Zwei-Prozent-Marke geknackt Kredite fürs Haus werden immer teurer – was nun?

Die Ära der billigen Baufinanzierungen geht zu Ende. Erstmals seit Jahren sind für Immobilienkredite mit zehnjähriger Bindung wieder mehr als zwei Prozent Zinsen fällig. Wer sich Geld leihen will, muss sich beeilen.
Siedlung im baden-württembergischen Holzgerlingen: Immer kostspieligerer Traum vom Eigenheim

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Foto: Werner Dieterich / Westend61 / IMAGO

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Wer in diesen Zeiten ein Haus bauen oder kaufen will, steckt gleich doppelt in der Klemme. Denn seit Jahren steigen die Preise, sowohl für fertige Häuser als auch für Handwerker, die welche bauen. Und während man sich lange damit trösten konnte, dass zumindest die Kreditzinsen niedrig sind, stimmt auch das immer weniger.

Kein Aprilscherz: »Am 1. April hat der Basiszins nach unseren Daten die Schwelle von zwei Prozent überschritten«, sagt Max Herbst von der Frankfurter Finanzberatung FMH – und der Wert bewegt sich immer weiter nach oben. Herbst konstatiert: »Wir stecken mittendrin in der Zinswende.«

»Allein im März verteuerten sich zehnjährige Darlehen um rund 0,5 Prozentpunkte«, sagt Mirjam Mohr, Vorständin beim Kreditvermittler Interhyp: »Seit Jahresbeginn haben sich die Konditionen mehr als verdoppelt, von einem auf über zwei Prozent.«

Darin steckt ein wichtiger Hinweis: Auch wenn derzeit der Krieg Russlands gegen die Ukraine im Fokus des öffentlichen Interesses steht – der Auslöser für die Zinswende ist er nicht. Der Preisanstieg setzte bereits im vorigen Jahr ein. »Dass die Bauzinsen steigen werden, hatten viele prognostiziert«, sagt Mohr. Nur: »Dass sie so schnell so stark steigen, kam für den Markt aber unerwartet.«

Drei Prozent bis Jahresende möglich

Der Grund sei vor allem die Inflation, sagt Herbst, und die lag bereits am Jahresende 2021 in Deutschland bei 5,3 Prozent, weit über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB), die zwei Prozent für wünschenswert hält. Das heißt aber auch: Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass der Krieg morgen endet, würden die Preise wohl erst mal weiter steigen.

Interhyp befragt monatlich Experten und Expertinnen nach ihrer Prognose für den weiteren Jahreslauf 2022. »Da halten wir 2,5 bis 3 Prozent für zehnjährige Darlehen bis Jahresende für realistisch«, sagt Mohr.

Das erhöht den Zeitdruck für Kreditkunden abermals: Wer weiß, wie lange man so günstig Geld leihen kann? Sicher, bevor die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihre langjährige Politik des billigen Geldes einschwenkte, lagen Kreditzinsen deutlich höher. Aber früher kosteten Immobilien auch weniger.

Jetzt an die Anschlussfinanzierung denken

»Trotzdem kann ich jedem Hauskäufer nur raten, sich nicht hetzen zu lassen«, sagt FMH-Experte Herbst. »Von einer schlechten Immobilie hat niemand etwas, auch wenn der Zins günstig war.« Ohnehin sei man gut beraten, sich um Angebote gleich bei mehreren Banken zu bemühen. Die Zinsen sind dauernd in Bewegung (meist aufwärts), der Immobilienmarkt ist es auch, und wenn die Zusage für das Traumhaus mit Verspätung kommt, will man nicht ohne Finanzierung dastehen, nur weil eine Angebotsfrist abgelaufen ist.

Doch nicht nur neue Immobilien sind von der Zinswende betroffen. Wer bereits ein Haus abbezahlt und bald eine Anschlussfinanzierung braucht, sollte sich überlegen, ob er nicht jetzt schon aktiv wird. Infrage kommt einerseits eine Umschuldung, also das Ablösen des laufenden Kredits mit einem neuen. Allerdings verlangt die bisherige Bank dann eine Vorfälligkeitsentschädigung, und die kann kostspielig sein. Wenn es nur um den günstigeren Zins geht, muss die Bank auch niemanden aus dem laufenden Vertrag entlassen.

Andererseits besteht die Möglichkeit, ein sogenanntes Forward-Darlehen abzuschließen – also einen Kredit, der ab dem Zeitpunkt greift, da der bisherige regulär ausläuft. Das Forward-Darlehen wird zu den aktuellen Zinssätzen abgeschlossen, dafür lässt sich die Bank aber einen Aufschlag zahlen.

»Jetzt ist die Zeit, sich ein Forward-Darlehen zu sichern«, glaubt Herbst: »Die Forward-Aufschläge haben auf die Zinsentwicklung noch nicht reagiert und liegen derzeit bei durchschnittlich 0,01 Prozent pro Monat. Die Zusatzkosten sind also gering. Geringer vor allem als der Anstieg der Zinsen, den wir in den nächsten Monaten erwarten dürfen.«

Und schon wieder Zeitdruck: Es dürfte nicht lange dauern, bis auch die Forward-Aufschläge steigen.

Immo-Kredite zum Nachrechnen
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