
Angebote vergleichen So holen Sie sich Zinsen für Ihr Geld


Bankenskyline in Frankfurt: Es tut sich langsam wieder etwas
Foto: Boris Roessler / dpaDas erste Mal seit Jahren lohnt es sich wieder, nach den Zinsen bei der Geldanlage zu schauen. Tatsächlich bieten einige heimische Banken inzwischen drei Prozent im Jahr für ein dreijähriges Festgeld. Das ist zwar weniger als die zu erwartende Inflation in dieser Zeit, macht aber einen Unterschied: Aus 20.000 Euro auf dem Festgeldkonto werden nach drei Jahren fast 22.000 Euro. Viel besser als nichts.
Beim Blick auf die Zinstabelle meiner Finanztip-Kollegen war ich echt verblüfft angesichts der Aufwärtsentwicklung bei den Zinsen. Bei den Banken sind es alte Bekannte: Das beste dreijährige Festgeld kommt von Crédit Agricole Consumer Finance (CA Consumer Finance), der deutschen Geldanlagetochter einer französischen Großbank. Vor sechs Jahren war die schon mal ganz weit vorn, die Bank, und ihre für deutschsprachige Ohren ungewöhnliche Aussprache »Kackf« habe ich sogar an dieser Stelle vorgestellt.
Zweieinhalb Prozent Zinsen für drei Jahre zahlen die Bausparkasse Mainz und die AKF Bank. Die Mainzer haben schon in der Finanzkrise 2007 bis 2009 sehr ordentliche Zinsen gezahlt.
Und vergleichsweise gute Tagesgeldzinsen bietet nicht nur die (Auto-)Bank11 des rheinischen Werhahn-Konzerns, sondern auch der Branchenriese ING. Auf deren Tagesgeldkonto wird für Neukunden in den ersten vier Monaten ein Prozent Zinsen gezahlt. Die ING in einer Zinstabelle für Sparerinnen und Sparer ganz vorne dabei – das gab es mehr als drei Jahre nicht. Die Direktbank der Frankfurter Sparkasse 1822 verspricht das Prozent Zinsen auf dem Tagesgeldkonto sogar für eine Dauer von sechs Monaten. Auch das Zinsportal Weltsparen hat einige attraktive Angebote, etwa aus Frankreich.
Bei manchen regionalen Banken werden jetzt auch erstmals wieder relevante Zinsen angeboten. Und vereinzelt wird die Woche vor dem Weltspartag für Sparschnäppchen genutzt. Die Volksbank Rhein-Lippe zum Beispiel bietet in der kommenden Woche einen Zinssatz von 1,5 Prozent für zweijähriges Festgeld .
In den vergangenen Wochen haben sich die Sparzinsen vielerorts mit einer Geschwindigkeit erhöht, die an die Zinsentwicklung für Baufinanzierungen in den ersten Monaten 2022 erinnert. Und die Inflation ist auch auf vor einem Jahr nicht vorstellbare zehn Prozent geklettert.
Die Geldanlage anpassen
Tatsächlich aber legt die Entwicklung nahe, seine Geldanlagen wieder etwas differenzierter zu betrachten. In den Zeiten der Niedrigzinsen hatte sich Festgeld kaum noch gelohnt. Viele hatten nur Tagesgeld für die eiserne Reserve und alle planbaren Ausgaben der kommenden Jahre – und ansonsten auf einen Aktien-ETF für die langfristige Geldanlage gesetzt. Künftig lohnt es sich wieder, für planbare Ausgaben in ein, zwei oder drei Jahren Geld als Festgeld anzulegen. Und sich die Zeit zu nehmen, die Angebote genau zu vergleichen – und sich über Hunderte Euro an Zinsen zu freuen. Auch wenn diese Zinsen nach wie vor den Kaufkraftschwund durch Inflation bei Weitem nicht kompensieren.
Möglicherweise stellen Sie sich jetzt die Frage, ob Sie noch sechs Monate abwarten sollten. Wenn die Zinsen weiter so steigen, könnte der angebotene Zinssatz dann ja noch höher sein und die Rendite besser. Mit einem Tagesgeldkonto als Basis sind Sie ja flexibel beim Einstieg.
Abwarten oder zuschlagen
Wenn Sie wissen, dass Sie das Geld zum Beispiel zum 1. Januar 2026 brauchen, können Sie das durchrechnen. Sie legen jetzt 20.000 Euro an zu drei Prozent, dann bekommen Sie jedes Jahr 600 Euro Zinsen ausgezahlt. Insgesamt 1800 Euro.
Wenn Sie jetzt das Geld auf ein Tagesgeldkonto zu einem Prozent packen und nach einem Jahr – sagen wir mal – vier Prozent für dann nur noch 24 Monate bekämen, sieht die Rechnung anders aus: Aus 20.000 Euro werden im ersten Jahr 20.200 Euro. Und aus 20.200 nach weiteren 24 Monaten mit vier Prozent Zinsen dann knapp 21.650 Euro, also rund 150 Euro weniger.
Anders, wenn die Zinsen noch schneller steigen und Sie schon nach einem halben Jahr vier Prozent bekämen. Das Tagesgeld können Sie jederzeit kündigen. Aus 20.000 Euro werden in sechs Monaten 20.100 Euro und aus 20.100 in den folgenden 30 Monaten bei vier Prozent Zinsen 22.075 Euro.
Die Beispiele zeigen, egal ob ich jetzt die kompletten 20.000 Euro für drei Jahre anlege, oder erst mal nur abwarte: Ich schließe eine Wette ab. Wenn der Zins weiter schnell steigt und das Enddatum fix ist, lohnt es sich, abzuwarten. Steigt der Zins nur langsam oder überhaupt nicht, lohnt es sich nicht.
Reich wird man mit Festgeld trotzdem nicht
Als langfristige Geldanlage lohnt sich aber selbst der Vierprozenter in einigen Monaten noch immer nicht. Eben wegen der Inflation. Meine Beispielrechnung:
Wir sind ganz optimistisch und nehmen an, dass die Inflation zwar 2023 rund acht Prozent betragen wird, 2024 dann aber auf fünf Prozent sinkt und 2025 schließlich wieder zwei Prozent erreicht. Ende 2025 wären nach dem optimistischen Vier-Prozent-Szenario 22.075 Euro auf dem Konto. Die Kaufkraft meiner einstmals 20.000 Euro läge aber wegen der Inflation der drei Jahre nur noch bei 19.100 Euro. Bei durchgängig drei Prozent Zinsen würde die Kaufkraft meiner Anlage sogar auf 18.900 Euro schrumpfen.
Mit anderen Worten: Es lohnt sich bei der aktuellen Inflation also nicht, ein Festgeldkonto als renditeträchtige Geldanlage zu sehen. Vielmehr bietet ein solches Festgeldkonto eine Absicherung des Ersparten, von dem ich schon weiß, dass und wann ich es ausgeben will. Sowie einen Stabilitätsanker für meinen Aktienfonds. An sich ist das schon seit langen Jahren so. Seit fast 20 Jahren lässt sich mit Festgeld-Zinsprodukten kaum noch der Werterhalt des Ersparten sicherstellen.
Das Zweitkonto – bringt was, kostet nix
Wenn Sie bis hierher gelesen haben und sich fragen: »Ja, wo steigen sie denn, die Zinsen? Bei meiner Hausbank noch nicht?« Da kann ich Ihnen sagen: Sie sind da im Moment (noch!) in Gesellschaft. Zwar machen immer mehr Banken bei der Zinswende mit, aber bei rund 1400 verschiedenen Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken allein in Deutschland sind noch immer sehr viele Institute nicht losmarschiert . Da ist lediglich das »Verwahrentgelt« gestrichen, aber fürs Sparkonto weiterhin 0,0 Prozent angesagt.
Finanztip hat bei einigen dieser Spätzünder nachgefragt: DKB und Commerzbank wollen immerhin ab Dezember wieder Tagesgeldzinsen anbieten. Die Deutsche Bank hat zumindest ein einjähriges Festgeld für 0,65 Prozent, präsentiert in ihrem aktuellen Preisaushang aber ungerührt den Sparbuchzins von 0,001 Prozent und direkt daneben den über tausendfach höheren EZB-Zins 1,25 Prozent.
Auch manche angefragten regionalen Banken gaben enttäuschende Antworten: Tagesgeldzinsen derzeit Fehlanzeige.
Da gibt es ein simples Gegenrezept, falls Ihre Hausbank das auch so hält – suchen Sie sich eine stabile Zweit- oder Drittbank und nutzen Sie für einen Teil Ihres Geldes deren höhere Zinsen. Achten Sie auf eine seriöse Einlagensicherung und legen Sie nicht alle Eier in einen Korb.
Was die Zinsentwicklung in der nahen Zukunft angeht, dürften wir am kommenden Donnerstag mehr Klarheit bekommen. Denn dann steht die nächste Leitzinsentscheidung des EZB-Rats an. Vieles spricht dafür, dass die Währungshüter die Zinsen ein weiteres Mal um einen deutlichen Schritt erhöhen.
Langfristig braucht es doch einen ETF
Für die langfristige Geldanlage bleibt neben der eigenen Immobilie weiter vor allem ein Depot mit ETFs auf weltweit und marktbreit gestreute Aktien. Damit hätten Sie in den vergangenen zwölf Monaten zwar derbe Verluste gesehen – in Dollar rund 20 Prozent, in Euro Gott sei Dank nur sechs Prozent wegen der Wechselkursentwicklung .
Doch das ist nur eine Momentaufnahme. Auf lange Sicht sieht es viel besser aus: Selbst wenn Sie im Herbst 2008 unmittelbar vor dem großen Crash der Finanzkrise auf den marktbreiten MSCI World Index gesetzt hätten, hätte sich der Wert Ihres Depots bis heute nominell mehr als verdoppelt. Und so wäre auch bei Berücksichtigung der Inflation noch eine ganz ordentliche Rendite übrig geblieben .
Dagegen können die Zinsprodukte nicht anstinken.