Rekordpreise für Energie Strom und Gas werden im Winter noch teurer

Schon jetzt müssen die Verbraucher in Deutschland für ihre Elektrizität so viel bezahlen wie nie zuvor. Bald dürften viele Strom- und Gasversorger noch mehr verlangen – auch wegen der neuen Ostseepipeline.
Gasherd

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Foto: Rafael Henrique / ZUMAPRESS / picture alliance

Die deutschen Haushalte müssen sich auf spürbar höhere Kosten für Strom und Gas im kommenden Winter einstellen. Schon jetzt sind die Strompreise für Privatkunden nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox auf einem historischen Rekordstand. Anfang September musste ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden durchschnittlich 30,54 Cent pro Kilowattstunde bezahlen – mehr als je zuvor.

Erdgas hat sich für Endverbraucher seit Neujahr im Mittel um fast zwölf Prozent verteuert. Dabei werden Preisänderungen normalerweise eher zum Jahreswechsel vorgenommen.

Großhandelspreis hat sich verzehnfacht

Die ungewöhnlich frühe Verteuerung ist die Folge von Preissprüngen auf Europas Großhandelsmärkten. So kostet Grundlaststrom an der Leipziger Energiebörse EEX mit mehr als 90 Euro pro Megawattstunde derzeit mehr als doppelt so viel wie im Sommer 2020. Erdgas ist am niederländischen Referenzmarkt TTF sogar rund zehnmal so teuer.

Der extreme Preisanstieg am Gasmarkt resultiert vor allem aus der Sorge vor Engpässen im Winter. So seien die Erdgasspeicher in Europa weniger gefüllt als normalerweise zu dieser Jahreszeit, sagt Gerd Wölbling, Einkaufsmanager beim Leipziger Gashandelskonzern VNG.

Da in Asien höhere Preise für verflüssigtes Erdgas gezahlt werden, nähmen nur wenige Tanker den Weg nach Europa. Auch der russische Staatskonzern Gazprom habe zwar seine Verträge erfüllt, aber weniger Pipelinegas als erwartet geliefert.

Geht Europa im Winter das Gas aus?

»Das liegt zum einen daran, dass sie zuerst Russlands eigene Speicher aufgefüllt haben«, sagt Wölbling. »Zum anderen hat Gazprom weniger Kapazität für Leitungen durch die Ukraine gebucht: Der Transport über Nord Stream 2 wird für sie wirtschaftlich günstiger sein.«

Sobald die umstrittene neue Ostseepipeline eröffnet sei, werde Russland aber viel Gas liefern, meint Wölbling. Zudem gebe es auch in der Ukraine noch Vorräte. Er rechnet daher nicht mit Engpässen im Winter – »es sei denn, wir bekommen eine längere Kältewelle mit wenig Wind.«

Neben Erdgas hat sich auch Steinkohle angesichts der hohen weltweiten Nachfrage massiv verteuert. Und beide fossile Brennstoffe kommen in diesem Jahr wieder verstärkt in deutschen Kraftwerken zum Einsatz – da relativ wenig Wind weht. Obendrauf haben sich EU-Emissionsrechte binnen Jahresfrist um mehr als 100 Prozent verteuert. All dies treibt den Börsen-Strompreis immer weiter nach oben.

»Bleiben die Großhandelspreise weiter auf diesem Niveau, rechnen wir zum Jahreswechsel mit flächendeckenden Tariferhöhungen«, sagte ein Verivox-Sprecher dem SPIEGEL: »sowohl beim Strom als auch beim Gas.«

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