Billigimporte 80 Prozent des italienischen Olivenöls sollen gepanscht sein

Gerade erst gab es Ärger mit gefälschtem Bio-Essen, jetzt droht Italien der nächste Lebensmittelskandal. Laut einem Zeitungsbericht stammen 80 Prozent des Olivenöls "Made in Italy" gar nicht aus dem Land - oft ist die Ware gepanscht. Die Polizei ermittelt.
Olivenöl: Gepanscht von der Olivenöl-Mafia?

Olivenöl: Gepanscht von der Olivenöl-Mafia?

Foto: ? Dario Pignatelli / Reuters/ REUTERS

Hamburg - Olivenöl zählt zu den bekanntesten italienischen Erzeugnissen - doch das Prädikat "Made in Italy" ist offenbar in den meisten Fällen Etikettenschwindel. Wie die Zeitung "La Repubblica" jetzt berichtet , stammt das Öl in rund 80 Prozent der Fälle gar nicht wirklich aus Italien.

Das Öl werde meist falsch deklariert oder irreführend ausgezeichnet, berichtet die Zeitung am Freitag unter Berufung auf Ermittlungen von Zoll und Finanzpolizei. Wer also glaubt, mit italienischen Olivenöl zu kochen, könnte dreisten Betrügern aufgesessen sein.

Laut "La Repubblica" wird ein Großteil des "italienischen" Olivenöls aus dem Ausland importiert - meist aus Spanien, Griechenland, Marokko oder Tunesien. Der Preis für die Billigware liege teilweise unter 25 Cent pro Liter. Das Öl werde dann in Italien nur etwas aufbereitet, teils werde es mit italienischem Öl verschnitten. Anschließend verkauften italienische Lebensmittelfirmen es als "Olivenöl aus Italien" an Discounter, Touristen und im Großhandel weiter - für drei bis vier Euro je Liter. Insgesamt machten die Unternehmen dadurch einen Umsatz von fünf Milliarden Euro pro Jahr, berichtet die Zeitung. Es gebe eine Art Olivenöl-Mafia.

Schon länger ist bekannt, dass das heißbegehrte Olivenöl mit dem Prädikat "Made in Italy" oft gar nicht aus Italien stammt. Die Verbraucher-Website guter-rat.de etwa warnte schon 2007 davor, dass beim Olivenöl nicht immer das drin ist, was draufsteht . Doch das, was die Zeitung jetzt berichtet, hat eine Dimension, die selbst Experten erstaunen dürfte.

"La Repubblica" ist eine der größten Tageszeitungen Italiens; nicht wenige Enthüllungen über den inzwischen zurückgetretenen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wurden von ihr angestoßen. In ihrem "Olivenöl-Mafia"-Bericht zitiert die Zeitung unter anderem einen Verbraucherreferenten des Bauernverbandes Coldiretti: "Es gibt eine mächtige Gruppe in der Lebensmittelindustrie, die durch Importe ein illegales Vermögen macht, weil das Mischen des Öls nicht nachzuweisen ist", sagt der Mann.

Schimmel und Schmierstoffe im Olivenöl

Die vorgeschriebenen Hinweise darauf, dass es sich um eine Mischung handele, unterschlagen die Firmen demnach oft. Oder sie seien so klein gedruckt, dass sie auf Etiketten nicht zu entziffern seien. Besagtes Öl sei obendrein bisweilen von schlechter Qualität; manchmal enthalte es Spuren von Schimmel oder Schmierstoffen.

Die Namen der verdächtigten Unternehmen nannte die Zeitung nicht - nach eigenen Angaben, um Ermittlungen des Zolls nicht zu gefährden. Die Untersuchungen seien kompliziert, da die ausländischen Produzenten und Exporteure Tochterfirmen der italienischen Importeure und Olivenöl-Hersteller seien, hieß es.

Erst vor einigen Wochen war ein groß angelegter Betrug mit Bio-Lebensmitteln in Italien aufgeflogen: Eine Bande von Fälschern verkaufte nach Angaben der Behörden über mehrere Jahre rund 700.000 Tonnen angeblicher Bio-Waren im Wert von insgesamt 220 Millionen Euro. Die Produkte wurden demnach in mehrere europäische Länder geliefert.

ssu/dab/AFP
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