebote für Nachhilfeunterricht oder für Sport- und Musikstunden am Nachmittag. Für Letzteres stehen pro Kind etwa zehn Euro monatlich zur Verfügung. Über die Neuregelung ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen - der Bundesrat hat das Vorhaben kurz vor Weihnachten ausgebremst.

Andere Sozialleistungen für langzeitarbeitslose Hartz-IV-Empfänger entfallen: Das Elterngeld wird mit dem Arbeitslosengeld und anderen Leistungen verrechnet. Auch fällt die Rentenversicherungspflicht weg. Damit zahlen die Arbeitsagenturen keine Beiträge zur Rentenversicherung und keine Zuschüsse mehr. Der Bund spart so rund zwei Milliarden Euro jährlich. Den Betroffenen entgeht ein späterer Rentenanspruch von 2,09 Euro monatlich.

Der wegen hoher Energiepreise eingeführte Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger wird komplett gestrichen. Für Ein-Personen-Haushalte gab es bislang 24 Euro im Monat, für Fünf-Personen-Haushalte 49 Euro.

Das Elterngeld sinkt von 67 auf 65 Prozent des letzten Nettogehalts - wenn das Nettoeinkommen bei mehr als 1240 Euro im Monat liegt. Der Mindestbetrag des Elterngelds bleibt aber bei 300 und der Höchstbetrag bei 1800 Euro bestehen.

In der Renten- und Arbeitslosenversicherung gibt es nach Ost und West differenzierte Beitragsbemessungsgrenzen: Im Westen bleibt sie unverändert bei 5500 Euro Monatseinkommen. Im Osten steigt sie von 4650 auf 4800 Euro. Für Ost-Beschäftigte mit einem Verdienst von 4650 Euro oder mehr wird die Sozialversicherung in diesem Bereich also um bis zu 17 Euro im Monat teurer. Das gilt auch für deren Arbeitgeber.

Strom- und Gaspreise

Für Millionen Haushalte wird Strom wird teurer: Als Grund geben die Energieversorger die höhere Ökostrom-Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) an. Sie steigt von 2,047 Cent auf 3,53 Cent pro Kilowattstunde. Mit dem Geld werden regenerative Energien wie Solarstrom gefördert.

Allerdings wollen Verbraucherschützer dieser Argumentation nicht folgen. Sie weisen auf gesunkene Strombezugskosten für die Versorger hin, so dass es keinen Anlass für die angekündigten Aufschläge von bis zu 14,4 Prozent gebe.

Fest steht: Viele Energieversorger heben im kommenden Jahr ihre Preise an. Einer Erhebung des Vergleichsportals Check24.de zufolge steigen die Kosten bei Strom um sieben Prozent, bei Gas um rund acht Prozent. Verbraucher können bei einer Tariferhöhung von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und zu einem anderen Anbieter wechseln.

Bankgeschäfte, Reisen und Co.

Geld abheben an Automaten fremder Banken kann eine kostspielige Angelegenheit sein. Ab dem 15. Januar 2011 können Verbraucher aber zumindest sofort erkennen, wie hoch die Gebühren dafür sind - der Betrag wird angezeigt. Das sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz, erklärt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Außerdem sind Kunden künftig besser gegen die Insolvenz ihrer Bank geschützt. Der Sicherungsbetrag erhöht sich zum 1. Januar 2011 von derzeit 50.000 Euro auf 100.000 Euro. Nach Angaben des Bundesverbandes Öffentlicher Banken wurde zudem die Auszahlungsfrist von drei Monaten auf 20 Arbeitstage verringert.

Flugreisen werden teurer - und zwar wegen der neuen "ökologischen Luftverkehrsabgabe". Diese müssen die Airlines pro Passagier bezahlen, gestaffelt nach Entfernung. Bis 2500 Kilometer pro Strecke werden acht Euro fällig, bis 6000 Kilometer 25 Euro und für Langstreckenflüge 45 Euro. Die Gesellschaften haben bereits angekündigt, die Abgabe auf ihre Kunden abzuwälzen.

Streitfälle mit dem eigenen Anwalt können Mandanten ab dem neuen Jahr vor eine neue, zentrale Schlichtungsstelle bringen. Bislang waren Einrichtungen bei den einzelnen Regionalkammern zuständig. Ab Januar wird ein zentraler Ombudsmann bei der Bundesanwaltskammer als Vermittler bereitstehen.

Mit Material von dpa und dapd
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren