Eva Hermans Insolvenz Das Pleite-Prinzip

Geld verbrannt statt Steuern gespart - die Insolvenz von Eva Herman zeigt beispielhaft, was bei Immobilien-Investments schief gehen kann. So wie die Ex-"Tagesschau"-Sprecherin setzten viele Deutsche mit Anlagen in ostdeutsche Mietwohnungen Hunderttausende in den Sand.
Eva Herman: "Finanziell das Genick gebrochen"

Eva Herman: "Finanziell das Genick gebrochen"

Foto: Soeren Stache/ dpa

Hamburg - Ex-"Tagesschau"-Sprecherin Eva Herman (53) hat beim Amtsgericht Hamburg private Insolvenz angemeldet. "Meine Immobilien im Osten haben mir finanziell das Genick gebrochen", sagte Herman der "Bild"-Zeitung. "1995 habe ich für 500.000 Euro drei Objekte in Leipzig gekauft. Es handelte sich dabei um diese typischen Bauherren-Modelle, die viel Steuerersparnis versprachen, aber völlig überhöhte Mietvoraussagen hatten", berichtete sie. "Ich konnte den hohen Zahlungen jahrelang problemlos nachkommen, weil ich viel gearbeitet und viel Geld verdient habe."

Doch nach der Veröffentlichung ihres umstrittenen Buches "Das Eva-Prinzip" musste Herman ihren Job bei der "Tagesschau" aufgeben. "Als im Jahr 2007 mein berufliches Fundament zusammenbrach, war es mir nicht mehr möglich, die Forderungen der Banken zu bedienen", sagte Herman der "Bild". "Also war es nur eine Frage der Zeit, bis es zu der jetzigen Situation gekommen ist." Die Privatinsolvenz sei ihr einziger Ausweg gewesen. "Das war ein schmerzhafter Schritt", sagte sie.

Ein schmerzhafter Schritt, den in der Vergangenheit so mancher Immobilieninvestor in Ostdeutschland gehen musste. Dass Immobilien selbst ehemalige Großverdiener wie Herman ruinieren können, überrascht angesichts eines boomenden Immobilienmarkts: Seit Jahresbeginn stiegen die Preise für Wohnungen in Deutschland um 3,1 Prozent, bei Besichtigungen in München oder Berlin scharen sich oft 100 Menschen und mehr. Auch Leipzig gilt heutzutage als Insel der seligen Wohnungsbesitzer. Die Großstadt in Sachsen ist unter Studenten und Rentnern beliebt, 2011 stiegen die Preise von Wohnimmobilien stadtweit um fünf Prozent.

Ein schwacher Trost

Doch wer wie Herman schon in den neunziger Jahren in ostdeutsche Immobilien investierte, für den ist der aktuelle Preisanstieg ein schwacher Trost: Die Mieten in Leipzig fielen zwischen 1995 und 2010 um 28 Prozent. Die Preise für Mietshäuser halbierten sich in den frühen Nullerjahren sogar und verharrten bis vor kurzem auf diesem Niveau. Von den Summen, die Herman und andere Anleger dafür bezahlten, sind die Preise bis heute weit entfernt.

Dabei waren die sogenannten Bauherrenmodelle Anlegern einst als todsicher verkauft worden. Die Ostdeutschen, so versicherten Finanzberater, hätten nach 40 Jahren Plattenbau Lust auf moderne Mietshäuser. Das Kapital sollten wohlhabende Westdeutsche bereitstellen und durch die Mietpreisbindung praktisch garantierte Renditen kassieren.

Vor allem aber lockte der Steuervorteil: Nach der Wiedervereinigung förderte die Bundesregierung Fonds, die in ostdeutsche Wohn- und Bürohäuser investierten, mit Steuerabzügen von bis zu 50 Prozent. Je nach persönlichem Steuersatz des Anlegers steuerte der Fiskus so bis zu einem Viertel des Kaufpreises bei. Tausende Anleger ließen ihre Vorsicht sein und investierten wie Eva Herman Hunderttausende Mark in das Immobilien-Dorado.

Es kam anders: Der Wirtschaftseinbruch im Osten führten zu einem Massenexodus: Leipzig verlor zwischen 1989 und 1998 ein Fünftel seiner Einwohner - und damit auch viele Mieter. In manchen Jahren stand jede fünfte Wohnung leer und brachte den Investoren Scherereien, Instandhaltungskosten und kaum Miete. Die Einwohnerzahl von Leipzig ist inzwischen immerhin wieder über ihrem Vorwende-Niveau, in anderen ostdeutschen Großstädten wie Magdeburg oder Rostock liegt sie noch immer weit darunter.

Zudem waren viele Anleger windigen Finanzberatern aufgesessen, die horrende Gebühren für Schrottimmobilien kassiert und sich dann ins Ausland abgesetzt hatten. Und auch das Steuersparmodell funktionierte nur für Gutverdiener. Wer wie Eva Herman unerwartet seinen Job verlor, hatte keine Steuerlast mehr, von der die Verluste abgezogen werden konnten. Weil die Immobilien zum Großteil auf Kredit gekauft worden waren, konnten die Anleger nach dem Verlust des Jobs oft die Raten nicht mehr bedienen. Und weil der Preis der Immobilien inzwischen drastisch gesunken war, funktionierte auch der Ausstieg über einen schnellen Verkauf nicht mehr. Auch Ex-Nationaltorhüter Eike Immel landete so nach seinem Karriereende in der Privatinsolvenz.

Besserung ist für die geplagten Bauherren und -damen kaum in Sicht: Laut Prognosen der Statistischen Landesämter bis 2030 droht ostdeutschen Großstädten wie Halle oder Chemnitz eine weitere dramatische Entvölkerung. Selbst der vermeintlichen Wachstumsstadt Leipzig sagen die Statistiker in den optimistischsten Szenarien nur ein minimales Bevölkerungswachstum für die nächsten 18 Jahre voraus. Auf einen Boom, der ihnen ihr Geld zurückbringt, dürften die Bauherren von einst noch lange warten.

Mit Material von dpa
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