»Die Bauzinsen bleiben unter Druck« Anstieg der Immobilienpreise verlangsamt sich deutlich

Werbetafel in Neubaugebiet in Leipzig: Potenzielle Käufer sind vorsichtiger
Foto: Jan Woitas / dpaDie dramatisch gestiegenen Kosten bei der Baufinanzierung zeigen Wirkung: Der steile Anstieg der Preise für Wohnimmobilien hat sich im dritten Quartal von Juli bis September deutlich verlangsamt. Die Häuserpreise kletterten im Vergleich zum Vorjahresquartal um 4,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.
Damit habe sich der Preisanstieg im Vergleich zum zweiten Quartal nahezu halbiert – von April bis Juni waren die Preise noch um 9,7 Prozent geklettert.
Laut den Statistikern sind die Preise für Wohnimmobilien im dritten Quartal so langsam gestiegen wie seit sieben Jahren nicht mehr. Eine niedrigere Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahresquartal habe es mit 4,4 Prozent zuletzt im dritten Quartal 2015 gegeben, hieß es. Im Vergleich zum Vorquartal waren Wohnimmobilien sogar um 0,4 Prozent günstiger.
Auf dem Land gingen die Preise stärker nach oben
Die größten Anstiege gab es in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen: Hier erhöhten sich die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, die für Eigentumswohnungen um 7,4 Prozent.
In den sieben größten Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf kletterten die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um durchschnittlich 6,2 Prozent nach oben. Bei Eigentumswohnungen lag der Zuwachs bei 5,0 Prozent.
Am schwächsten fiel der Preisanstieg für Ein- und Zweifamilienhäuser in den städtischen Kreisen aus: Hier gab es ein Plus von 1,8 Prozent, bei Wohnungen von 4,5 Prozent.
Was passiert 2023 mit den Zinsen?
Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge steigt aktuell das Risiko starker Preiskorrekturen. »Wir stehen in Deutschland zwar nicht vor dem Platzen einer riesigen Immobilienpreisblase«, sagte DIW-Studienautor Konstantin Kholodilin kürzlich. »Aber Preiseinbrüche von bis zu zehn Prozent bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen sind durchaus möglich.« Als besorgniserregend stufen die Experten ein, dass sich Kaufpreise und Mieten deutlich auseinanderentwickeln.
Der Anstieg der Kreditzinsen, aber auch die deutlich gestiegene Inflation und hohe Baupreise belasten nach jahrelangem Boom die Nachfrage nach Immobilien.
Bei den Bauzinsen erwarten Experten keine schnelle Trendwende. Denn die großen Zentralbanken haben angekündigt, im Kampf gegen die Inflation die Leitzinsen weiter anzuheben. Immerhin: Zeitweise sinkende Bauzinsen in den kommenden Monaten sind nach Einschätzung von Finanzberatern möglich.
»2023 werden sich die Bauzinsen aller Voraussicht nach nicht mehr so stark nach oben bewegen wie 2022«, sagte Mirjam Mohr, Privatkunden-Vorständin beim Kreditvermittler Interhyp. Sie erwarte moderate Steigerungen.
»Die Bauzinsen bleiben unter Druck«, sagte Michael Neumann, Chef des Kreditvermittlers Dr. Klein. Wann die Inflation dauerhaft und deutlich sinke, sei nicht abzusehen. »Wenn die Erwartungen bis weit ins nächste Jahr hoch bleiben – und davon gehe ich momentan aus –, muss die EZB in den ersten Monaten 2023 die Geldpolitik weiter straffen.« Dann zögen die Bauzinsen wieder an.
In diesem Jahr haben sich die Bauzinsen von knapp einem Prozent auf zuletzt rund 3,5 Prozent für zehnjährige Kredite erhöht. Im Herbst wurde kurz die Marke von vier Prozent erreicht. Grund für den Aufwärtsdruck waren die steigenden Leitzinsen. In Erwartung einer strafferen Geldpolitik waren die Renditen von Bundesanleihen, an denen sich Bauzinsen orientieren, hochgeschossen.