Schockbilder auf Automaten EU-Richter verschärfen Warnhinweise beim Tabakverkauf

Amputierte Beine oder verfaulte Zähne: Auch auf Zigarettenautomaten an Kassen müssen drastische Warnbilder zu sehen sein. Das hat der EuGH nun entschieden und damit einen lange währenden Rechtsstreit beendet.
Zigarettenautomat (Archivbild)

Zigarettenautomat (Archivbild)

Foto: Michael Gstettenbauer / IMAGO

Raucher müssen künftig Warnungen wie Schockbilder von verfaulten Zähnen bereits auf den Auswahltasten von Zigarettenautomaten sehen, wenn die Tasten Zigarettenpackungen ähneln. Wie aus einem am Donnerstag bekanntgegebenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs hervorgeht, müssen die Warnungen auf den entsprechenden Tasten zu sehen sein, selbst wenn Verbraucher vor dem Kauf die eigentliche Schachtel und somit die Warnhinweise sehen (Rechtssache C-370/20 – Informationen zu dem Verfahren finden Sie hier ).

Hintergrund des Urteils ist ein langer Rechtsstreit, der seinen Ursprung in Deutschland hatte, genauer gesagt: in München. Auslöser waren dabei Automaten in Supermärkten, bei denen die Zigarettenpackung auf das Kassenband fällt, nachdem man eine Marke ausgewählt hat. Die Nichtraucher-Initiative Pro Rauchfrei hatte geklagt, weil an den Kassen in zwei Münchner Supermärkten Zigaretten über entsprechende Automaten angeboten wurden, ohne dass Warnhinweise für den Kunden von außen zu sehen waren.

Verstoß gegen das Verdeckungsgebot

Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht war die Initiative unterlegen. Das OLG München sah keinen Verstoß gegen das Verdeckungsverbot der Warnhinweise, weil die gesamten Verpackungen verdeckt würden. Nach Ansicht der Münchner Richter werden die Zigarettenschachteln noch nicht in den Verkehr gebracht, wenn sie im Verkaufsautomaten vorrätig gehalten werden. Das Verdeckungsverbot besagt, dass die Warnungen vollständig sichtbar sein müssen, also nicht durch Aufkleber, Hüllen oder sonstige Gegenstände verdeckt werden dürfen.

Die EU-Richter kamen nun zu einem anderen Schluss. Demnach werden die Zigaretten nicht erst dann in Verkehr gebracht, wenn sie bezahlt werden. Nach EU-Recht müssen auch auf Bildern der Schachteln Warnungen – etwa Fotos von amputierten Beinen oder verfaulten Zähnen – zu sehen sein. Wie der EuGH nun klarstellt, ist ein solches »Bild einer Packung« im Sinne des EU-Rechts bereits eine Darstellung, die hinsichtlich der »Umrisse, Proportionen, Farben und Markenlogo« mit einer solchen Packung assoziiert werden kann. Es muss also beispielsweise kein originalgetreues Foto einer Schachtel sein, damit die Darstellung den Regeln des EU-Rechts unterliegt.

beb/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten