Neo-Broker beschränken Handel mit GameStop-Aktien »Wir wollen unsere Kunden schützen«

Aktienkauf per Handy: Broker unter Druck
Foto: STRF/STAR MAX/IPx / APDas Versprechen von Trade Republic klingt unmissverständlich: »Jeder soll die Chance haben einfach, verständlich und kostenlos am Kapitalmarkt zu investieren«, schreibt das Berliner Fintech auf seiner Homepage .
Doch wer bei dem Start-up derzeit die gefragten Aktien des amerikanischen Videospielehändlers GameStop kaufen möchte, hat seit Donnerstag das Nachsehen: Angesichts der extremen Nachfrage hat der Broker den Handel mit GameStop und weiteren Werten eingeschränkt. Anleger können die Aktien nicht mehr erwerben, sondern nur noch verkaufen.
Trade-Republic-Gründer Christian Hecker begründet die Handelsbeschränkungen mit einer »extremen Situation am Markt«. Der Aktienkurs habe mit der realwirtschaftlichen Lage der Unternehmen nichts mehr zu tun, stattdessen sei die Kursentwicklung ausschließlich von Spekulation geprägt. »Für diese Art des Anlegens stehen wir nicht«, sagt Hecker.
Hintergrund der Einschränkungen ist der extreme Ansturm von Privatanlegern, die sich bei Neo-Brokern wie Trade Republic oder Robinhood mit GameStop-Aktien eindeckten. Die Plattformen versprechen einfachen Aktienhandel gegen niedrige Gebühren und verzeichneten im vergangenen Jahr in den USA und Europa teils enormen Zulauf.
Doch der jüngste Hype um GameStop wird den Brokern nun suspekt. Angestachelt von Postings auf dem sozialen Netzwerk Reddit trieben Kleinaktionäre den Kurs des amerikanischen Unternehmens auf extreme Höhen. Am Donnerstag war der Kurs der GameStop-Aktien zwischenzeitlich bis auf 480 Dollar gestiegen.
Mit den Käufen machten die Kleinaktionäre Druck auf professionelle Hedgefonds, die mit Leerverkäufen auf fallende Kurse spekuliert hatten. Nach Berechnungen des Datenanbieters Ortex Analytics haben Leerverkäufer mit ihren Positionen bei US-Aktien in diesem Jahr insgesamt Verluste in Höhe von mehr als 70 Milliarden Dollar zu verschmerzen – davon allein rund eine Milliarde bei den GameStop-Papieren.
Die Handelsplattformen reagieren auf den GameStop-Hype nun mit Handelsbeschränkungen. Bei Trade Republic sind neben GameStop auch weitere Papiere betroffen, darunter die Kinokette AMC, der Software- und Handyhersteller BlackBerry und die Mobilfunkfirma Nokia. Die Plattform des Brokers war am Donnerstag unter der enormen Nachfrage der Kunden zeitweise zusammengebrochen.
In einer Mitteilung an seine Kunden spricht der Broker von einer »beispiellosen Situation«. Die Aktien seien Gegenstand heftiger, koordinierter Kursspekulationen geworden. »Wegen der damit verbundenen Risiken [...] nehmen wir bis auf Weiteres keine neuen Aufträge zum Kauf dieser Aktien an«, heißt es in der Mitteilung.
Auf den sozialen Medien reagierten Nutzer auf die Beschränkungen teils mit scharfer Kritik. So schreibt ein Twitter-User: »Öffnet die Trade Republic!«. Andere User warfen der Plattform vor, sich mit dem Kaufverbot auf die Seite der Hedgefonds zu schlagen.
Status bei #TradeRepublic - damit bin ich dort raus.
— 𝙂𝙍𝙊𝙉𝙆𝙃 (@Gronkh) January 28, 2021
Jemand Tipps für eine ordentliche Plattform, die keine Marktmanipulation betreibt und versucht, Privatanleger für Hedges auszubluten? Würde gern mein Portfolio komplett umziehen.$GME #GameStop pic.twitter.com/fwyVRoXFvB
Kritik an den Handelsbeschränkungen weist Trade-Republic-Gründer Hecker zurück: »Wir haben uns nicht auf die Seite der Hedgefonds geschlagen, sondern wollen unsere Kunden schützen.« Durch die hohe Volatilität, also die Schwankung des Aktienkurses, sei kein normaler Handel mehr möglich gewesen.
Trade Republic wolle möglichst vielen Anlegern einfachen Zugang zum Kapitalmarkt verschaffen, so der Firmengründer. »Aber in einer Republik braucht es auch Regeln. Wir müssen unseren Anlegern gegenüber Verantwortung wahrnehmen«.
Nicht nur Trade Republic war in den vergangenen Tagen vom Ansturm der Anleger überrascht worden. In den USA schränkten die Anbieter Robinhood und Interactive Brokers am Donnerstag den Handel mit GameStop und anderen Aktien ein. Zuvor hatten sich in den USA auch Aufseher in die Debatte eingeschaltet.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Leerverkäufer hätten in diesem Jahr mit GameStop-Aktien schon mindestens 70 Milliarden Dollar Verlust gemacht. Die Zahl bezog sich jedoch auf die Verluste mit US-Aktien insgesamt. Wir haben die Stelle geändert.