Hermann-Josef Tenhagen

Indexfonds werden beliebter Die richtige Geldanlage für Normalsparer

Indexfonds werden bei den Deutschen beliebter. Und doch lassen viele ihr Geld weiter auf dem Sparbuch liegen - oder stecken es in teure Fonds ihrer Bank. Worauf Sie bei der Anlage achten sollten.
Frankfurter Börse

Frankfurter Börse

Foto: Boris Roessler/ dpa

Einige Milliarden Euro haben Privatanleger in Deutschland im vergangenen Jahr neu in Indexfonds angelegt . Diese sogenannten Exchange Traded Funds (ETFs) werden nicht aktiv von Fondsmanagern betreut, sondern bilden lediglich die Entwicklung eines Index (wie etwa des Dax) nach - und sind deshalb für die Kunden deutlich günstiger.

Mehr als eine halbe Million Sparpläne auf solche ETFs liegen inzwischen in den Depots aufgeklärter Kunden hierzulande: Fürs Alter, für die Kinder oder einfach nur als Alternative zum Niedrigzins-Sparbuch. Der Indexfonds nähert sich also der Mitte der Gesellschaft - und hat noch viel Potenzial: Etwa 2000 Milliarden Euro auf täglich verfügbaren Konten warten noch immer auf eine sinnvollere Verwendung.

Die wachsende Rolle der ETFs lässt sich auch an den Entwicklungen einzelner Banken ablesen: Bei der Direktbank ING Diba allein sind 2017 netto deutlich mehr als eine Milliarde Euro an Anlagen in ETFs dazugekommen. In den ersten vier Monaten 2018 sei 25-mal so viel Geld zusätzlich in ETFs wie in gemanagten Fonds gelandet, heißt es dort.

Wo es bei der Anlage der Deutschen hakt

Die Tendenz stimmt auch bei den anderen Direktbanken oder Wertpapierhändlern wie Consorsbank, Flatex oder der DKB . Bei der DKB seien die Anlagen in ETFs 2017 um 85 Prozent gestiegen, schreibt die Bank. Sogar bei den Großbanken Deutsche Bank, Commerzbank und Hypovereinsbank hat der Indexfonds Einzug gehalten. Die HypoVereinsbank lagert die Einzahlungen auf ETF-Fondssparpläne kostenlos im Depot. Die Deutsche-Bank-Tochter DWS managt inzwischen mehr als 130 Milliarden Euro in ETFs, den größten Teil allerdings noch immer für institutionelle Anleger, also zum Beispiel Firmen und Versicherer. Allein 2017 seien elf Milliarden Euro weltweit hinzugekommen.

Nur bei den Volksbanken und Sparkassen tun sich die Angestellten mit der neuen Sparform oft noch schwer. Wir verkaufen keine ETFs schrieb mir Deutschlands größte Sparkasse, die Berliner Sparkasse, lapidar.

Dort werden offensiver noch als früher gemanagte Fonds mit hohen Verwaltungsgebühren und mit längst altmodisch teuer gewordenen Ausgabeaufschlägen verkauft. Irgendwoher müssen die zusätzlichen Provisionseinnahmen ja kommen, wenn schon beim Zinsgeschäft nichts mehr geht.

Fortschritt also? Sicher nicht genug. Es sind vor allem zwei Dinge, die noch im Argen liegen:

  • Erstens wird die Mehrzahl der mehr als 20 Millionen Depots in Deutschland bei Filialbanken immer noch nicht zum preiswerten Wertpapiersparen genutzt. Hunderte Milliarden Euro liegen in Fonds, für deren Management oft zwei Prozent jährliche Kosten fällig werden, die Hälfte der Kosten geht oft an die Bank zurück, die den Fonds verkauft hat. Nicht nur Volksbanken und Sparkassen ziehen es schon deshalb vor, ihren Kunden die Gebühren aus der Tasche zu ziehen, statt ihnen sehr günstige Angebote zum Einstieg in den Kapitalmarkt zu machen. Sicher gibt es auch die Kunden, die trotzdem einen Fonds mit einem Fondsmanager vorziehen. Weil sie es gewohnt sind oder es ihnen plausibler vorkommt. Oder solche, die sich selbst über den Aktienmarkt informieren. Niemand sollte Banken und Sparkassen daran hindern, diesen Kunden gemanagte Fonds anzubieten. Aber für die Mehrheit der Anleger passt das nicht: Die haben weder Zeit noch Lust zu so einer Analyse - vom Erfolg ganz zu schweigen.

  • Zweitens ist es auch nicht damit getan, einfach nur passive Indexfonds statt aktiv gemanagter Fonds zu verkaufen. Es geht darum, in welche Aktien diese Fonds investieren. Für den normalen Anleger eignen sich nur die marktbreiten und relativ risikoarmen Fonds, die die weltweiten Aktienindizes MSCI World oder MSCI All Countries World nachbilden. Viel verbreiteter sind aber andere ETFs: Mehr als 500 Milliarden Euro stecken in ETFs, die an der Frankfurter Börse gehandelt werden. Sehr oft bilden diese den Dax nach. Mit so einer Anlage aber kauft sich der Sparer ein zusätzliches Problem ein: Geht es der deutschen Konjunktur mal schlecht, hat er nicht nur das Risiko, seinen Job zu verlieren. Es geht auch noch seinen Aktien schlecht - und schließlich noch der Rentenkasse. Eine gute Risikoverteilung ist das nicht. Ungeeignet für Kleinanleger sind zudem meist Fonds auf so manchen Spezialindex. Der MSCI Brazil etwa hat in den vergangenen fünf Jahren einmal 60 Prozent seines Wertes verloren, um heute wieder auf dem Stand von 2013 zu stehen. Wer in einen Indexfonds auf europäische Telekom-Aktien anlegt, konnte in den vergangenen drei Jahren ein Drittel seines Geldes verlieren. Aus Sicht des einzelnen Anlegers sind solche Fonds fast so riskant wie der Kauf von Einzelaktien.

Für Sie als Sparer folgen daraus einige Lehren:

  • Suchen Sie sich ein preiswertes Depot . Das spart über zehn Jahre einige Hundert Euro.

  • Bestehen Sie beim Kauf von Wertpapieren auf einen Kauf an der Börse statt hoher Ausgabeaufschläge. Wenn Sie 50.000 Euro anlegen, verschlingen die klassischen Ausgabeaufschläge gleich zu Beginn bis zu 2500 Euro Provisionen.

  • Kaufen Sie kostengünstige Fonds auf sogenannten marktbreiten Indizes. Im MSCI World  wird die Wertentwicklung von 1600 Firmen aus 23 Ländern abgebildet, im Index MSCI All Countries World  sogar die Entwicklung von 2300 Firmen aus 47 Ländern .

Der Unterschied bei den Kosten ist gewaltig. Gehen wir weiter von den oben genannten 50.000 Euro aus, sind bei klassischen Fonds schnell 1000 Euro Gebühren pro Jahr fällig, bei Indexfonds 150 Euro. Steigt der Wert ihrer Geldanlage wie zu erwarten, vergrößert sich der Unterschied schnell auf mehr als 20.000 Euro für den 15-Jahres-Zeitraum.

Und die Wertentwicklung? In den vergangenen 15 Jahren ist der weltweite Index MSCI World im Schnitt jährlich um knapp acht Prozent gestiegen. Aus 50.000 Euro wären trotz der Finanzkrise etwa 155.000 Euro geworden. Dafür aber gibt es keine Garantie. Ich empfehle immer die Anlage über 15 Jahre. Über diesen Zeitraum hat etwa der MSCI World in der Vergangenheit noch nie einen Verlust gemacht, egal, in welchem Monat man gestartet ist. Schöne Chancen und ein sehr geringes Verlustrisiko also. Das ist der Charme dieser Indexfonds.

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Micha Kirsten / Finanztip

Hermann-Josef Tenhagen, Jahrgang 1963, ist Chefredakteur von »Finanztip« und Geschäftsführer der Finanztip Verbraucherinformation GmbH. Der Geldratgeber ist Teil der Finanztip Stiftung. »Finanztip«  refinanziert sich über sogenannte Affiliate-Links, nach deren Anklicken »Finanztip« bei entsprechenden Vertragsabschlüssen des Kunden, etwa nach Nutzung eines Vergleichsrechners, Provisionen erhält. Mehr dazu hier .

Tenhagen hat zuvor als Chefredakteur 15 Jahre lang die Zeitschrift »Finanztest« geführt. Nach seinem Studium der Politik und Volkswirtschaft begann er seine journalistische Karriere bei der »Tageszeitung«. Dort ist er heute ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Genossenschaft. Auf SPIEGEL.de schreibt Tenhagen wöchentlich über den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld.

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