Angst um den Euro Ist mein Geld jetzt noch sicher?

Der Glaube an den Euro ist erschüttert - schon bangen viele Bürger um ihr Erspartes. Doch müssen wir wirklich Angst haben um unser Geld? SPIEGEL ONLINE zeigt, worauf Sie bei der Vermögensanlage jetzt achten müssen.
Goldbarren und Granulat: "Für die, die an die totale Krise glauben, ist Gold richtig"

Goldbarren und Granulat: "Für die, die an die totale Krise glauben, ist Gold richtig"

Foto: ? Leonhard Foeger / Reuters/ REUTERS

Die Dämme scheinen endgültig gebrochen: 750 Milliarden Euro wollen die Euro-Staaten für Krisenländer im Notfall zur Verfügung stellen, die EZB hat angefangen, zweifelhafte Staatsanleihen aufzukaufen, der Euro-Kurs geht hoch und runter. Da liegt plötzlich eine Frage nahe, von der wir lange dachten, sie nie mehr stellen zu müssen: Wie sicher ist unser Geld? Sind die mühsam zusammengetragenen Euro auf der Bank in zwei Jahren massiv entwertet? Und wenn ja - wie kann ich mein Vermögen dann schützen?

Experten warnen vor Panik. Der neue Notfallplan der Euroländer zur Stabilisierung der Währung "bringt erst einmal Beruhigung", sagt etwa Stefanie Kühn, unabhängige Honorarberaterin aus Grafing bei München. Hektisches Hin- und Herschieben von Anlagen bringe deshalb nichts.

Gedanken machen allerdings sollte man sich schon. "Es ist ein guter Moment, Dinge zu hinterfragen", sagt Beraterin Kühn. Wer die Krisenfestigkeit seiner Anlagen bislang noch nicht geprüft habe, "sollte das spätestens jetzt tun".

Denn viele Investments, die bislang als reichlich konservativ oder als besonders renditeträchtig galten, haben ihren guten Ruf gründlich verspielt. "Vieles davon war schlicht Etikettenschwindel", sagt etwa Bankenprofessor Hans-Peter Burghof. Also gilt nun: Die eigenen Akten durchforsten und schauen, wo genau das Geld investiert ist. Anleger von Investmentfonds etwa sollten gucken, wofür im Einzelnen ihr Geld ausgegeben wird.

Grundsätzlich gilt jetzt mehr denn je: So vielseitig anlegen wie möglich. Denn die künftigen Entwicklungen einzelner Anlageklassen sind so ungewiss, wie vielleicht noch nie in der Nachkriegsgeschichte.

SPIEGEL ONLINE zeigt, worauf Sie achten müssen.

Müssen wir Angst um den Euro haben?

So unbefriedigend das ist: Ernsthaft vorhersagen kann niemand, was mit der Gemeinschaftswährung in den kommenden Monaten und Jahren passiert. Manche Experten wie etwa der Banken- und Börsenexperte Wolfgang Gerke warnen eindringlich vor einer unkontrollierbaren Inflation - weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Märkte seit Beginn der Finanzkrise mit Geld überflutet und jetzt auch noch Staatsanleihen aufkauft, die Banken also mit noch mehr Geld versorgt. Je mehr Euro in den Wirtschaftskreislauf kommen, desto höher ist die Geldentwertung, wenn das Wirtschaftswachstum nicht mithalten kann, so die Argumentation.

Andere Ökonomen halten aber dagegen, dass die Bürger selbst im Gegensatz zur öffentlichen Hand kaum noch Geld ausgeben. Sie tragen ihr Erspartes in unsicheren Zeiten lieber zur Bank. Bestes Beispiel für das, was uns deshalb blühen könnte, ist diesem Szenario zufolge Japan. Das Land ist seit über einem Jahrzehnt in einer Dauerkrise, trotz der überaus großzügigen Ausgabenpolitik der Regierungen kam es bislang weder zum erhofften Aufschwung noch zu hoher Inflation.

Hinzu kommt: In absehbarer Zukunft werden auch die Staaten kräftig sparen, um ihre riesigen Schuldenberge abzubauen. Die öffentlichen Ausgaben und Investitionen werden dann ebenfalls notgedrungen zurückgefahren - was die Inflation tendenziell dämpft.

Und wer hat nun Recht? Die aktuellen Zahlen in Deutschland geben darüber wenig Auskunft. Im April ist die Inflationsrate in Deutschland noch einmal leicht von ohnehin schon niedrigen 1,1 Prozent auf 1,0 Prozent gesunken. Auf eine höhere Teuerungsrate deutet allerdings der jüngste Anstieg der Großhandelspreise hin.

Soll ich mein Geld bei der Bank anlegen? Und sind Staatsanleihen sicher?

Ob sich etwa eine Festgeldanlage lohnt, hängt stark von zwei Faktoren ab: Von der Entwicklung der Inflation und von der Entwicklung der Zinsen. Derzeit bieten viele Geldinstitute auf Festgeld mickrige zwei Prozent - allerdings ist die Geldentwertung auch niedrig. Grundsätzlich gilt, wenn die Inflation anzieht, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank gegensteuert und auch die Zinsen steigen. Das dämpft für Sparer den negativen Effekt des Geldwertverlusts. Das Nachsehen bei einer hohen Inflation hat allerdings, wer einen langlaufenden Vertrag mit einem relativ niedrigen Zinssatz vereinbart hat.

Natürlich hat die aktuelle Krise das Vertrauen in die unbedingte Sicherheit von Euro-Anleihen erschüttert. Die Lehre: Man muss genau hinschauen, auf welches Land man setzt. Deutsche Bundesanleihen aber, etwa die mit 30-jähriger Laufzeit, waren in den vergangenen Wochen schwer gefragt. Zwar fürchtet so mancher Analyst, dass auch der Glaube in die Bonität der Bundesrepublik infolge der Rettungsmaßnahmen für Griechenland abnehmen könnte. Allerdings muss wohl niemand ernsthaft fürchten, sein Kapital am Ende der Laufzeit gänzlich zu verlieren. Trotzdem machen solche Szenarien die Investition natürlich unattraktiver. Ebenso wie hohe Inflationsraten.

Wegen all dieser Probleme hat Anlageberaterin Kühn einen einfachen Tipp: "Es ist derzeit ratsam, auch in Währungen außerhalb des Euro-Raums zu investieren, also beispielsweise in Schweizer Franken oder norwegische Kronen."

Geht es an den Börsen weiter bergab?

Aktien bedeuten immer Risiko, und die Märkte sind nervös. Vergangene Woche kam es wegen der Angst um Griechenland teilweise zu extremen Ausschlägen, nach dem Beschluss für das Rettungspaket am Wochenende ging es kurzfristig wieder rasant aufwärts. Am Dienstag verpuffte die Euphorie dann wieder.

Und mit Blick auf die kommenden Monate sind die Meinungen ziemlich unterschiedlich: Viele Aktienstrategen warnen deutlich zur Vorsicht.

Die Gretchenfrage ist nun, ob die Anleger ihr Vertrauen in den noch wackeligen Aufschwung behalten. Hoffnung geben etwa das US-Wirtschaftswachstum und die gute Entwicklung in Asien. Für die exportorientierten deutschen Unternehmen sind das gute Zeichen. Auch die Leitzinsen bleiben aller Wahrscheinlichkeit nach dieses Jahr niedrig.

Rückzug ins eigene Häuschen?

Kredite sind billig wegen der niedrigen Zinsen, und die Zeiten so unsicher wie nie. Sein Geld in ein eigenes Häuschen zu stecken, ist deshalb für Finanzexperte Wolfgang Gerke derzeit "eine der attraktivsten und am wenigsten riskanten Investitionen überhaupt".

Mit einem Crash auf dem deutschen Immobilienmarkt rechnet kaum jemand. Allenfalls könnten die Kaufpreise in Hochpreisregionen wie München in den kommenden Jahren wieder etwas fallen. Weil sie dort schlicht Dimensionen erreicht haben, die aktuell kaum mehr gerechtfertigt erscheinen. So lohnt es sich vielleicht, eher in weniger boomenden Gebieten zu suchen.

Doch überstürzt zuschlagen, ist auch auf dem Immobilienmarkt wenig sinnvoll. Das Gesamtpaket muss stimmen - und wer zu viel Geld bezahlt, komme nie auf eine attraktive Rendite, warnen Experten. Schließlich bemisst diese sich an den Mieteinnahmen und am Weiterverkauf.

Für die Finanzierung gilt zudem: Nach Ende der mehrjährigen Zinsbindung können die Zinsen für Anschlussdarlehen deutlich höher ausfallen. Auch besteht immer das Risiko eines Jobverlusts - dann kann man die gekaufte Immobilie gar nicht mehr abzahlen.

Gold und Rohstoffe als sicherer Ausweg?

Bankenexperte Wolfgang Gerke hat einen nüchternen Rat: "Für diejenigen, die an die totale Krise glauben, ist Gold richtig." Denn einen gewissen Wert wird es wohl immer behalten. Für alle anderen gilt: Der Goldpreis hat jetzt schon Spitzenwerte von um die 1200 Dollar pro Unze erreicht. Die Gefahr, dass er bald fällt, ist groß. Außerdem war auch Gold in der jüngsten Vergangenheit starken Preisschwankungen ausgesetzt. Sein sauer Erspartes ausschließlich in Goldbarren umzutauschen, bringt also weniger Sicherheit, als oft vermutet.

Auf den übrigen Rohstoffmärkten waren vor allem in jüngster Zeit die Profizocker umtriebig. So mancher Ökonom prophezeite schon, die nächsten großen Preisblasen seien bei Aluminimum, Zink, Paladium und Co. zu erwarten. 2009 etwa zogen die Preise für so manches Edelmetall binnen weniger Monate um 50, 60, oder sogar 80 Prozent an.

Auch nach der Einigung auf das europäische Rettungspaket am Wochenende wurde auf den Rohstoffmärkten wieder eifrig zugelangt. Weil die Anleger davon ausgingen, dass die Schuldenkrise vorerst entschärft wurde und der Aufschwung bevorsteht. Wenn dieses Vertrauen verloren geht, kann sich die Situation allerding wieder schlagartig ändern.

Bei Rohstoffen wie Öl kommt noch folgende Unsicherheit hinzu: Weil niemand weiß, wie genau der Energiehunger der Welt in Zukunft gestillt wird, ob nicht etwa andere Energien das Rohöl zunehmend ersetzen, lässt sich die Preisentwicklung noch schwerer kalkulieren.

Was ist mit meiner Lebensversicherung?

Auch die großen Versicherer haben in Länder wie Griechenland oder Portugal investiert, dennoch beschwichtigen sie ihre Kunden. Das Risiko sei begrenzt, heißt es.

Laut der Finanzaufsicht BaFin haben deutsche Erst- und Rückversicherer ungefähr zehn Milliarden Euro von insgesamt 1200 Milliarden Euro an Kapitalanlagen in griechische Staatsanleihen und Wertpapiere investiert. Nicht bekannt ist, wie viel auf die anderen so genannten PIIGS-Staaten entfällt, also auf Portugal, Irland, Italien und Spanien.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren