
Elektrifizierung: Energiesparlampen für Kenia
Energiesparlampen Deutsche Firma will Kenianer erleuchten
Später Samstagabend im "Skylux", einer der beliebtesten Diskotheken Nairobis: HipHop wummert aus den Boxen, der Schweiß läuft, das Bier auch. Die Tanzfläche ist brechend voll. Plötzlich wird es stockdunkel, die Musik erstirbt, und durch die Fenster schimmert der afrikanische Nachthimmel herein.
In Kenias Hauptstadt ist der Strom ausgefallen. Nichts besonderes in Nairobi: Vor allem abends bricht das Netz in der größten Stadt Ostafrikas häufig zusammen. Weil KenGen, der staatliche Energieversorger, seit Jahren an seinen Kapazitätsgrenzen arbeitet, weil abends die Nachfrage nach Strom besonders hoch ist und weil das kenianische Stromnetz generell fragil ist. Die Wirtschaft im Land wächst, die Bevölkerung auch, die Ansprüche steigen, nur die Stromproduktion und technischer Standard halten damit kaum Schritt.
So gehören freiwillige und unfreiwillige Stromabschaltungen zu Nairobi wie der chaotische Verkehr. Kenias Hauptstadt steht damit nicht allein da. Ganz Afrika leidet unter seiner mangelhaften Energieversorgung. und wollen ihre Stromproduktion in den kommenden Jahren verdoppeln, Kenia träumt gar von einer Verzehnfachung der Strommengen in den nächsten 20 Jahren. Im Wesentlichen sollen und dazu beitragen - und doch werden auch CO2-Emissionen und Treibhausgase weiter steigen.
Weil fast 20 Prozent der globalen Energie für die Herstellung von Licht benötigt werden, wollen sich nun auch die großen Lampenhersteller am Sparen beteiligen - und gleichzeitig neue Märkte erschließen. Rund 25 Milliarden Euro setzen sie jährlich weltweit um. Es ist ein umkämpfter Markt, und Afrika gehört zu den Regionen mit den größten Wachstumspotentialen. "Wenn wir über CO2-Emissionen und Energieeinsparung sprechen, liegt beim Licht immer noch einer der größten Hebel", sagt Wolfgang Gregor vom Branchenriesen Osram. Im Klartext: Kaum irgendwo lässt sich mit ähnlich geringem Aufwand soviel Energie einsparen wie bei der Erzeugung von Licht.
Bislang gibt es kaum Energiesparlampen
Allein für 50 Milliarden Dollar, so belegen Osram-Zahlen, wird jährlich weltweit Kerosin verbrannt, um damit Licht zu produzieren. Würden weltweit nur noch eingesetzt, sagt das Uno-Umweltprogramm UNEP, könnten die Treibhausgase, die allein für die Erzeugung von Licht ausgepustet werden, halbiert werden.
Standard auf dem afrikanischen Kontinent ist die chinesische Glühbirne. Sie ist billig in der Anschaffung und vergleichsweise kurz in der Lebensdauer. Energiesparlampen etwa, innerhalb der EU inzwischen gesetzlich vorgeschrieben und bis zu 80 Prozent sparsamer im Verbrauch, sind in Afrika noch wenig verbreitet. Sie sind vergleichsweise teuer, und die längere Haltbarkeit ist für die große Mehrzahl der Afrikaner kein Kauf-Kriterium. Wer nicht weiß, was morgen kommt, verschwendet schon gar keinen Gedanken an das Übermorgen.
Das wollen große Licht-Hersteller jetzt ändern: Osram und der holländische Konkurrent Philips haben sich zusammen getan, um das Projekt gemeinsam voranzutreiben - und nebenbei den afrikanischen Markt zu erobern.
"Enlighten" nennt sich das Projekt, das sparsame und umweltfreundlichere Licht-Technologien in Schwellen- und Entwicklungsländern propagieren soll. Schwerpunkt ist der massenhafte Absatz von Energiesparlampen. Das Konzept hat Chancen, nicht nur weil es in den kommenden vier Jahren mit rund 20 Millionen Dollar befeuert wird. Die Marktführer Osram und Philips verkaufen weltweit rund 45 Prozent aller Leuchtmittel, zudem koordiniert die UNEP unter der Leitung des Deutschen Achim Steiner die Sache.
Bei der Entsorgung drohen Probleme
"Uns sind zwei Dinge wichtig", sagt der Spanier Manez Gomis, UNEP-Programm- und "Enlighten"-Projektleiter. "Wir wollen den CO2-Ausstoß reduzieren und die Kosten für den Stromverbrauch senken." Wenn Unternehmen davon profitieren, indem sie neue Märkte erschließen, "habe ich nichts dagegen", sagt Gomis.
Zunächst wurden über 100 Länder auf ihre Sparpotentiale untersucht, 28 davon in Afrika. Demnach könnte jährlich 27 Millionen Dollar einsparen, Kenia 45 Millionen und Südafrika sogar 270 Millionen, wenn ausschließlich Energiesparlampen zum Einsatz kämen.
Das klingt hoffnungsvoll, doch zugleich sind auch ein paar Probleme zu lösen.
In Afrika wird Müll üblicherweise verbrannt, wild abgekippt, und umfassende Recyclingsysteme, zumal für ausgediente Sparlampen, fehlen nahezu völlig.
Die gibt es zwar in Europa, aber auch dort, insbesondere in Südeuropa, arbeiten sie eher unzureichend. Wenn die quecksilberhaltigen Sparlampen jedoch auf der Müllkippe landen, gibt es ein echtes Umweltproblem.
"In Kenia würden sich Pfandsysteme anbieten"
Die "Enlighten"-Protagonisten sind mit einer Reihe nationaler Regierungen im Gespräch. Sie erwarten politische Unterstützung, denn ohne flankierende Gesetze, neue Sammelstrukturen und eine Kommunikation, die das Sammeln und Wiederverwerten populär macht, funktioniert kein Recycling-System.
Was also tun? Ein System zur Wiederverwertung von Leuchtmitteln nach deutschem Muster müsste erst geschaffen werden, es wäre aufwendig und teuer - und es würde nicht funktionieren.
"In Kenia etwa würden sich Pfandsysteme anbieten", sagt Gregor. "Nur so schafft man Anreize zur Rückgabe ausgedienter Lampen." Das würde den Preis leicht erhöhen, und müsste von Herstellern, Handel und Verbrauchern gemeinsam getragen werden. "Ich bin dennoch überzeugt, dass es funktionieren würde", sagt Gregor - vorausgesetzt, die kenianische Regierung kommt zum selben Schluss.
Klar ist: Leuchtmittel-Produzenten wie Osram haben ein großes Interesse an hohen Recyclingquoten. Sie sind auf die High-Tech-Metalle Seltene Erden angewiesen, die in den Lampen enthalten sind. Seitdem China seine Exporte der Seltenen Erden drastisch gekürzt hat und die Preise explodieren, müssen die Sparlampen-Hersteller über neue Methoden der Rohstoff-Gewinnung nachdenken - und sei es über die Wiederverwertung.
80 Prozent der Kenianer haben keinen Strom
Auch an anderer Stelle versucht Osram derzeit, neue Märkte zu erschließen: Nur ein kleiner Teil der afrikanischen Verbraucher ist an das Stromnetz angeschlossen. Batteriebetriebene Lampen wären ein Ausweg. Seit zwei Jahren betreibt der Konzern deshalb ein Projekt am Victoriasee, bei dem Fischer statt mit Kerosinlampen mit akkubetriebenen Sparlampen auf Fischfang gehen. Für rund 15 Euro Pfand können sich die Fischer einen Akku leihen, für etwa einen Euro die Batterie wieder aufladen. Die Nachfrage ist hoch, Osram plant inzwischen weitere Ladestationen.
Nicht nur die Fischer am Victoriasee sind auf netzunabhängiges Licht angewiesen: Rund 80 Prozent der Kenianer haben keinen Zugang zum allgemeinen Stromnetz. "Wir wollen unsere Idee weiter ausbauen", sagt deshalb Gregor. "In Zukunft gehen wir auch in die Slums, wo die Menschen vom Stromnetz nahezu vollständig abgeschnitten sind." Auch Osram habe bisher gerne in großen Dimensionen gedacht und "nicht gelernt, von kleinen Leuten kleines Geld zu nehmen".
Es geht dabei nicht um Hilfe für die Armen oder eine besonders menschenfreundliche Kampagne des Konzerns. Die Industrie müsse umdenken, sagt Gregor. Und er ist ehrlich genug, die Philosophie seines Unternehmens offen zu legen: "Nur Altruismus funktioniert nicht für ein Unternehmen. Was wir hier ausprobieren, ist für uns ein zukünftiges Geschäftsmodell."