Giftige Eier Spur führt zu rumänischer Chemiefabrik

Eier in einer Geflügelfarm im niederländischen Onstwedde
Foto: Huisman Media/ dpaIm Skandal um Hunderttausende mit dem Kontaktgift Fipronil verseuchte Hühnereier ist nach SPIEGEL-Informationen ein Chemikalienhändler aus dem belgischen Weelde ins Zentrum der Ermittlungen gerückt. Belgische und niederländische Fahnder gehen Hinweisen nach, wonach Patrick R. um den Jahreswechsel in einer Fabrik in Rumänien große Mengen des Tiermedikaments Fiprocid geordert habe, das den gefährlichen Wirkstoff Fipronil enthält. Ehemalige Geschäftspartner des Unternehmers sagten dem SPIEGEL, dass es sich um Bestellungen im Volumen von mehreren Zehntausend Euro gehandelt habe. (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)
Weder Patrick R. noch dessen belgischer Strafverteidiger waren am Donnerstag für eine Stellungnahme erreichbar. Das Kontaktgift war offenbar einer Flüssigkeit namens "Dega 16" beigemischt, die in 20-Liter-Kanistern vertrieben wurde und der Säuberung von Geflügelställen dienen sollte. In Deutschland ist ein Präparat dieses Namens auf dem offiziellen Markt nicht erhältlich.
Inzwischen sind mit Fipronil belastete Eier nach Angaben von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in zwölf Bundesländern in den Handel gelangt. Eine Schlüsselrolle käme Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zu. Die Lage sei "unter Kontrolle", es gebe aber "noch keine Entwarnung". Warenströme würden untersucht, auch für Produkte mit verarbeiteten Eiern.
Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, kritisierte den Bundeslandwirtschaftsminister. Es könne nicht sein, dass der Minister "tagelang in der Versenkung verschwindet, während die Verbraucher verunsichert sind", sagte die Politikerin der "Passauer Neuen Presse". Zudem sei es "unerträglich, wie das dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstehende Bundesamt für Risikobewertung abwiegelt", sagte die Politikerin.
Auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ute Vogt warf Schmidt Untätigkeit vor. "Bundesminister Schmidt muss endlich seiner Pflicht als Minister für den gesundheitlichen Verbraucherschutz nachkommen und darf die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht allein den Ländern, den Verbraucherschutzorganisationen und den nachgeordneten Behörden seines Ministeriums überlassen", sagte sie dem SPIEGEL.
Fipronil war über das Anti-Läusemittel Dega-16 in die Eier gelangt. Das Mittel beruht eigentlich nur auf ätherischen Ölen wie Menthol und Eukalyptus. Vermutlich hatte ein belgischer Hersteller Fipronil beigemischt, obwohl das Mittel für die Geflügelzucht verboten ist.
Zwölf Bundesländer betroffen
Nach Angaben des niedersächsischen Agrarministers Christian Meyer (Grüne) wurden jedoch weitaus mehr belastete Eier aus den Niederlanden in Deutschland verkauft als bislang bekannt. Nach neuesten Informationen handele es sich nicht nur um drei Millionen, sondern um zehn Millionen Eier, sagte Meyer am Freitagmorgen im ZDF. Der Höhepunkt des Gifteier-Skandals sei noch nicht erreicht. Bislang gebe es zwar keine Hinweise, dass auch von Hühnerfleisch eine Gesundheitsgefahr ausgehe. "Aber wir untersuchen auch das jetzt." Produkte, in denen Eier verarbeitet wurden, würden ebenfalls unter die Lupe genommen.
Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gibt es bislang aber noch keine Befunde für einen möglicherweise gesundheitsschädlichen Gehalt an Fipronil pro Kilogramm Ei. Die vorliegenden Daten lägen "um einen Faktor zehn unterhalb" des kritischen Werts, bis zu dem eine Gefährdung für Erwachsene wie Kinder unwahrscheinlich sei. Dieser Wert gelte sowohl für lose Eier als auch für verarbeitete Produkte. Generell gelte: "Fipronil hat in Eiern nichts zu suchen", sagte BfR-Abteilungsleiterin Monika Lahrssen-Wiederholt.
Ein Ursprung des Skandals sind belastete Eier aus den Niederlanden - darunter Bio-Eier. Vorerst nicht betroffen waren laut Bundesministerium die vier Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und das Saarland.
Aldi nimmt Eier aus dem Verlauf
Die Discounter Aldi Süd und Aldi Nord haben inzwischen nach eigenen Angaben deutschlandweit sämtliche Eier aus dem Verkauf genommen. Es handele sich um eine "reine Vorsichtsmaßnahme".
Von sofort an dürften nur noch Eier an Aldi geliefert werden, für die ein Nachweis vorliege, dass sie negativ auf fipronilhaltiges Anti-Läusemittel getestet seien. Die Unternehmen teilten mit, das Vorgehen werde möglicherweise dazu führen, dass es zu Engpässen bei der Versorgung mit Eiern kommt.
Die Unternehmensgruppen begründeten ihr Vorgehen den Angaben zufolge damit, dass sie "Klarheit und Transparenz" bei ihren Kunden herstellen wollten. Schon seit Anfang der Woche beziehe Aldi keine Eier mehr aus gesperrten niederländischen Betrieben. Zudem seien in den vergangenen Tagen in einzelnen Regionen Freiland-, Bodenhaltungs- und Bio-Eier vorsorglich aus dem Verkauf genommen worden, wie es weiter hieß.