Milliarden Euro zusätzlich im Umlauf Deutsche horteten im März stärker Bargeld

Die Coronakrise führt laut einer Auswertung offenbar dazu, dass die Deutschen noch mehr Bargeld horten als sonst - zumindest zu Beginn der Krise. Dabei nimmt gleichzeitig auch das digitale Bezahlen zu.
Euro-Banknoten (Symbolbild)

Euro-Banknoten (Symbolbild)

Foto: Monika Skolimowska/ DPA

Erst vor wenigen Tagen hieß es, die Ausbreitung des Coronavirus könnte dazu beitragen, Bargeld schneller unattraktiv zu machen - auch aus Angst vor Ansteckung. Womöglich gibt es aber auch eine gegenläufige Entwicklung: Einer Erhebung im Auftrag der Direktbank ING Deutschland zufolge haben die Menschen zumindest zu Beginn der Coronakrise vermehrt Bargeld abgehoben.

Der Umlauf von Scheinen und Münzen im Euroraum stieg im März um fast 100 Milliarden Euro oder acht Prozent, wie aus der Analyse der Beratungsfirma Barkow Consulting im Auftrag der Bank hervorgeht. Verglichen mit der Entwicklung in den Vormonaten Januar und Februar lasse sich ein "Corona-Sondereffekt" von etwa 30 Milliarden Euro ausweisen. Davon entfielen etwa 20 Prozent beziehungsweise sechs Milliarden Euro auf Privathaushalte in Deutschland. Barkow Consulting wertete für die Analyse Daten der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank sowie des Statistischen Bundesamtes aus.

Auch die Bundesbank hatte zu Beginn der Krise zunächst einen Anstieg der Nachfrage nach Scheinen und Münzen festgestellt. Anschließend seien die Volumina aber wieder deutlich zurückgegangen. Hierzu ließ sie über das Meinungsforschungsinstitut Forsa in zwei Wellen - vom 23. bis zum 26. März und vom 2. bis 7. April - telefonisch jeweils 1000 Personen ab 16 Jahren in Deutschland befragen. Die anfänglich hohe Nachfrage könnte auch mit der Unsicherheit vieler Menschen zu Beginn der Corona-Einschränkungen zusammenhängen. So schien zunächst offen, inwieweit Banken weiterhin geöffnet blieben.

Bargeld-Bestände seit Ende 2013 verdoppelt

Auch langfristig und ohne die Coronakrise gibt es aber einen Trend zum Bargeld. Der ING-Analyse zufolge besaßen die Menschen in Deutschland Ende 2019 insgesamt 253 Milliarden Euro in bar. Das waren 32 Milliarden oder 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Durchschnittlich entspreche das mehr als 3000 Euro in bar für jeden Bundesbürger.

Der Boom von Scheinen und Münzen setzte den Daten zufolge mit der Niedrigzinsphase im Euroraum ein. Seit Ende 2013 haben sich demnach die Bargeldbestände in Deutschland mehr als verdoppelt.

Die Coronakrise könnte mittelfristig dazu beitragen, den Trend zum Bargeld zu stoppen - zumindest was das Bezahlen im Handel betrifft. Eine Studie der Beratungsfirma Oliver Wyman kam jüngst zu dem Ergebnis, dass Scheine und Münzen nun schneller unattraktiv werden könnten.

Nach Angaben der Deutschen Kreditwirtschaft von Ende März nutzen die Menschen verstärkt die Möglichkeit, an der Supermarktkasse, der Tankstelle oder bei sonstigen Einkäufen kontaktlos zu bezahlen. Mehr als die Hälfte aller Girocard-Zahlungen wurde demnach zuletzt kontaktlos durchgeführt. Im Dezember habe dieser Anteil noch bei 35 Prozent gelegen.

Geschäfte ermuntern Kunden zu bargeldloser Zahlung

Beim kontaktlosen Bezahlen müssen die Käufer Ihre Plastikkarten nicht in ein Lesegerät stecken und an dem Terminal eine PIN eingeben, sondern brauchen die Karte nur an das Terminal halten. Die ersten Girocardbesitzer können inzwischen Beträge bis zu 50 Euro kontaktlos bezahlen. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) verdoppelte jüngst das Limit für die Kartenzahlung ohne PIN-Eingabe im Handel von 25 auf 50 Euro pro Nutzung.

Viele Geschäfte ermutigen Kunden angesichts der Coronavirus-Pandemie, auf diese Weise zu bezahlen, um eine potenzielle Übertragung zu vermeiden. Auch Kreditkartenanbieter wie Mastercard hatten das Limit für das kontaktlose Bezahlen vor Kurzem heraufgesetzt.

apr/dpa
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