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Fleischatlas 2016: Grafiken zur Fleischproduktion in Deutschland

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Massentierhaltung in Deutschland Die Schweine-Industrie

Massentierhaltung wird in Deutschland zum Standard. Hiesige Unternehmen produzieren immer mehr Fleisch, die Ställe werden immer größer. Das zeigt der Fleischatlas 2016.

Wenn am Freitag in Berlin die "weltgrößte Messe für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau" zum 81. Mal in 90 Jahren eröffnet, dann ist sie wieder ein Stück größer, vermutlich kommen wieder ein paar mehr Besucher. Seit 1926 kamen 85.000 Aussteller aus 128 Ländern und mehr als 32 Millionen Besucher: Zahlenfetischismus gehört zur Internationalen Grünen Woche wie die Probierhäppchen.

Von Kritikern wird sie als "Fressmesse" verspottet, und tatsächlich wird immer viel gegessen und getrunken. Immer im Zentrum: das Fleisch.

So gibt auch die Heinrich Böll Stiftung gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) jedes Jahr den Fleischatlas pünktlich zum Start der Internationalen Grünen Woche heraus, 2016 unter dem Titel "Deutschland regional".

Während der Fleischatlas im vergangenen Jahr noch vor dem weltweit steigenden Fleischverzehr warnte, schaut er jetzt auf die Tierhaltung und den Konsum in Deutschland. Das Ergebnis ist vorsichtiger Optimismus: In Deutschland reduzieren immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum, und rein theoretisch wären einer Umfrage zufolge 80 Prozent auch bereit, höhere Preise zu zahlen - wenn sie sichergehen könnten, dass die Haltungsbedingungen der Tiere dadurch verbessert würden.

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Der Trend zu steigender Fleischproduktion aber, vor allem für den Export und mit immer mehr Tieren in immer größeren Ställen, bleibt dem Fleischatlas zufolge ungebrochen. In den vergangenen gut 20 Jahren ist die Erzeugung von Geflügelfleisch um mehr als 75 Prozent gestiegen, während die Zahl der Mastbetriebe um 95 Prozent zurückging. Bei der Produktion von Schweinefleisch sind die Zahlen ähnlich: Die Produktion stieg um 50 Prozent, die Zahl der Betriebe sank um fast 90 Prozent. (Sehen Sie alle Grafiken in der Fotostrecke)

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Dieser Strukturwandel hat die deutsche Landwirtschaft flächendeckend verändert, vor allem in der Tierhaltung, aber eben nicht ausschließlich. Und die Branche wächst weiter: Zwar sind die Zahlen über geplante Stallneubauten nicht in allen Bundesländern frei zugänglich, für den Fleischatlas hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Daten aber nach dem Umweltinformationsgesetz in den Landkreisen abgefragt.

Selbst die lückenhaften Zahlen zeigen, dass die Entwicklung noch nicht zu Ende ist: Die Halter haben demnach bundesweit mindestens 720.000 neue Plätze für Schweine beantragt und fast 11 Millionen Plätze für Geflügel. Wegen des beschriebenen Strukturwandels verschwinden allerdings gleichzeitig auch kleinere Ställe - die Gesamtzahl der Mastplätze steigt also langsamer.

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Der Fleischatlas geht ausführlich auf die Situation aller Bundesländer ein, wobei die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen vor allem als Absatzmärkte für Biohöfe und vegetarische Produkte untersucht wurden - und als Trendmärkte für neue Geschäftsmodelle, bei denen regionale Erzeuger mit ihren Kunden in Kooperativen oder über das Internet zusammenkommen.

Die Analyse der Situation in den deutschen Flächenstaaten ist dagegen weitgehend pessimistisch: In Schleswig-Holstein bedrohen endlose Maisfelder die vielfältige Kulturlandschaft und die empfindlichen Böden. Schuld ist vor allem der Boom der Biogasanlagen, für die die Maismonokulturen angepflanzt wurden - die konstante Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz war für viele Bauern lukrativer als klassische Landwirtschaft. Immerhin hat die EEG-Novelle das geändert.

Gleich in fünf Bundesländern sieht der Fleischatlas Probleme mit der Massentierhaltung: In Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen gibt es Widerstand der Bevölkerung gegen Großställe, die zudem Böden und Gewässer belasten. Allein die Region Weser-Ems, Kerngebiet der Tierhaltung in Niedersachsen, muss fast 2,3 Millionen Tonnen Gülle abtransportieren, weil die Böden die große Menge nicht mehr aufnehmen können.

Lob gibt es für Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Baden-Württemberg und Bayern - diese fünf Bundesländer sind von kleinbäuerlichen Betrieben geprägt, auch wenn in Hessen Großschlachtereien expandieren. Am Beispiel von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zeigt sich den Autoren des Fleischatlas zufolge, dass die Politik mit der Förderung von schonender konventioneller und ökologischer Landwirtschaft einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann. Ganz nebenbei profitieren die Länder davon, dass die Kleinbetriebe im Verhältnis mehr Arbeitsplätze bringen, als die Megaställe beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern.


Zusammenfassung: Laut Fleischatlas 2016 sinkt die Zahl der tierhaltenden Betriebe in Deutschland seit vielen Jahren immer weiter. Stattdessen werden immer mehr Großställe beantragt, vor allem für Schweine- und Hühnchenzucht. Vor allem Niedersachsen leidet unter der Intensivtierhaltung, aber auch in anderen Bundesländern wachsen die Probleme.

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