Coffee to go und Alternativen zum Wegwerfbecher Die haben einen in der Waffel

"food for brands" Inhaberinnen Catrin Bellmann und Ilaria Rinaldi
Foto: Maria SchifferGroßvolumige Hohlkörper - so werden Coffee-to-go-Becher im Fachjargon bezeichnet. Und es gibt ein Problem mit großvolumigen Hohlkörpern: Werden sie entsorgt, nehmen sie in öffentlichen Mülleimern viel Platz ein und verstopfen diese binnen weniger Minuten. Wenn die Mülleimer einmal voll sind, landen viele der Becher einfach auf der Straße.
Das alles ist nicht nur ein kurzfristiges ästhetisches Problem, sondern hat auch langfristige Folgen für die Umwelt. Denn das klassische, weitverbreitete Bechermodell besteht aus Papierfasern, hat einen Plastikdeckel und ist auf der Innenseite mit dem Kunststoff Polyethylen beschichtet. Durch den Kunststoff sind die Becher aber nur sehr schwer zu recyceln. Außerdem werden bei der Herstellung Holz für die Papierfasern und Rohöl für den Plastikdeckel und die Kunststoffbeschichtung verwendet.

Eine mögliche Lösung ist offensichtlich: Große Kaffeeketten, die die Einwegbecher in Umlauf bringen, könnten Alternativen anbieten - und so etwas für die Umwelt und das eigene Image tun. Das funktioniert bisher aber nicht wirklich. Offenbar sind die Alternativen den Ketten zu kostspielig.
Auch die Idee, dass Kunden ihre eigenen Becher mitbringen und in den Kaffeeketten füllen lassen, hat sich bisher kaum durchgesetzt. Nur ein Bruchteil der Kunden nutzt den Becher von zu Hause - obwohl viele Cafés dafür Rabatte anbieten.
Nun übernehmen Städte, Länder und Start-ups die Verantwortung der Kaffeeketten und bieten ihrerseits Alternativen an.
Mehrwegbecher von der Stadt
Vorreiter in der Debatte um die umweltschädlichen Kaffeebecher ist Freiburg. Ende 2016 wurde der FreiburgCup eingeführt - ein stadteigener Mehrwegbecher, der in 105 Cafés, Cafeterien oder Bäckereien gegen einen Pfand von einem Euro ausgeliehen, aufgefüllt und zurückgegeben werden kann.

Freiburg war bundesweit die erste Stadt, die ein solches Mehrwegbechersystem eingeführt hat. Mittlerweile haben mit Hannover und München andere Städte nachgezogen. Das Start-up Recup bietet sogar in verschiedenen deutschen Städten ein solches Mehrwegbechersystem an.
Mehr als 30.000 recycelbare FreiburgCups sind momentan in Umlauf. Aber nicht ausschließlich in der Stadt im Breisgau: "Wir registrieren hier einen gewissen Schwund", sagt Dieter Bootz von der städtischen Abfallwirtschaft, der das FreiburgCup-Projekt koordiniert. "Touristen haben die Becher schnell als preiswerte Souvenirs für sich entdeckt." Das sei natürlich nicht das Ziel. "Eindämmen können wir diese Verbreitung in alle möglichen Länder allerdings nicht".
Für FreiburgCup hat die Stadt mehr als 60.000 Euro ausgegeben. Angesichts solcher Anfangsinvestitionen kann Bootz es auch nachvollziehen, dass viele andere Städte noch keine eigenen Projekte anbieten.
Zumal noch fraglich ist, was die Mehrwegbecher wirklich bringen. Bootz Zwischenfazit nach knapp anderthalb Jahren FreiburgCup fällt bescheiden aus: "Leider konnte mir noch kein Mitarbeiter der Stadtreinigung bestätigen, dass sich die Menge der Einwegbecher auf den Freiburger Straßen oder im öffentlichen Müll der Stadt deutlich reduziert hat." Hoffnung machen ihm aber die Cafeterien der Universität: Unter den jungen Leuten seien die Becher besonders beliebt.
"Ein Kaffeebecher muss sexy sein"
Die deutsche Umwelthilfe (DUH) kommt zu einer ähnlich nüchternen Bewertung der deutschen Bechersituation: "Ein Großteil der Kaffeebecher sind immer noch Einwegbecher. Trotz aller Bemühungen von Kommunen, Ländern und Unternehmen, die eine Alternative anbieten, hat sich daran noch nicht genug geändert", sagt Thomas Fischer, Leiter der Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Dennoch sei Deutschland im internationalen Vergleich noch am weitesten.
Mit der "Becherheld"-Kampagne hat die DUH ein eigenes Projekt im Kampf gegen die Einwegbecher. Hessen und das Saarland sind Teil der Kampagne und bauen in Zusammenarbeit mit der DUH eigene Mehrwegsysteme für Kaffeebecher auf.
Und was tut der Bund gegen das Becherproblem? "Die Bundesregierung hat die Becherflut von sich ferngehalten und sich darauf verlassen, dass die Unternehmen ihre Verantwortung freiwillig übernehmen", sagt Fischer. Die DUH hofft nun, dass die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze das Problem bundesweit angeht.

Kaffee in der Waffel
Doch wie muss ein Kaffeebecher sein, um als Alternative zum Wegwerfmodell Erfolg zu haben?
Sexy müsse er sein, sagt Fischer: "Er muss den Kaffeetrinkern durch humorvolle Bilder und Sprüche oder ein außergewöhnliches Design schmackhaft gemacht werden." Außerdem dürfe der Becher kaum Arbeit machen: "Ein Kunde muss ihn so schnell wie möglich wieder loswerden, damit er den benutzten Mehrwegbecher nicht lange mit sich herumgetragen muss."
Das südafrikanische Start-up "#CoffeeInACone" möchte es den Kunden noch einfacher machen: Mit einem Becher, der nach dem Trinken nicht mehr herumgetragen oder in überfüllte Mülleimer gequetscht werden muss. Stattdessen kann man ihn einfach aufessen.
Der Kaffee soll aus einer Waffel getrunken werden, so die Geschäftsidee. Anders als der Einwegbecher ist diese Waffel auf der Innenseite mit Zartbitterschokolade statt mit Polyethylen beschichtet. Die Schokolade schmilzt in den Kaffee hinein. Zehn Minuten hat der Kunde garantiert Zeit, um den Kaffee zu trinken. Erst danach kann es passieren, dass der Kaffee durch die Waffel läuft.
"Die Rezeptur der Waffeln ist weltweit patentiert. Es gab etliche Tests, bis das optimale Verhältnis zwischen einem guten Geschmack und einer ausreichenden Dicke der Waffeln gefunden wurde", sagt Catrin Bellmann. Sie und ihre Geschäftspartnerin Ilaria Rinaldi haben die Marketingberatung "food for brands" gegründet und möchten die Waffel nun zusammen mit dem südafrikanischen Start-up auf den deutschen Markt bringen, um zur Verdrängung des Einwegbechers beizutragen.
Zurzeit testet Tchibo den Waffelbecher in Hamburg. Ob dieses oder andere Produkte wirklich eine Zukunft haben, hängt auch davon ab, wie ernst es die großen Ketten und ihre Kunden mit dem Umweltschutz wirklich meinen.