Deutsche Bahn Berliner S-Bahn-Chaos kostet 700 Millionen Euro

S-Bahn in Berlin: Hohe Kosten für den Mutterkonzern
Foto: Jörg Carstensen/ dpaBerlin - Die Technikprobleme der Berliner S-Bahn werden für die zum echten Kostenfaktor: In den Jahren 2009 und 2010 haben die Störungen den Mutterkonzern zusammen 370 Millionen Euro gekostet. Bis 2014 erwartet das Unternehmen sogar eine Kostenbelastung von insgesamt 700 Millionen Euro. Dies erklärte Bahn-Chef am Montag bei einer Anhörung im Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.
"Wir haben bisher eine Milliarde Euro in die S-Bahn investiert, aber noch keinen Euro damit verdient. Wir werden auch bis zum Auslaufen des Verkehrsvertrags mit den Ländern Berlin und Brandenburg Ende 2017 keinen Euro mit der S-Bahn verdienen", sagte Grube.
Wegen der seit anderthalb Jahren andauernden Einschränkungen stellt der Mutterkonzern den Kunden der S-Bahn eine weitere Entschädigung in Aussicht. "Wir denken über eine Lösung nach und werden uns Ende Januar 2011 konkret äußern", sagte Grube. Früher sei dies nicht möglich, weil die Entschädigung mit den Berliner Verkehrsbetrieben BVG abgestimmt werden müsse. Bereits 2009 hatte die Bahn insgesamt 55 Millionen Euro für Entschädigungszahlungen zur Verfügung gestellt.
Für die zahlreichen S-Bahn-Ausfälle im Dezember machte Grube vor allem den strengen Winter mit viel Schnee verantwortlich. Es habe in diesem Winter bislang fast 1200 Störungen der Antriebsmotoren gegeben, obwohl die S-Bahn "so umfangreich vorbereitet" gewesen sei wie noch nie zuvor. Im letzten Winter seien es insgesamt 276 gewesen.
Der Bahn-Chef verwies erneut auf Mängel an S-Bahn-Rädern, die der Hersteller zu verantworten habe. Auch habe das frühere S-Bahn-Management selbst gemachte Zusagen bei der Instandhaltung der Fahrzeuge ignoriert. Im Jahr 2004 hätten die damals Verantwortlichen andere Räder eingesetzt, ohne die Behörden zu informieren. Das Management ist inzwischen komplett ausgetauscht.
Weniger Züge im Januar unterwegs
Wegen des strengen Winterwetters hatte das Unternehmen das Angebot zum Jahresbeginn abermals eingeschränkt. Im Rahmen eines Notfallplans waren ab 3. Januar nur noch 213 sogenannte Viertelzüge (Doppelwagen) auf den Schienen unterwegs. Für den Normalbetrieb der Berliner S-Bahn, die werktags mehr als 1,3 Millionen Menschen befördert, wären nach Angaben der S-Bahn Berlin GmbH beinahe dreimal so viele, nämlich 562 Viertelzüge erforderlich.
Nach seiner Anhörung im Abgeordnetenhaus äußerte sich Grube am Nachmittag im Bundesrat bei der Verkehrsministerkonferenz. Thema war dort vor allem das Winterchaos beim Bahn-Konzern. Mehrere Länder fordern von der schwarz-gelben Bundesregierung, auf die jährliche Zahlung von 500 Millionen Euro der Bahn an den Bund zu verzichten. Stattdessen sollten die Finanzmittel eingesetzt werden, um Mindeststandards auch bei extremem Wetter einzuhalten.
Grube versprach Verbesserungen, Garantien für den nächsten Winter könne er aber nicht geben: "Bei der Eisenbahn soll man nie etwas garantieren." Doch die Bahn gebe sich alle Mühe, dass es nicht erneut zu ähnlichen Problemen komme.
"Noch viel, viel Geld für die Infrastruktur"
Der Bahnchef warb um Verständnis. Höhere Gewalt wie Blitzeis, die Gefahr fliegender Steine vom Gleisbett und Probleme bei der Stromzufuhr hätten sich überschnitten. Er räumte aber ein, die Bahn habe derzeit nicht genügend Züge für ein besseres Angebot in Extremsituationen.
Die ICE-3-Züge und ICE mit Neigetechnik müssten zehn bis zwölf Mal häufiger in die Werkstatt als geplant. "Das ist ein großer Engpass." Doch auch die Flugausfälle hätten mit bis zu 100.000 zusätzlichen Buchungen pro Tag und Route die Probleme verschärft. "Wir geben uns hier alle Mühe", so Grube. Er betonte, der Konzern brauche "noch viel, viel Geld für die Infrastruktur."
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte am Sonntag im ZDF angekündigt, er wolle in der Regierung dafür werben, die 500-Millionen-Euro-Dividende überwiegend zur Finanzierung von Verkehrsprojekten zu nutzen. Das Bundesfinanzministerium erklärte dagegen am Montag, die Bahn-Dividende sei fest im Bundeshaushalt eingeplant. Dies setze allerdings ein positives Betriebsergebnis voraus - entsprechende Investitionen würden berücksichtigt.
Es werde also vorher investiert, bevor die Dividende abgeführt werden könne. Auch ohne Dividende an den Bund habe dieser in den vergangenen Jahren jährlich Investitionszuschüsse in Höhe von rund vier Milliarden Euro geleistet..