Folge der Coronakrise Beschwerderekord bei Airlines und Bahn

14.647 Beschwerden sind im ersten Halbjahr bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr eingegangen - ein Rekordwert. Vor allem geht es um annullierte Flüge in der Coronakrise und verfallene Bahntickets.
Die meisten Beschwerden gab es wegen annullierter Flüge

Die meisten Beschwerden gab es wegen annullierter Flüge

Foto: BIANCA DE MARCHI/EPA-EFE/Shutterstock

Noch nie sind so viele Kundenbeschwerden über Bahnfahrten und Flüge eingegangen wie im ersten Halbjahr 2020. Das zeigt die Bilanz der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP). Die Zahl stieg demnach um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert - auf den Rekordwert von 14.647. Das liegt vor allem an der Coronakrise.

In vier von fünf Fällen geht es um Flüge. Kunden wollten ihr Geld zurück, weil ihr Flug aufgrund der Corona-Pandemie annulliert wurde. "Sehr viele Reisende haben sich an die Airline gewandt und nichts oder erst nach Wochen etwas gehört", sagte der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle, Heinz Klewe. "Wenn wir dann das Schlichtungsverfahren gestartet haben, war meist schnell alles paletti."

Eigentlich müssen Fluggesellschaften das Geld für ausgefallene Flüge innerhalb von sieben Tagen erstatten. Weil der Flugverkehr in der Coronakrise jedoch nahezu komplett zusammenbrach, gerieten viele Airlines in Geldnot. Da Mitarbeiter in Kurzarbeit waren, gelang es den Fluggesellschaften oft nicht, Beschwerden rechtzeitig zu bearbeiten.

Ein weiterer Auslöser für Beschwerden: Manche Airlines versuchten, die Passagiere mit Gutscheinen zu entschädigen. Die EU-Kommission stellte jedoch klar, dass das Geld zu erstatten sei.

Tausende Kunden beschweren sich über die Bahn

Im Gegensatz zu den Flügen blieb der Bahnverkehr größtenteils erhalten. Bahnkunden konnten reisen - viele wollten aber nicht, weil sie sich vor einer Ansteckung fürchteten - oder weil ihre Reisegründe wegen der Seuche wegfielen. 2308 Bahnkunden haben sich von Januar bis Juni an die Schlichtungsstelle gewandt, 61 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2019.

Auch bei den Bahnkunden löste die Entschädigung in Form von Gutscheinen Empörung aus. Wer nach dem 4. Mai gebucht hatte, erhielt einen Gutschein für eine spätere Fahrt. Der Gutschein verfällt allerdings schon am 31. Oktober und die gebuchte Verbindung konnte nicht verändert werden. "Fällt der eigentliche Reisezweck weg, etwa ein Konzertbesuch, hat es für die Kunden auch keinen Sinn, die Reise zu verschieben", sagt Klewe.

Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) ist von der Bundesregierung als Schlichtungsstelle für Bahn, Luftverkehr, Fernbus und Schiff anerkannt. Zum größten Teil geht es um eine Entschädigung bei Verspätungen oder Ausfällen von Flügen und Bahnfahrten. Rund 400 Verkehrsunternehmen beteiligen sich an dem Schlichtungsverfahren, das sie selbst finanzieren. Für Verbraucher ist es kostenlos. 2019 konnte nach Klewes Angaben in rund 90 Prozent der Fälle eine Einigung gefunden werden.

bah/ dpa
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